Per Seilbahn zur Wartburg? Thüringer Plan stößt auf Kritik



800px-wartburg_aus_suedwest.jpgWürde eine Seilbahnanlage das Bild der Welterbestätte Wartburg verschandeln?

An den Plänen des Wartburg-Vereins und des Landes Thüringen, die Vorzeige-Burg mit einer fünf Millionen Euro teuren Seilbahn zu erschließen, gibt es Kritik durch den Internationalen Rat für Denkmalpflege. Das meldet die Mitteldeutsche Zeitung unter Berufung auf den MDR.

Die Denkmalschutz-Experten befürchten danach in einem Gutachten, dass der „wehrhafte Charakter“ der historischen Anlage verloren ginge und der Gesamtzustand der Burg unter den höheren Besucherzahlen leiden würde. Den Welterbe-Status sehen sie allerdings nicht in Gefahr.

Bislang besuchen jedes Jahr rund eine halbe Million Besucher die 900 Jahre alte Anlage. Zurzeit wird angesichts des näherrückenden Reformationsjubiläums 2017 kräftig saniert.

Auslöser für die Seilbahn-Idee ist der Plan, die Burg barrierefrei zugänglich zu machen und so auch Behinderten einen Blick auf Luther-Zimmer & Co. zu ermöglichen.

Der Burghauptmann hat Verständnis für die in dem Gutachten enthaltene Kritik, hofft aber auf einen Kompromiss. Er regte einen Ideenwettbewerb an.

Die Seilbahn soll an der Rückseite der Burg gebaut werden. Dazu müssten nur wenige Bäume gefällt werden. Ein Vorteil sei, dass damit weniger Pendelbusse zur Burg fahren müssten, so der Burghauptmann. Woher das Geld kommen soll, ist übrigens noch nicht klar. Man hofft auf EU-Fördermittel.

Zur Erklärung: Von den Besucher-Parkplätzen bis zur Burg ist es ein etwas beschwerlicher Aufstieg, den aber auch Seniorengruppen innerhalb weniger Minuten schaffen. Man wird für die kleine Strapaze auch reichlich entschädigt.

Geschichte

wartburg1.jpgDie Wartburg trat mit einem Überfall in die Geschichte ein. Die erste Erwähnung findet sie 1080, als die Besatzung eine königliche Heeresabteilung Heinrichs IV. (ja, wieder der Canossa-Kaiser) überfiel.

Burgherr Ludwig der Springer aus dem Haus der Ludowinger war während des Investiturstreits einer der Hauptgegner der Salier und beteiligte sich allzu gern an den Ränken der deutschen Fürsten gegen das Herrscherhaus.

Sein Versuch, sich gegen Heinrich V. aufzulehnen, endete allerdings damit, dass er die Wartburg an den Kaiser herausgeben musste.

Die 220 Meter über Eisenach gelegene Anlage bestand im 11. Jahrhundert vermutlich aus Holzbauten. Bislang hat man davon keine Überreste gefunden.

Ludwigs Nachfahren schwenkten dann, nachdem sie zu Landgrafen von Thüringen erhoben worden waren, doch ins kaiserlich/königliche Lage ein – und expandierten auf Kosten erzbischöflicher Territorien. Landgraf Ludwig II. (Enkel des Springers) ließ 1156 bis 1162 das repräsentative Pallas und Teile der östlichen Ringmauer errichten. Vom damaligen Bergfried ist nichts mehr übrig. Dort steht heute der Hauptturm aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Wenige Jahrzehnte später soll sich in den Mauern der sagenhafte Sängerkrieg abgespielt haben. Darin streiten sechs Minnesänger vor der frommen Landgräfin Elisabeth darum, wer der beste von Ihnen ist (darunter Wolfgang von Eschenbach). In der Wartburg hat Moritz von Schwind das Ganze 1854 mit einem riesigen Fresko im „Sängersaal“.

Der Name der Burg ist eng mit der Heiligen Elisabeth verknüpft. Die ungarische Königstochter, hatte 1221 im Alter von 14 Landgraf Ludwig IV. geheiratet. Sie geriet unter den Einfluss ihres Beichtvaters Konrad von Marburg und viel durch viele Almosen auf. Sie 1225 ließ auch ein Siechenhaus an der Auffahrt zu Wartburg bauen.



Nach dem Tod ihres Mannes vertrieb der Nachfolger sie 1227 von der Wartburg. Nach einer Zeit in einem Schweinestall in Eisenach, 1228 ließ sie in Marburg ein Hospital errichten, wo sie selbst als Pflegerin arbeitete und in ärmlichen Verhältnissen starb.

Nach dem Tod des letzten Ludowinger Heinrich Raspe 1247 fiel die Burg schließlich an die Wettiner. Leute wie Landgraf Albrecht II. (1240-1314), mit dem schönen Beinamen „der Entartete“ nahmen hier Wohnung. Dessen blutige Familienstreitigkeiten hier aufzurollen, würde zu weit führen.

Kurzform: Der Vater bevorzugt den Sohn seiner Liebhaberin, die Mutter flüchtet von der Wartburg und stirbt bald, die legitimen Söhne bekriegen den Vater, einer wird auf der Burg eingekerkert, kann entkommen – und am Ende gibt es sogar so etwas wie eine Versöhnung – und alle sterben in Frieden. Viel los bei den Wettinern. Klingt eher wir Romanstoff.

Nach einem durch Blitzschlag verursachten Brand 1318 lässt Friedrich der Freidige ein beheizbares Gebäude (ja, der technische Fortschritt) in der Kernburg errichten und baut den Südturm an.

Im 15. Jahrhundert war die Burg nur noch Nebenresidenz. Statt auf den teuren Naturstein griff man auf Fachwerk zurück, das der Burg heute einen Gutteil ihres malerischen Aussehens verleiht. Damals entstand u.a. das Torhaus.

Wegen dieses unauffälligen Charakters eignete sich die Anlage auch sehr gut, als Versteck für Junker Jörg alias Martin Luther, der hier 1521/22 in elf Wochen die Bibel ins Deutsche übersetzte.

Erinnert sei auch an die beiden Wartburgfeste deutscher Studenten 1817 und 1848.

Der Wiederaufbau der Burg begann dann 1853 auf Initiative von Großherzog Carl-Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach. Historische Genauigkeit war nicht im Sinne der Zeit. Es gehe darum, die „historisch- und politischfaktische Bedeutung, ihre Bedeutung für die Entfaltung des Geistes und namentlich der Poesie, ihre Bedeutung für die Reformation und ihre katholischreligiöse Bedeutung“ zu untermauern, so der Großherzog .

Als erstes errichtete man wieder einen Bergfried, der praktischerweise der Stadt Eisenach als Wasserturm dient. In den 1950er Jahren leitete die DDR glücklicherweise wichtige Beiträge zum Erhalt der Burg.

Links/Quellen:

Der Wikipedia-Eintrag ist vorbildlich. Eine schöne Übersicht über die Geschichte findet sich auch im Thüringer Naturbrief. Ich habe unlängst mal hier im Blog gezeigt, wie bei Google Earth ein Flug um die Wartburg aussieht.

Bild: Die Wartburg um 1900 (Wikipedia/Library of Congress) / Foto 2: Burgerbe.de