Erstmals seit 1844 haben Archäologen im März 2025 den Steinkasten geöffnet, der den Sarg von Kaiser Otto I. (912-973) enthält. Das eher einfache Behältnis aus dem 10. Jahrhundert bildet das Zentrum des majestätischen Magdeburger Doms. Nun soll der Holzsarg geöffnet werden.
Während der archäologischen Arbeiten ist der Bereich voraussichtlich bis Ende 2025 eingehaust, um Kontaminationen zu verhindern. Die Arbeiten sind extrem diffizil. Die Auswertung der Funde dürfte Jahre dauern, verspricht aber enorm spannend zu werden. (Foto: Wikipedia / Chris73 / CC_BY-SA 3.0)
Unter der 300 Kilogramm schweren antiken Marmorplatte, die nur auf dünnen Kalksteinwänden ruht, kamen der stark beschädigte Holzsarg, ein Holzbrett und eine Steinplatte zum Vorschein. Zwischen dem recht schlichten Sarg und der Innenwand des Sarkophags bedeckt ein Wust aus Textilresten den Boden. Die Datierung der Funde mit der C14-Methode hat bereits begonnen.
Das Grab soll nun saniert werden. Das berichtet das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in einer Pressemitteilung. Möglicherweise erhaltene Gebeine Kaiser Ottos I. sollen während der Sanierung in Magdeburg bleiben und nicht etwa ins bedeutende Landesmuseum nach Halle wandern.
Kaiser Ottos Skelett erhalten?
Im Inneren des Sarges sollten die Archäologen auf das vollständige Skelett eines kräftigen Mannes stoßen. Das geht zumindest aus dem Bericht der Graböffnung von 1844 hervor.
Damals wurden von den Überresten lediglich detaillierte Zeichnungen angefertigt, unter anderem vom mutmaßlich kaiserlichen Schädel. Die Fotografie war leider noch nicht so weit.
Ottos einbalsamiertes Herz wird man hier nicht finden. Es wurde auf Wunsch des Kaisers in der Pfalz Memleben bestattet, wo er bei der Osterprozession 973 verstorben war.
Otto I.: Wichtig für Magdeburg
Otto I. ist zwar nicht der Gründer Magdeburgs, aber er machte den Flecken mit dem Mauritiuskloster an der Elbe groß und zu einer Art Missionierungszentrale für die Bekehrung der Slawen östlich der Elbe. 955 ordnete er an der Stelle einer bestehenden Kirche den Bau einer Kathedrale an, den Vorgängerbau des heutigen Doms.
968 erhob der Kaiser das Kloster mit päpstlicher Genehmigung zum Erzbistum. 973, wenige Wochen vor seinem Tod, zog Otto I. in die bis dahin fertiggestellten Kirchengebäude ein.
Wie interessant Funde aus den Gräbern des Magdeburger Doms sind – und wie öffentlichkeitswirksam sie präsentiert werden können – zeigt das Museum Ottonianum am Domplatz, direkt gegenüber der Kirche.
Für das Museum in einer ehemaligen Reichsbank-Dependance schließt sich mit der Graböffnung sozusagen ein Kreis. Denn ein Schwerpunkt sind hier die Funde aus dem 2008 überraschend entdeckten Grab von Königin Editha / Edgitha von Wessex (910-946), der ersten Gattin von Otto I..
Das Scheingrab war doch echt
Bei der Grabung 2008 an Edithas prächtigem Grabmonument von 1510 hatten Forscher eigentlich keine bedeutenden Funde erwartet, da man es für ein Scheingrab aus der Renaissance hielt. Doch dann tauchte darunter tief im Boden eine Bleikiste mit Knochen, Textilresten und eingestanzter Inschrift auf, die auf Kaiserin Editha verwies.
In der Kiste lagen Knochen, hochwertige Textilreste, Holz- und Eisenfragmente, Mörtel – und auffallend viele Käferreste. Im Ottonianum wird heute gezeigt, wie sich anhand der winzigen Käfer die Geschichte der Aufbahrungen und Umbettungen der sterblichen Überreste der Kaiserin rekonstruieren lässt. Und auch die edlen Textilien unter schonend gedimmtem Licht haben einiges zu erzählen.
Die Knochen der Kaiserin ruhen heute wieder im Dom, in einer Kiste aus Titan. Die Bleikiste steht im Ottonianum. Vielleicht kommen ja eines Tages Funde aus dem Otto-Grab hinzu (das übrigens noch aus der Vorgängerkirche stammt, also älter ist als der heutige Dom).
Goldener Löwenkopf aus der Bischofsgruft
Darüberhinaus hat das Museum noch einen Schwerpunkt bei den Funden aus den Bischofsgräbern im Dom. Die Ausgräber stießen auf zum Teil unberührte Gräber. Und sie hatten bei den durch Umbettungen bereits ausgeräumten Grüften auch noch Finderglück.
So fand sich ein zwei Zentimeter langes, goldenes Löwenköpfchen, das wahrscheinlich einst einen Bischofsstab geziert hat. Heute ist das mit feiner Mähne ausgearbeitete Werk eine Art inoffizielles Maskottchen des Museums.
Weiterlesen
Hier geht es zur Pressemitteilung des Landesamts von Ende März 2025:
„Aktuelle Einblicke in Dokumentation und Untersuchungen am Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom“ (Link zum Artikel)
Informativ berichtet der MDR im März 2025: „Bergung der Gebeine – Heikle Operation: Grab von Otto I. im Magdeburger Dom wird saniert“ (Link zum Artikel)
Nicole Mai schrieb 2010 in Spektrum der Wissenschaft über den Fund des goldenen Löwenköpfchens (Link zum Artikel)
Während von Kaiser Otto „dem Großen“ wahrscheinlich noch Reste des Skeletts vorhanden sind, ist von den (im Rahmen der Bestattung in der Regel verbrannten) Überresten der römischen Kaiser heute nichts mehr zu finden. Mehr dazu bei einem Besuch am Grab von Kaiser Hadrian, der heutigen Engelsburg in Rom.
Das Dommuseum Ottonianum (das Erwachsenen-Ticket kostet 7,50 Euro) hat auch eine Website.


