Wer im Mittelalter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden (und dauerhaft bleiben) wollte, brauchte die Reichskleinodien: Reichsapfel, Reichsschwert und die „heilige Lanze“.
Ab 1220 – Vor 800 Jahren – lagen die Symbole der Herrschaft über das Reich sicher verwahrt auf der Waldburg nahe Ravensburg. Und das gut 23 Jahre lang.
Die Burg 15 Kilmeter nördlich des Bodensees war damit eine der wichtigsten Festungen des Reiches. Ab Ostern 2020 wird das auf dem heutigen Schloss Waldburg mit der Sonderausstellung „800 Jahre Kronschatz auf der Waldburg“ gefeiert.
Die Waldburg entstand im 12. Jahrhundert. Die Waldburger galten als treue Parteigänger der Staufer. Burgherr Eberhard von Tanne Waldburg (1170–1234) entwickelte sich zu einem der einflussreichsten Männer des Reiches.
Nah dran am jungen König
Der Stammvater des Hauses Waldburg war ganz nah dran am künftigen Kaiser Friedrich II. Er diente ihm als Reichstruchsess – ein hohes Hofamt und eine Vertrauensstellung.
Im Januar 1220 tafelten Eberhard (damals 50) und der gerade 26-jährige König Friedrich gemeinsam auf der Waldburg.
Der König, ein gebürtiger Sizilianer, steckte voller Tatendrang und schaute nach Süden. An klaren Tagen kann man von der Burg aus bis zur Zugspitze sehen.
Im Mai, als die Alpenpässe endlich schneefrei waren, zog der König los Richtung Rom. Eberhard ritt mit bis Bologna. Die Reichskleinodien, die immer mal wieder auf der Burg Trifels eingelagert wurden, hatte der Zug mit dabei.
In Norditalien wurde dem Monarchen klar, dass er die Insignien seiner Macht besser nicht an den unruhigen italienischen Städten vorbeitragen sollte.
Eberhard wurde unter dem Schutz einer Wache aus Sarazenen mit dem Kronschatz über die Alpen zurückgeschickt. Nach zwei Wochen konnte er Reichsapfel, Reichsschwert und „heilige Lanze“ sicher in der Kapelle der Waldburg ablegen.
In der Rüstung über die Alpen
Der Alpenübergang mit reichlich Rittern ist übrigens Thema eines Films zur 800-Jahr-Feier der Waldburg. Höhepunkt ist der Einzug der Ritter auf der Waldburg.
Gedreht wurde mit 150 mittelalterlich gewandeten Komparsen. Ganz schön viel Trubel. Hier mal ein kurzes „Making of“:
Der kaiserliche Zug kam schließlich auch durch. Im November des Jahres 1220 krönte der Papst Friedrich II. in Rom zum Kaiser.
Friedrich setzte Eberhard (und seinen Neffen Schenk Konrad von Winterstetten) von 1220 bis 1225 als Vormund für seinen 1211 geborenen Sohn Heinrich ein, der König von Deutschland werden sollte.
Eine Geschichte mit tragischem Ausgang, da sich Heinrich später gegen seinen Vater stellte und 1242 in Gefangenschaft bei einem Sturz vom Pferd starb.
Zwischen 1220 und ca. 1243 lagerten die Herrscherinsignien sicher in der Kapelle. Später fanden die wertvollen Stücke dann ihren Platz an wechselnden Orten und schließlich in Nürnberg. Seit dem 19. Jahrhundert liegen sie in der Schatzkammer der Wiener Hofburg.
Auf Schloss Waldburg befinden sich heute Repliken der Reichskleinodien.
Reichsweite Berühmtheit erlangte die Waldburger Herrscherfamilie später noch einmal. Und zwar durch die selbst für das 16. Jahrhundert außerordentlichen Grausamkeit des Schlossherrn Georg III. Truchseß von Waldburg-Zeil (1488–1531), genannt der Bauernjörg.
Dieser kämpfte mit List, Tücke und Landsknechten gegen aufständische Bauern, die er reihenweise foltern, verstümmeln und hinrichten ließ. Den Bauernführer Jäcklein Rohrbach ließ der Herr der Waldburg lebendig verbrennen.
Waldburg wurde zum Schloss
Der brutale Haudegen mit guten Beziehungen zu Kaiser Karl V. holte den Titel Reichserbtruchsess in die Familie. Sein Sohn Georg IV. war weniger kriegerisch. Er baute die trutzige Burg um das Jahr 1550 zu einem deutlich bequemeren Wohnschloss aus.
Ab dem 17. Jahrhundert wohnte die Familie von Waldburg nur noch sporadisch in der Burg und verzichtete auf größere Umbauten (man bevorzugte das 1578 fertiggestellte Schloss Wolfegg).
Im Dreißigjährigen Krieg plünderten schwedische Truppen die Waldburg im Jahr 1632.
Die 1803 in den Fürstenstand erhobene Familie Waldburg ließ ihren Besitz danach glücklicherweise nicht verfallen, sondern steckte immer wieder Geld in Reparaturen.
Bis 1806 herrschten die Truchsesse von Waldburg in ihrem Gebiet als reichsunmittelbare Fürsten.
Sie waren also nur dem Kaiser verantwortlich. Dann mussten sie ihre weltliche Macht abgeben.
Das Schloss konnte die Familie Waldburg-Wolfegg-Waldsee bis heute halten.
Das Museum, das 2017/18 wegen Problemen mit dem Brandschutz hatte geschlossen bleiben müssen, konnte 2019 wieder öffnen.
Ab Ostern 2020 beschäftigt sich nun eine Sonderausstellung mit der Geschichte der Reichskleinodien. Und es wird erläutert, wie und warum sie für mehr als zwei Jahrzehnte nach Oberschwaben kamen (leider kam die Pandemie dazwischen).
Förderverein gegründet
Als privat geführtes Museum bekommt die Waldburg übrigens keine öffentlichen Fördermittel. Die Finanzierung erfolgt durch Veranstaltungen und durch Museumsführungen gegen Eintritt. 2019 wurde ein Förderverein gegründet.
In der Staufersuite auf der Burg kann man auch übernachten.
Blick von Schloss Waldburg:
Schloss Waldburg und das Museum besuchen
Die Waldburg ist ganzjährig für Gruppenführungen geöffnet. Eine Termin für Gruppenführungen spricht man zuvor bitte ab unter info@schlosswaldburg.de.
Vom Ostersonntag bis 3. Oktober ist die Burg an Sonn- und Feiertagen für Museumsbesucher geöffnet. Burgführungen werden von 11 bis 19 Uhr angeboten.
Die Burg kann nur im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Weitere Infos hier.
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Mehr zu Ausstellungen auf der Waldburg steht auf der Website von Schloss Waldburg
Adresse:
Schloss Waldburg
Schloss 1
88289 Waldburg
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Flavius.
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