Neues Palais Potsdam: Die Kaiserdämmerung Wilhelms II.



Uniformen aus dem Besitz Kaiser Wilhelms II.: Feldbluse zur feldgrauen Friedensuniform M 1915 des 1. Garde-Regiments zu Fuß, 1919; Parade-Uniform des Leib-Garde-Husaren-Regiments, 1932. Museum Haus Doorn / Foto: Jörg Kirschstein © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Uniformen aus dem Besitz Kaiser Wilhelms II.: Feldbluse zur feldgrauen Friedensuniform M 1915 des 1. Garde-Regiments zu Fuß, 1919; Parade-Uniform des Leib-Garde-Husaren-Regiments, 1932. Museum Haus Doorn / Foto: Jörg Kirschstein
© Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Foto oben: Wikipedia / The weaver / CC-BY-SA 3.0 (Montage Kaiser Wilhelm von mir)

Am 29. Oktober 1918 hielt Kaiser Wilhelm II. die Fassade ein letztes Mal aufrecht. Im Apollosaal des Neuen Palais in Potsdam aß er mit Kaiserin Auguste und Sohn Prinz Oskar. Natürlich mit edlem Besteck von feinstem Porzellan und ohne jegliche Gedanken an die Rationierung.

Einen gesunden Appetit dürften Majestät nicht gehabt haben: Die Nachrichten von den Fronten waren niederschmetternd, in Wilhelmshaven rüstet die Flotte zur letzten Schlacht, und die Franzosen forderten ein Ende der Monarchie als Voraussetzung für einen Waffenstillstand.

In Kürze würde er Deutschland endgültig verlassen, um zunächst ins belgische Spa zu reisen, zum Großen Hauptquartier der Armee.

Im Neuen Palais kann man sich hundert Jahre nach den Ereignissen in der Ausstellung „Kaiserdämmerung“ in die turbulenten Tage der untergehenden Monarchie und der ausbrechenden Revolution zurückversetzen.




Der Tisch im Apollosaal ist wieder mit dem historischen Porzellan und Besteck gedeckt, so als ob sich Wilhelm II,. Gattin Auguste Viktoria und Filius Oskar gleich wieder zu Tisch setzen würden.

Inszenierung des letzten Essens Wilhelms II. mit Familie im Neuen Palais. Porzellan, Gläser und Besteck: Museum Haus Doorn / Foto: Jörg Kirschstein ©Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Inszenierung des letzten Essens Wilhelms II. mit Kaiserin und Prinz Oskar im Neuen Palais vom 29. Oktober 1918. Porzellan, Gläser und Besteck: Museum Haus Doorn / Foto: Jörg Kirschstein

Das Neue Palais ist als Ausstellungsort mit Bedacht gewählt. Es war neben dem Berliner Schloss der Lieblingswohnsitz des Kaisers. Kaiserin Auguste blieb zu Beginn der Revolution im Palais.

Am Vormittag des 9. November 1918 hatte Reichskanzler Max von Baden die Abdankung Wilhelms II. verkündet, was diesem gar nicht gefiel.

Runter mit der Hohenzollern-Fahne

In den Mittagsstunden dieses Tages wurde die Standarte der Kaiserin von Angehörigen des frisch gegründeten Arbeiter- und Soldatenrats von der Kuppel des Kolonnadenbogens gegenüber dem Neuen Palais eingeholt.

Dieser Akt war das erste sichtbare Zeichen der Zeitenwende auf dem sonst ruhigen Schlossareal am westlichen Rand des Parks Sanssouci.

Die Ausstellung umfasst eine Rundgang von 15 Stationen. Eine Station erläutert die Bedeutung des Privatgartens des Kaiserpaares und ist in der Nähe des Antikentempels platziert.

Transportkisten für die Wertsachen des Kaisers / Foto: © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Transportkisten für die Wertsachen des Kaisers / Foto: © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Briefauszüge, Listen der Einrichtungsgegenstände, die ins holländische Exil geschafft wurden und Fotos sowie Leihgaben aus dem Exilort Huis Doorn sollen Stimmungsbilder vermitteln.

Es war eine dramatische Phase, in denen die Koffer gepackt, über Kunstwerke verhandelt, der Hofstaat versorgt und das Schloss neu organisiert werden mussten.

So kehren beispielsweise aus Huis Doorn einige Uniformen Wilhelms II. zurück. Der Monarch zog sich ja gern mehrfach am Tag eine andere Prachtuniform an. Ein aus den Niederlanden leihweise zurückgekehrter Uniformrock kann an den erhaltenen, original beschrifteten Garderobenhaken gehängt werden.

Auch der neubarocke Schreibtisch des Monarchen wird 100 Jahre nach seinem Abtransport aus dem Neuen Palais wieder im ehemaligen Arbeitszimmer des Kaisers aufgestellt. Der große „Juwelenschrank“ der Kaiserin, Möbelstücke und ein Gemäldezyklus beleuchten die Aspekte der Vermögensauseinandersetzung zwischen Kaiser und Weimarer Republik.



Philip de László, Kaiser Wilhelm II., im Hintergrund die Communs, 1911 (durch Schnittverletzungen 1918 beschädigt) Foto: Wolfgang Pfauder © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Philip de László, Kaiser Wilhelm II., im Hintergrund die Communs, 1911 (durch Schnittverletzungen 1918 beschädigt)
Foto: Wolfgang Pfauder
© Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Kaiserliches Porzellan, Brotmarken des „Steckrübenwinters“ für die hungernde Bevölkerung, ein von Revolutionären beschädigtes Porträt Kaiser Wilhelms II. zeugen von den dramatischen Umbrüchen dieser Zeit.

Erstmals wird auch die verborgene Lebenswelt der Dienerschaft vorgestellt. Zu diesem Bereich gehört der Anrichteraum, in dem die Speisen und Getränke für die kaiserliche Tafel vorbereitet wurden. Wilhelm II. ließ in die friderizianische Wandtäfelung mehrere Schränke einbauen.

Einer dieser Schränke wird mit Porzellanen der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) bestückt. Schließlich wird auch erzählt, was mit der Hofdienerschaft geschah, deren Mitglieder durch den politischen Umbruch ihre Arbeit verloren hatten.

Ein besonderer Magnet der Ausstellung sind Umschläge mit ca. tausend Briefen, die die Kaiserin als junge Frau vorwiegende an Familienangehörige geschrieben hat, und die gerade erst hinter einem Wandtresor im Ankleidezimmer der Kaiserin von der Schlösserstiftung wiedergefunden worden sind. Sie sind zum großen Teil seit 130 Jahren versiegelt.

Bei der Herausgabe der Einrichtungsgegenstände aus den preußischen Schlössern an den geflüchteten Ex-Kaiser hatte sich die neue preußische Staatsregierung großzügig gezeigt. 1919 und 1920 gingen sechs Transporte mit Kunst- und Haushaltsgegenständen aus dem Berliner Schloss, dem Schloss Bellevue und dem Neuen Palais in die Niederlande.

Die Transporte bestanden aus 36 Möbelwagen, die auf 33 Eisenbahnwaggons verladen wurden. Hinzu kamen 30 Waggons mit Kunstwerken wie Gemälden, Porzellan und Silber. Eine zweite und noch viel umfangreichere Welle des Verlustes an Inventar hatte das Neue Palais im Oktober 1925 zu verzeichnen.

Das Berliner Stadtschloss in einer Fotografie um 1900 / Foto: Public Domain
Das Berliner Stadtschloss in einer Fotografie um 1900 / Foto: Public Domain

Der Vertrag zwischen dem Preußischen Staat und dem früheren Königshaus legte fest, dass dem Haus Hohenzollern alle von Wilhelm II. erworbenen Gegenstände, alle Objekte von familiengeschichtlichem Wert, sowie persönliche Gebrauchsgegenstände überlassen werden.

Die Anzahl der Gegenstände, die das Neue Palais im Herbst 1925 verließen, übertraf die Zahl der 63 Eisenbahnwaggons aus den Jahren 1919 und 1920 bei weitem.

Von 1918 bis 1927 dauerten die Verhandlungen, in denen die Besitzverhältnisse zwischen dem früheren Königshaus und dem preußischen Staat neu geregelt werden mussten.

Schließlich wurde ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem die Gründung der „Preußischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten“, Vorläufer der heutigen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, zum 1. April 1927 festlegte.

Aus Königsschlössern wurden Museen für jedermann.

Die sehenswerte Dokumentation von Peter Schamoni über Kaiser Wilhelm II. mit dem Titel „Majestät brauche Sonne“ sollte man gesehen haben, hier ein Trailer:



Zum Reinhören:

Der empfehlenswerte Podcast Gutshauspod hat eine Folge dem Neuen Palais gewidmet.

Die Ausstellung „Kaiserdämmerung – Das neue Palais zwischen Monarchie und Republik“ lief bis zum 12. November 2018.

Neues Palais
Am Neuen Palais
14469 Potsdam

Öffnungszeiten: Täglich außer Dienstag.
Bis 31. Oktober: 10 bis 17.30 Uhr, letzter Einlass 17 Uhr
Ab 1. November: 10 bis 17 Uhr, letzter Einlass 16.30 Uhr

Quelle:

Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg: „Kaiserdämmerung