Unbekannte haben sich in der Nacht zu Dienstag auf das Gelände des Merseburger Schlosses geschlichen und dort eine Rabenfigur von 1887 zerstört.
Die Skulptur hat für die Merseburger hohen Symbolwert. Sie verweist auf eine Sage um den legendären Bischof Thilo von Trotha (1443-1514) – den Bauherrn des bis heute erhaltenen Bischofsschlosses.
Die Unbekannten waren auf den steinernen Rabenkäfig geklettert und hatten die Figur aus Buntsandstein heruntergeschlagen, die beim Fallen das Dach des Rabenkäfigs beschädigte.
Beim Aufprall auf den Boden zerbrach die Rabenfigur. Die einzelnen Bruchstücke konnten gesichert werden. Von den Tätern fehlt jede Spur. Der Wachschutz war um 3.30 Uhr durch eine Alarmanlage gerufen worden.
Als die Wächter erschienen, stand eine Tür zum Schloss offen. Ob aus den Räumen etwas gestohlen wurde, ist nicht klar, schreibt die Mitteldeutsche Zeitung.
Die zwei in dem Käfig lebenden Raben haben die nächtliche Aufregung jedenfalls gut überstanden.
Die Rabenfigur verweist auf die Merseburger Rabensage, und die geht so (zitiert nach Wikipedia):
Merseburgs Bischof Thilo von Trotha besaß einen goldenen Siegelring, ein Geschenk des Bischofs von Naumburg.
Eines Morgens ließ er ihn am offenen Fenster liegen und bemerkte nach kurzer Abwesenheit den Verlust des Ringes. In seinem Zorn bezichtigte er seinen langjährigen Diener des Diebstahls. Obwohl der Diener seine Unschuld beteuerte, ließ der Bischof ihn hinrichten
(Was mich ja an seinen Nachfahren General Lothar von Trotha erinnert, der als Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika mit den Hereros ähnlich grausam umsprang).
Noch nach dem Abschlagen des Kopfs sollen die ausgestreckten Arme des Dieners dessen Unschuld beteuert haben.
Bei Bauarbeiten sei der verlorene Ring dann später in einem Rabennest am Dach des Schlosses gefunden worden. Das gab Thilo von Trotha zu denken. Er nahm den Fund als Mahnung, kein Urteil im Jähzorn zu fällen und errichtete zur Erinnerung im Schlosshof einen Vogelbauer.
Dort büßt seitdem ein Kolkrabe für den Diebstahl. Zum steten Andenken habe der Bischof einen Raben mit einem Ring im Schnabel in sein Wappen aufgenommen.
Im Juni 2006 wurde der steinerne, von der Rabenfigur gekrönte Käfig von 1886 um eine Metallvoliere ergänzt. Der Rabe lebt nun mit einem weiblichen Tier in einem fast neun Meter langen und vier Meter breiten Raum.
Weiterlesen:
In der Mitteldeutschen Zeitung berichten Undine Freyberg und Dirk Skrzypczak: „Beschädigung am Schloss: Vandalen zerstören die Rabenfigur am historischen Rabenkäfig“
Die dpa tickert (via „Focus-Online“): „Unbekannte zerstören Skulptur vom Merseburger Raben“