Schloss Reinhardsbrunn: Thüringen beschließt Enteignung



Die Kapelle von Schloss Reinhardsbrunn / Foto: Wikipedia / Michael Sander / CC-BY-SA 3.0
Die Kapelle von Schloss Reinhardsbrunn / Foto: Wikipedia / Michael Sander / CC-BY-SA 3.0 / Foto oben: Burgerbe.de

Die thüringische Landesregierung legt sich mit Russland an. Das Kabinett hat die seit langem diskutierte Enteignung des „Problemschlosses“ Reinhardsbrunn beschlossen. Die verfallende Denkmalimmobilie gehört einem in London lebenden Russen. Eine Reaktion aus Moskau liegt noch nicht vor. Beide Länder haben glücklicherweise keine gemeinsame Grenze.

Die Thüringer Denkmalbehörden werfen dem Eigentümer vor, die historische Schlossanlage seit Jahren verkommen zu lassen. Land und Kreis Gotha sahen sich zu Notsicherungen gezwungen.

Der Eigentümer ist verpflichtet, die dafür anfallenden Kosten zu übernehmen. Von 60.000 aufgewendeten Euro erstattete er allerdings laut Thüringer Allgemeine lediglich 33.000.

Spannend wird der Fall, da auf dem Schloss Grundschulden in Höhe von mehr als neun Millionen Euro lasten. Der Besitzer, vertreten durch eine Hamburger Consultingfirma, soll angeboten haben, das Schloss für einen Euro der öffentlichen Hand zu übereignen – sofern der Steuerzahler für die Millionenschulden gerade steht.



Nachdem die Gespräche vergangene Woche scheiterten, beschloss das Kabinett nun die Enteignung. Dagegen kann der Besitzer natürlich Rechtsmittel einlegen.

Rückendeckung erhält die Landesregierung durch ein in ihrem Auftrag erstelltes Rechtsgutachten des Jenaer Verwaltungsrechtlers Prof. Michael Brenner vom 2. Mai 2014.

Dieser zieht das Fazit, „dass eine denkmalschutzrechtliche Enteignung von Schloss Reinhardsbrunn möglich wäre und keinen rechtlichen Bedenken begegnen würde“. Die Schulden würden mitenteignet. Das Land müsste sie nicht zurückzahlen.

Hintergrund: 1827 hatte Herzog Ernst I. in Friedrichsroda nahe Gotha Schloss Reinhardsbrunn errichten lassen. Die Anlage entstand auf dem Grundstück eines mittelalterlichen Klosters. Nach der Wende hatten zwei Hotelgruppen große Pläne mit dem Denkmal.

Sie kauften das Schloss von der Treuhand, um es in ein Luxushotel zu verwandeln. Die Idee scheiterte. Ein Hotel im Kavaliershaus im Schlosspark schloss im Oktober 2001 seine Pforten.



Auch eine Rückübertragung an die Alteigentümer, das Haus Sachsen Coburg und Gotha (das einstige Herrscherhaus war 1945 durch die Sowjets enteignet worden), kam nicht zustande.

Dann wechselten sich englische, ukrainische und russische Käufer in munterer Folge ab – doch immer wurde das Schloss nur als Spekulationsobjekt gesehen. 2006 erwarb eine thüringische Firma die Anlage für den eher symbolischen Preis von 25.000 Euro – und übernahm Schulden in Höhe von 200.000 Euro. Eine eigenartige Transaktion.

2011 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Geldwäsche in Millionenhöhe bei den diversen Verkäufen, stellte das Verfahren laut Thüringer Allgemeinen allerdings ein, auch weil Russland auf Rechtshilfeersuchen nicht reagierte.

Die momentanen Eigentümer aus Russland haben bei Reinhardsbrunn zwar gern zugegriffen, lassen die Anlage nun aber weiter verfallen. Nun will das Land mit Überlegungen beginnen, wie sich die Immobilie nutzen ließe, bzw. an wen es sie weiterverkaufen könnte.

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Hier geht es zum Artikel der Thüringer Allgemeinen: „Kabinett beschließt Enteignung von Schloss Reinhardsbrunn