Die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben Bilanz ihrer 2015er Grabungen auf der Holsterburg bei Warburg gezogen.
Sie gingen dem Innenleben der Burg ebenso auf den Grund wie ihrem Unterbau, der Landschaft, in die sie eingebettet war und dem Alltagsleben, das sich in den verwinkelten Räumen des achteckigen(!) Bauwerks im Hochmittelalter entfaltete.
Auf Äußerlichkeiten haben die Bewohner Wert gelegt, wenn sie sich mit einem hübsch verzierten Knochenkamm zurecht machten oder mit schönen Glasperlen schmückten.
Solche Kleinodien fanden die LWL-Archäologen in dem Schutt, der von der Burg übrig blieb, nachdem sie noch im Mittelalter dem Erdboden gleich gemacht wurde.
Holsterburg im Zentrum von Konflikten
Denn die Holsterburg lag stets im Zentrum von Konflikten zwischen der Eigentümerfamilie Berkule und der Stadt Warburg. Wohl auch deshalb bauten die Besitzer die Burg an einer wichtigen Wegführung mit einer besonders spektakulären Architektur.
Da die Burg jedoch komplett zerstört wurde, ist es für die Archäologen nicht leicht, ihre Binnenstrukturen zu entschlüsseln.
„Während der aktuellen Ausgrabungen konnten wir neue Erkenntnisse über die innere Aufteilung der Burg und über die Binnenstratigraphie gewinnen“, ist Grabungsleiter Kim Wegener zufrieden.
Das Grabungsteam ist mithilfe neuer Baubefunde jetzt den einzelnen Bauphasen des ungewöhnlichen Bauwerks auf der Spur. Wann welcher Raum umgebaut wurde, die Raumhöhe verändert oder der Eingang verlegt wurde: All das lässt sich im Boden ablesen.
Auch die Ausbruchgrube des Bergfrieds, des Hauptturmes der Burg mit einem Durchmesser von 6,80 Metern, konnte in dieser Grabungssaison erstmals vollständig freigelegt und dokumentiert werden.
„Besonders freuen wir uns über die herausragenden Einzelfunde, die einen wunderbaren Einblick in das Alltagsleben auf der Burg geben“, schildert Dr. Hans-Werner Peine, Leiter des Fachreferates Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen.
Wichtig ist für ihn aber auch die Zusammenarbeit mit den benachbarten Wissenschaften. So analysierten die Geologen die Böden, um mehr Informationen über die Entstehung der Landschaft und deren Aussehen zur Entstehungszeit der Burg zu bekommen.
Wissenschaftler der Fachhochschule Karlsruhe nahmen Proben vom Gemäuer, um mehr über die Festigkeit der Mauern herauszufinden. Zudem untersuchten Archäobotaniker der Uni Köln die Bodenproben nach Hinweisen auf die Flora und Fauna des Hochmittelalters.
Zu sehen waren Teile der Ausgrabungsergebnisse 2015 auch in der Archäologischen Landesausstellung im LVR-Landesmuseum Bonn.
Aus den historischen Quellen ist nur wenig über die Vergangenheit der Holsterburg zu erfahren. Hier wird sie erstmals um 1170 erwähnt.
Nach ihrer Zerstörung im Jahr 1294 geriet die einzige achteckige Burg Westfalens in Vergessenheit.
Neues Kapitel für die Burgenforschung
Deshalb ist die Arbeit der Archäologen wichtig: „Jede archäologische Information ergänzt die Geschichtsschreibung um wertvolle Kapitel – und bereichert auch die Burgenforschung“, sagt Peine: „Denn die Holsterburg ist der nördlichste Vertreter der oktogonalen Burgen in Europa.“
Achteckige Burgen sind ausgesprochen selten. Der einzige achteckige Bergfried einer Burg nördlich der Alpen ist übrigens Teil der Burg Steinsberg bei Sinsheim in Baden.
Quelle:
Dieser Text entspricht weitgehend einer Pressemitteilung des LWL von Dezember 2015: „Burgenforscher ziehen Bilanz der Ausgrabungssaison auf der Holsterburg“
Weiterlesen:
Viktoria Bartsch schrieb im August 2015 in der „Neuen Westfälischen“: „Grabung legt Reste des Bergfrieds frei“
Zur Geschichte der Holsterburg gibt es auch einen Wikipedia-Eintrag.