Vor 280 Jahren wurde vor Schloss Dillingen die Bürgerin Barbara Zielhauser als Hexe erdrosselt.
Der damalige Augsburger Fürstbischof Joseph von Hessen-Darmstadt sah es mit Wonne.
Auch seine Nachfolger sahen keinen Grund, das Verbrechen irgendwie zu thematisieren. Das ging so bis weit in die 1990er Jahre.
Als 1994 ein Gedenkstein an den Justizmord von Schloss Dillingen erinnern sollte, war der Widerstand des Bischöflichen Ordinariats erstmal groß.
Gedenken an die Jesuiten?
Der Historiker der Diözese bedauerte zwar die Hexenverfolgung „außerordentlich“, schlug allerdings vor, doch besser nicht der „Hexe“ zu gedenken.
Man solle sich doch eher auf die tapferen Jesuiten zu konzentrieren, die damals gegen den Verfolgung Stellung bezogen hätten (Quelle).
Als der zu erwartende Proteststurm in den Leserbriefspalten der Lokalpresse ausbrach und bundesweit erscheinende Zeitungen das Thema aufgriffen („Gipfel der Schamlosigkeit“), ruderte das Ordinariat wieder zurück.
Tenor: Was der Historiker da aufs kirchliche Briefpapier geschrieben habe, sei nur seine Privatmeinung… Die Artikel stehen leider nicht online.
Unauffällige Gedenktafel
Seit 1994 ziert nun eine unauffällige Gedenktafel des Rotary-Clubs den Schlosshof, und im Ort wird endlich offen über Grausamkeiten im Zusammenhang mit dem Schloss geredet.
Das liegt allerdings daran, dass es heute Sitz des örtlichen Finanzamts ist.
Das weiße Barockschloss im bayerischen Teil Schwabens ist ein Schmuckstück. Es geht auf eine Fliehburg aus dem 10. Jahrhundert zurück. 1258 fiel die gesamte Gegend an den Bischof von Augsburg.
In den Jahren um 1500 ließen die Fürstbischöfe aus der mittelalterlichen Burg ein gotisches Schloss erbauen, in dem sie gerne ihre Sommerfrische verbrachten.
Der alte Bergfried wurde zwecks Repräsentation flugs um ein paar Etagen aufgestockt.
1537 folgte eine Zäsur: Die selbstbewussten Augsburger warfen ihren Bischof aus der Stadt. Der schwer beleidigte Kirchenmann wich nach Dillingen aus, das zur neuen Residenz wurde – und 1595 erstmal abbrannte.
Dem Geschmack der Zeit folgend, ließen die Bischöfe Christoph von Freyberg und Franz Schenk von Stauffenberg das Schloss von 1680 bis 1740 im üppigen Barockstil umbauen.
Unter anderem entstand dabei aus dem alten Burgtor das von zwei Zwiebeltürmchen gesäumte Brucktörle. Militärisch nutzlos, aber immerhin hübsch anzuschauen.
Hier und da wurde das grobe mittelalterliche Buckelquadermauerwerk in den Bau einbezogen und einfach weiß angestrichen.
Die Fassaden erhielten äußerst prachtvolle, allerdings aufgemalte Fenstereinrahmungen.
Mit der Säkularisation 1802 schluckte Bayern das Fürstbistum Augsburg. Damit war es aus mit der Residenz in Dillingen. Diverse Dienststellen wie das Forstamt und das Amtsgericht zogen ein.
Heute sind nur noch Finanzamt und Gericht im Gebäude.
Das Finanzamt hat netterweise eine ausführliche Übersicht der Schlossgeschichte ins Netz gestellt.