Die größten Gefahren für Burgen in Deutschland sind Feuer, Frostschäden – und Bautrupps. Das war kein Witz: Im thüringischen Waltershausen bei Gotha haben Straßenbauer die letzten oberirdisch erkennbaren Gräben und Wälle der einstigen Burg Hermannstein weggeräumt und das Gelände eingeebnet.
Hinweisschilder auf die Burgreste wurden offenbar wissentlich ignoriert. Gegen die bewusste Zerstörung des geschützten Bodendenkmals im Ortsteil Schnepfental zugunsten eines Forstwegs gibt es nun Proteste in der Bevölkerung.
Verantwortlich für das Abräumen der Relikte aus dem 12. Jahrhundert ist ein privater Waldbesitzer. Die Stadt hat die Arbeiten trotz des bestehenden Denkmalschutzes genehmigt.
Ein klarer Rechtsverstoß der Verwaltung.
Der Bürgermeister redet sich laut Thüringer Landeszeitung (TLZ) damit heraus, dass man sich in der Verwaltung „der Bedeutung des Areals nicht bewusst gewesen sei“. War also lediglich Inkompetenz im Spiel? Oder sollten da jemandem ein Gefallen getan worden sein?
Das Argument des Bürgermeisters wird genüsslich in der örtlichen Presse zerpflückt – mit dem Hinweis auf die jahrzehntelange Bekanntheit der Burgreste.
Als Presse würde ich im Rathaus mal freundlich nachfragen und ein bisschen das Beziehungsgeflecht der Verantwortlichen Herrschaften durchleuchten.
NACH dem Abräumen der Steine und dem Zuschütten der Gräben wurde die Aktion übrigens durch die Stadt gestoppt. Ende Juli wollen Verwaltung und Waldbesitzer miteinander das weitere Vorgehen beraten.
Das ist kein reines Thüringer Problem: In Grevenbroich am Niederrhein wurden unlängst Burgreste aus dem 9. Jahrhundert planiert (die Kommunte hatte „vergessen“, sie zuvor unter Denkmalschutz zu stellen).
Burg Hermannstein (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Burg in Wetzlar), auch Burg Steinfirst genannt, befand sich auf dem Gipfel des Wachkopfs. Es war eine gut hundert Meter lange Befestigungsanlage der Herren von Döllstädt.
Zitat aus dem Wikipedia-Eintrag zur Burg: „Ihre Erbauungszeit, Nutzung und Zerstörung steht unmittelbar im Zusammenhang mit dem thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg (1247 bis 1263). Nach der Überlieferung wurde die Burg bereits 1260 zerstört, als die Burgbesatzung als Raubritter die Wege zum Kloster Reinhardsbrunn blockierten.“
Eine Steinplatte im Schlosspark Reinhardsbrunn soll aus der Burg stammen. Seit mehr als 800 Jahren war die Ruine der Burg also Wind, Wetter und Erosion ausgesetzt.
Das hatte zur Folge, dass nur noch einige Wälle und Gräben des Raubritternests sichtbar waren – bis der Wegebau-Trupp anrückte und sie nivellierte.
Weiterlesen:
Wieland Fischer schreibt in der TLZ: „Burgreste unter Schotter: Protest gegen Zerstörung am Hermannstein“
Heiko Stasjulevics berichtet über die Burggeschichte: „Burg Hermannstein gehörte den Herren von Döllstädt“
Unglaublich, was heute noch an Kulturdenkmälern einfach verschwinden „darf“! Im Grunde passend zum Raubritternest (vielleicht war hier ein direkter Nachfahre des Raubritters im Spiel?)
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