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Daesh-Miliz („IS“) eroberte Welterbestätte Palmyra



Die Säulenallee: Teil der Welterbestätte Palmyra / Fotos: Burgerbe.de
Die Säulenallee: Teil der jetzt von Daesh besetzen Welterbestätte Palmyra / Fotos: Burgerbe.de
Der für Denkmalschützer schlimmste Fall ist eingetreten: Die Terrormiliz Daesh („IS“) hat 2015 die syrische Stadt Tadmor und die Ruinen von Palmyra erobert.

Truppen des Assad-Regmies zogen sich zurück. Die Einwohner wurden evakuiert. „Die Zeit“ kommentiert die Entwicklung mit der Zeile „Als stünde der ,Islamische Staat‘ vor dem Louvre“.

Die Überreste der antiken Oasenstadt in der Wüste südwestlich vor Tadmor sind Welterbestätte der Unesco. Die abziehenden Truppen sollen noch hunderte Statuen mitgenommen haben.

Der erste Angriff der Daesh-Kämofer war von den Regimetruppen noch zurückgeschlagen worden.

Palmyra Stadt vor dem Krieg
Palmyra-Stadt und Burg Quasr Ibn Ma’an vor dem Krieg

Nun stellt sich die Frage: Was werden die Terroristen mit der Welterbestätte anstellen?

Der Welterbe-Status, der eigentlich Schutz vor Kämpfen garantieren sollte, bewirkte bislang bei den Daesh-Fanatiker das Gegenteil: Sie versprechen sich Aufmerksamkeit durch die Zerstörung des aus ihrer Sicht „unislamischen“ Kulturerbes.

Im Museum von Mossul posierten Daesh-Kämpfer stolz beim Zerkleinern von antiken Originalen (und vielen Gipskopien, sie kannten da den Unterschied nicht so genau).

Mit Bulldozern gingen Daesh-Leute gegen die Ruinen der antiken Stadt Hatra vor, in der Ausgrabungsstätte auf dem Gebiet des einstigen Nimrud zündeten sie eine gewaltige Sprengladung und prahlten mit der Zerstörung der archäologischen Stätte (Link zur FAZ).



Der gut erhaltene Balltempel in Palmyra diente zu osmanischer Zeit als Festung
Der gut erhaltene Baaltempel in Palmyra diente zu osmanischer Zeit als Festung

Was werden sie da erst in Palmyra anrichten, nach der Kreuzfahrerburg Krak de Chevaliers die bekannteste Welterbestätte in Syrien?

Erstmal hat es keine bewussten Zerstörung gegeben. Die Ruinenstadt liegt etwas außerhalb des umkämpften Gebiets. Auf Fotos sind lediglich syrische Panzer im Gebiet der archäologischen Zone zu sehen, die sich inzwischen zurückgezogen haben.

Die berühmte, kilometerlange Säulenallee eignete sich auch nicht besonders als Schlachtfeld: Kaum Deckung und drumherum viel Sand, durchzogen von einer einzigen Straße.

Hier mal die Übersicht mit Google Maps:

Baaltempel mit wieder aufgestellter Säulenreihe
Baaltempel mit wieder aufgestellter Säulenreihe
Unmittelbare Gefahr von den Daesh-Dschihadisten droht dem benachbarten Komplex des Baal-Tempels mit seinem Heiligtum aus dem ersten Jahrhundert vor Christi mit 200 Metern Seitenlänge. Hier spielten sich bereits zu Beginn des Bürgerkriegs Kämpfe ab.

Wenn die Islamisten mitbekommen, um was es sich da handelt, ist die Anlage schon aus ideologischer Sicht („Ort der Götzenverehrung“) für sie ein Rotes Tuch.

Die Säulenreihen direkt am Tempel sind von italienischen Wissenschaftlern wieder aufgestellt worden. Das Hauptgebäude hat die Jahrhunderte verhältnismäßig gut überstanden, obwohl (oder weil?) es in osmanischer Zeit schon einmal als Festung umgebaut worden war.

Palmyra: Säulenreihe vor dem Baaltempel
Palmyra: Säulenreihe vor dem Baaltempel
Das könnte sich durch einige Granaten, bzw. gezielte Sprengungen naturgemäß schnell ändern.

In der Umgebung stehen auch einige gut erhaltene Grabtürme aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten.

Der Daesh-Kommandeur von Palmyra teilte inzwischen im Radio-Interview mit, die Terroristen wollten diesmal die antike Stätte schonen, zerstört werden sollten „nur“ die auf dem Areal vorhandenen Statuen.

Die Dschihadisten haben inzwischen ein Video veröffentlicht, das kurz nach dem Einmarsch in Palmyra aufgenommen worden sein soll.

Das Amphitheater von Palmyra: 2015 Ort einer Massenhinrichtung durch den IS.
Das Amphitheater von Palmyra: 2015 Ort einer Massenhinrichtung durch den IS.
Es zeigt laut Spiegel-Online die öffentliche Hinrichtung von etwa 25 gefangenenen syrischen Soldaten durch IS-Kämpfer im Amphitheater von Palmyra. Auch Kinder schauten zu.

Update: Die Terroristen haben eine Löwenskulptur aus dem Tempel der Göttin Allat mit Vorschlaghämmern zerstört. Die Kalksteinstatue aus dem ersten Jahrhundert vor Christur war 1977 bei einer Grabund entdeckt worden und während des Bürgerkriegs durch Sandsäcke geschützt.

Ein Schmuggler hatte sie gestohlen und war in die Fänge des IS geraten. Das meldet Spiegel-Online unter Berufung auf Presseagenturen.

Ein eigenes Palmyra-Video von 2008:

Weiterlesen
Spiegel Online: „Palmyra ist gefallen, IS kontrolliert halb Syrien

Nicolas Flessa in „Die Zeit“: „Palmyra: Als stünde der „Islamische Staat“ vor dem Louvre

Bei der Süddeutschen Zeitung geht Sonja Zekri das Thema analytisch an: „Warum der Islamische Staat sich für Palmyra interessiert

Einen Überblick über den Stand der Zerstörungen bietet der Blog Archaeologik: „Kulturgut in Syrien und Irak (April 2015)

Warum die Terrormiliz „Daesh“ statt „IS“ genannt werden sollte? Zeba Khan erklärt’s im Boston Globe: „Words matter in ‘ISIS’ war, so use ‘Daesh’