Burg Sternberg hatte noch im 20. Jahrhundert eine bewegte Geschichte. 1933, zum Zeitpunkt der NS-Machtergreifung, wurde die Burg in Dörentrup (Kreis Lippe) als Jugendherberge genutzt.
Zwei Jahre später hatte die örtliche SS eine andere Idee: Sie beschloss, als etwas trampelig geltende Gattinnen ihrer höheren Führer hier im korrekten Verhalten auf Empfängen u.ä. auszubilden. Im Volksmund bildete sich dafür das geflügelte Wort von der „Reichsbräuteschule“.
Frauen, die einen SS-Mann heiraten wollten, mussten einen sechswöchigen Kursus in einer derartigen NS-Bildungseinrichtung absolvieren.
Die bekannteste dieser Schulen stand auf der Insel Schwanenwerder bei Berlin.
Die Bräuteschule auf der Burg blieb Episode. Nach dem Kriegsbegin im September 1939 hatte man andere Sorgen.
In der Endphase des Krieges, im Dezember 1944, übernahm Luftwaffenoffizier Peter Harlan das Kommando auf der Burg, die inzwischen als Flugzeugersatzteillager diente.
Im Zivilberuf beschäftigte er sich allerdings lieber mit Blickflöten als mit Bordwaffen, denn er war Instrumentenbauer (und Bruder von Regisseur Veith Harlan („Jud Süß“)).
Harlans Order war, beim Auftauchen der Alliierten bis zur letzten Patrone zu kämpfen und dann mehrere Benzinfässer in der Burg anzuzünden und das Gemäuer so zu zerstören.
Der musisch veranlagte Offizier wartete den Einmarsch im sicheren Lemgo ab und ließ die Burg kampflos in die Hände der Sieger fallen.
Nach dem Krieg pachtete Peter Harlan die Burg. Er begann dort mit dem Bau von Instrumenten und zeigte seine Sammlung alter Instrumente.
Als auf Burg Sternberg Anfang der 1950er Jahre wieder die Jugendherberge öffnete, nutzte Harlan seine Sammlung, um die jungen Besucher mit Instrumenten in Berührung zu bringen.
Seine alten Schätze standen nicht nur in Vitrinen, sondern durften auch von blutigen Laien gespielt werden.
Es entstand eine Musikbegegnungsstätte – ein Werk, dass seine beiden Söhne fortsetzten. Heute noch besteht auf der Burg ein „Klingendes Museum“ (offen ab März samstags und sonntags) mit Harlans Instrumenten. Die Jugendherberge in der Vorburg schloss 1974 ihre Pforten.
Heute weiß der Eigentümer, der Landesverband Lippe, nicht so recht, was er mit der teuer zu unterhaltenden Denkmalimmobilie anfangen soll.
Die Instandhaltung des 700 Jahre alten Gemäuers, bis 1919 Sitz der Fürsten zur Lippe, kostet ihn schließlich bis zu 250.000 Euro pro Jahr.
Aktuell gibt es ein am Wochenende geöffnetes Burgcafé und die Möglichkeit den für Veranstaltungen mit 40 bis 90 Personen geeigneten Rittersaal für 1250 Euro anzumieten.
1996 und 2014 hat der Landesverband Lippe auf einem Symposion reichlich Ideen gesammelt, was mit der Burg passieren könnte. Von den jüngsten Vorschlägen wurde allerdings mangels Bezahlbarkeit keiner in Angriff genommen.
Daher sollen sich jetzt die Vermarktungs-Profis der Lippe Tourismus und Marketing AG Gedanken machen, wie die Lippische Landes-Zeitung meldet. Der Landesverband entlohnt sie dafür mit 15.000 Euro.
Herauskommen soll eine Nutzung, die über Kultur- und Musikveranstaltungen hinausgeht.
Man darf gespannt sein.
Hier geht es zum Artikel von M. Hostert in der Lippischen Landes-Zeitung: „Neues Konzept für Burg Sternberg geplant“
„DerDetmolder“ schreibt dazu: „Weichen für die Zukunft von Burg Sternberg gestellt“ (nicht mehr online verfügbar)
Zu den „Reichsbräuteschulen“ gibt es einen Artikel von Claudia Becker in der „Welt“: „Abschlussprüfung für die perfekte SS-Braut“
Mehr zum Thema „Eherecht im Nationalsozialismus“ im Blog „Rothenburg unterm Hakenkreuz“
Hier ein paar Videobilder des dreitägigen Musikfestivals Burgbeben auf Burg Sternberg via YouTube: