Das mittelalterliche Stift Essen rund um Schloss Borbeck war ein wunderliches Gebilde. Es wurde jahrhundertelang von Frauen beherrscht.
Die Fürstäbtissinnen von Essen hatten das Sagen über rund 120 Quadratkilometer zwischen Emscher und Ruhr. 3000 Bauernhöfe zahlten ihnen Abgaben.
Die Residenz der mächtigen und äußerst wohlhabenden Äbtissinnen mit eigenem Sitz im Reichstag war 500 Jahre lang Schloss Borbeck im heutigen Essen-Borbeck. Seit etwa dem Jahr 1300 regierten die geistlichen Damen von Borbeck aus.
In der Burg, dem Vorgängerbau des heutigen Schlosses, fanden sie in Kriegszeiten Zuflucht. Die Äbtissinnen hatten das Recht, eigene Münzen zu prägen: die Borbecker Gulden und Groschen.
Das passierte ab 1400 auf Burg Borbeck (das Schlossrestaurant im Keller heißt deshalb heute „Zur Münze“).
Durchziehende spanische Truppen verwüsteten die Burg 1590. Der Renaissance-Wiederaufbau ging dann im Dreißigjährigen Krieg
unter. Auf den Grundmauern ließ Fürstäbtissin Anna Salome von Salm-Reifferscheidt um 1650 das heutige barocke Schloss errichten.
Äbtissin lässt Rathaus stürmen
Auf die selbstbewusste Stadt Essen war Salome nicht gut zu sprechen. 1662 mobilisierte sie ihre Borbecker Schützen, ließ das Essener Rathaus stürmen und Bürgermeister und Stadtsekretär im Borbecker Schlossturm gefangensetzen.
Diese Provokation konnte Essens Schutzmacht Brandenburg nicht auf sich sitzenlassen. Eine Woche später tauchten 200 Musketiere mit mehreren Kanonen vor Schloss Borbeck auf – und forderten ultimativ die Freilassung der eingesperrten Amtsträger.
Die beleidigte Fürstäbtissin musste nachgeben. 2015 wurde der Konflikt im August als „Bauernsturm – Buntes Borbecker Spektakel“ im Schlosspark nachgespielt.
Das reiche Damenstift wurde von einigen erstaunlich weitsichtigen Frauen geführt. Als letzte Äbtissin amtierte Maria Kunigunde von Sachsen, Enkelin von August dem Starken, die auf eigene Kosten sogar eine Durchgangsstraße bauen ließ, die ihr reichlich Maut einbrachte.
Die Äbtissin hatte große Pläne für den Total-Umbau von Schloss Borbeck. Sie ließ den Schlosspark zu einem englischen Landschaftsgarten umgestalten.
Doch die Arbeit der Äbtissin wurde abrupt unterbrochen: Sie musste erleben, wie preußische Truppen 1803 das Stiftsgebiet besetzten und der Militärstaat es annektierte.
Klugerweise hatte die Sächsin ihr Geld in den gerade entstehenden Eisenhütten investiert.
Ex-Äbtissin verkauft an Haniel
1805 machte die ehemalige Landesherrin Kasse und verkaufte ihre Anteile für 23.800 Reichstaler an die Brüder Haniel. Die schufen daraus die Gutehoffnungshütte.
Maria starb 1826 in Dresden. Ein Porträt von hier ist erhalten und hängt heute im Schloss.
Die Preußen hatten kein Interesse an Schloss Borbeck und verkauften es gleich weiter. Über den Grafen von der Recke-Volmarstein kam die Anlage 1826 an den Grafen Clemens von Fürstenberg.
Fürstenberg ersetzte die mittelalterliche Vorburg durch klassizistische Wirtschaftsgebäude (die heute als Ausstellungsflächen dienen). 1879 zogen die Fürstenbergs um ins Schloss Hugenpoet. 1941 verkauften sie Schloss Borbeck an die Stadt Essen.
Seit 1983 dient das Wasserschloss als Kultur- und Begegnungsstätte mit Trauzimmer und Räumen für Musik- und Volkshochschule. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat 2013 492.000 Euro für die Sanierung des Schlosses bewilligt.
Im Schloss ist die Dauerausstellung „Schloss Borbeck und die Fürstäbtissinnen“ zu sehen. Außerdem kann man hier gut essen.
Lage/Anfahrt:
Kulturzentrum Schloss Borbeck
Schlossstraße 101
45355 Essen
Und hier noch mehr Bilder vom Schloss via YouTube:
Die Ergänzungen zu den Texten im Museum durch Herrn Lange waren
sehr interessant und lassen uns gerne an den Besuch erinnern.
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