Burgenbau-Boom der Normannen in England



Normannische Zwingburg: Der White Tower in London / Foto: Burgerbe.de
Normannische Zwingburg: Der White Tower in London / Foto: Burgerbe.de

In den Jahren nach der Schlacht von Hastings 1066 standen die normannischen Eroberer Englands um ihren Herzog Wilhelm vor einer gewaltigen Aufgabe.

Wie sollten sie mit circa 5000 Mann die zwei Millionen Angelsachsen dauerhaft beherrschen? Und wie sich gegen Schotten, Waliser und beutehungrige Skandinavier halten?

Dem frisch zum König von England gekrönten Wilhelm war klar, egal wie viele Treueeide die soeben unterworfenen angelsächsischen Adeligen schworen: Er brauchte schnell ein Netz von befestigten Stützpunkten.

500(!) neue Burgen

Daraufhin erlebte England einen regelrechten Burgenbau-Boom. In diesen Jahren entstanden im angelsächsischen Königreich etwa 500 Burgen. Foto oben: Dover Castle: erste Burg, die die Normannen einnahmen / Foto: Wikipedia/Jake Keup/CC-BY-SA 2.0.

Kaum war der Siegesjubel von Hastings verstummte, machten sich Wilhelms Mannen auf zum nahegelegenen Dover Castle. Sie stürmten die offenbar kaum verteidigte Burg und steckten sie in Brand.

Erstmal Burgen aus Holz

Der Round Tower von Windsor Castle steht an der Stelle des normannischen Bergfrieds aus Holz / Foto. Wikipedia / Diliff / CC BY 3.0
Der Round Tower von Windsor Castle steht an der Stelle des normannischen Bergfrieds aus Holz / Foto: Wikipedia / Diliff / CC BY SA 3.0
Anschließend ließ Wilhelm sie wieder instand setzen und verstärken. Seine heutige Form mit dem prägnanten rechteckigen Bergfried erhielt Dover Castle dann unter Wilhelms Enkel Heinrich II.

Zunächst zimmerten die Normannen reihenweise Holzburgen (sogenannte Motten), die dann innerhalb weniger Jahre entweder im englischen Nieselregen zerfielen oder noch rechtzeitig durch Wehranlagen aus Stein ersetzt wurden.

In der Hauptstadt London, umgeben von tausenden Angelsachsen, fühlten sich die aus Nordfrankreich herübergekommenen neuen Herren alles andere als wohl.


Keimzelle des London Tower

Die normannischen Eroberer (auf dem Teppich von Bayeux) / gemeinfrei
Die normannischen Eroberer (auf dem Teppich von Bayeux) / gemeinfrei
1078 ordnete Wilhelm daher an, auf einem Hügel an der Themse den Bau einer 70 × 140 Meter großen Festung aus Holz an.

Reste der noch stehenden römischen Stadtmauer wurden in den Bau integriert. Die Keimzelle des London Tower war entstanden.

Im Kern dieser Holzfestung ließ Wilhelms Sohn Wilhelm II. wenige Jahre später ein imposantes Steingebäude hochziehen, den White Tower.

Der Normannenspross war bereits nicht mehr in der Normandie, sondern im rauen britischen Klima aufgewachsen und sorgte für eine Ausstellung der Säle mit großzügigen Kaminen (heute noch sichtbar).

Im nahen Windsor lief es ähnlich ab: Wilhelm sorgte für die Holzburg, Filius Wilhelm II., kümmerte sich dann um den Bau dauerhafterer Gebäude. Auch das aus „Robin Hood“ bekannte Nottingham Castle stammt aus dieser Zeit.

Neue Burgen auch im Grenzland

Welterbestätte: Der wiederaufgebaute Keep von Durham Castle / Foto: Robin Widdison / gemeinfrei
Welterbestätte: Der wiederaufgebaute Keep von Durham Castle / Foto: Robin Widdison / gemeinfrei
Ein besonderes Augenmerk hatten die Normannen auf die Sicherung der Ränder ihres Herrschaftsbereichs.

Reihenweise entstanden Normannen-Burgen nahe des keltischen Wales und im Norden an der Grenze zum unruhigen Schottland.

In Englands wildem Norden errichtete Waltheof, Earl of Northumberland, in Wilhelms Auftrag eine Burg auf einem Hügel in der Bischofsstadt Durham – genau gegenüber der Kathedrale.

Sie diente zum Schutz des normannischen Bischofs vor seinen Schäfchen und den Schotten.

Carrickfergus Castle / Foto: Wikipedia/Stewart
Carrickfergus Castle in Nordirland / Foto: Wikipedia / Stewart / CC-BY-SA 3.0
Der Keep genannte Bergfried wurde in den 1840er Jahren neogotisch wiederaufgebaut. Er ist heute Teil der Universität Durham und bildet zusammen mit der Kathedrale eine UNESCO-Welterbestätte.

Wilhelms Leute beschränkten sich nicht auf England. Eine der am besten erhaltenen Burgen aus ihrer Zeit steht in Nordirland: Carrickfergus Castle.

Die Burg wurde 1180 durch den normannischen Eroberer John de Courcy begonnen.

Weiterlesen:

Eine Liste mit Links zu 14 heute erhaltenen britischer Burgen mit normannischem Ursprung hat der schweizerische Autor Urs Pape zusammengestellt (leider nicht mehr online). Er hat auch ein „Geschichtsbuch mit Reisetipps“ verfasst, erschienen im Wagner-Verlag. Titel: „Die wahre Geschichte der Wikinger – Normannen – Engländer“ (bezahlter Link zu Amazon).

Phoenix-Doku „Normannen, die Eroberer“, Teil 1:





2 Gedanken zu „Burgenbau-Boom der Normannen in England“

  1. Das ist ja tatsächlich eine sehr interessante Seite. Als Reiseleiter in Irland, beschäftige ich mich sehr oft mit alten Gemäuern. Auf die Idee eine Webseite, die sich ausschließlich, mit Burgen/Schlössern beschäftigt bin ich noch nicht gekommen. Solltest Du über irische Burgen/Schlösser schreiben, dann werde ich meine Artikel (welche diese Burgen/Schlösser) erwähnen mit Deinen Artikeln verlinken. Wir haben z. B. Kilkenny Castle, Bunratty Castle, Cahir Castle, Kylemore Abbey (als Schloss gebaut), Carrigfergus (darüber hast Du bereits geschrieben) und viele mehr. Echt toll. Deine Seite ist eine echte Bereicherung.

Kommentare sind geschlossen.