Burgenstadt Schlitz: Das „hessische Rothenburg“




Ein trutziger Burgturm, an den sich schiefe Fachwerkbauten herandrücken, die so seit Jahrhunderten Wind, Wetter und Feinden die Stirn bieten: Man kennt das aus alten Bildbänden „So schön war Deutschland vor dem Krieg“.

Im malerischen Städtchen Schlitz im hessischen Vogelsbergkreis gibt es so ein Ensemble wirklich. Der Ort ist derart abgelegen, dass es sich bis heute erhalten hat. Auf dem Foto oben: Die Hinterburg mit Hinterturm in Schlitz (Foto: Wikipedia / UuMUfQ / CC-BY-SA 3.0)

Burg Schlitz: Fassade der Hinterburg
Burg Schlitz: Fassade der Hinterburg / Foto: Wikipedia / UuMUfQ / CC-BY-SA 3.0

1356 setzten die Herren von Schlitz, Lehnsleute der Abtei Fulda, hier einen 36 Meter hohen Bergfried in die Landschaft, den Hinterturm. Erreichen konnte man ihn nur durch einen hochklappbaren Steg (heute die sogenannte Seufzerbrücke).

Da der Hesse allgemein als aufsässig bekannt ist, bauten die Herren von der Obrigkeit im Keller gleich Verliese mit ein.

Um die optische Wirkung bemüht, setzten die Grafen von Görtz im 17. Jahrhundert eine barocke Turmhaube oben aufs Dach. Sie wurde 1906 leider durch die heutige Steinhaube ersetzt.

Die gräflichen Beamten lebten in dem an den Turm anschließenden Wohnbau, der Hinterburg. Das heutige dreistöckige Gebäude ist ein Renaissancebau aus den Jahren 1561 bis 1565. Am Ende des Dreißigjährigen Kriegs wurde nochmal umgebaut.

Seit 1950 beherbergt die Hinterburg ein Seniorenstift. Dessen Zukunft ist jedoch angesichts der immer höheren gesetzlichen Anforderungen an so eine Nutzung leider ungewiss (Brandschutz im alten Fachwerkbau, viel Spaß).

Der Träger, die Stiftung Graf Görtzisches Alten- und Pflegeheim, plante mit massiver Unterstützung des Landes für das Jahr 2016 einen sieben Millionen Euro teuren Neubau auf einem Brauereigelände unterhalb der Burg.

Ob das klappt, ist aber noch fraglich.



Im Advent wird der Hinterturm von Burg Schlitz zur "größten Weihnachtskerze der Welt" / Foto: Wikipedia / Doctordee / CC-BY-SA 3.0
Im Advent wird der Hinterturm von Burg Schlitz zur „größten Weihnachtskerze der Welt“ / Foto: Wikipedia / Doctordee / CC-BY-SA 3.0

1991 kamen die Schlitzer Tourismus-Kundigen auf die Idee, den Hinterturm blutrot einzuhüllen, im oberen Abschnitt zu beleuchten und das Ganze als „größte Weihnachtskerze der Welt“ zu vermarkten.

Äh, ja. Sieht in der Farbe zwar etwas makaber aus, etwa wie ein Denkmal für die Bartholomäusnacht. Aber die Stadtoberen halten das tapfer durch.

Im Turm ist übrigens ein Fahrstuhl eingebaut, so dass man bequem hochkommt und den Blick schweifen lassen kann.

Die Schlitzer Vorderburg / Foto: Wikipedia / UuMUfQ / <a href=

Das Städtchen zählt insgesamt fünf Burgen und eine alte Stadtmauer. Größte Burg ist die Vorderburg. Hier hat die Stadt ihren Festsaal.

Im Turm ließ Graf Otto Hartmann von Schlitz 1950 ein Glockenspiel aus 26 Glocken einbauen, das jeweils um 15.05 und 17.05 Uhr internationale Volkslieder spielt, was irgendwie der Völkerverständigung dienen soll.

Angesichts der Menge an Fachwerk-Bauten wird Schlitz auch „hessisches Rothenburg“ genannt.

Hier einige Infos zu den Schlitzer Burgen:

Schlitz: Hinterturm mit Hinterburg bei Google Maps: