Richtig gelesen: zwei Mal „Schloß“ mit scharfem „s“. Die Rechtschreibreform hat hier bei Eigennamen keine Chance.
Um Auswärtige vollends zu verwirren, liegt das gegen die westfälische Schwermut dottergelb gestrichene Wasserschlösschen aber gar nicht direkt im Ortsteil Schloß Holte, geschweige denn im Zentrum von Schloß Holte-Stuckenbrock, sondern etwas außerhalb im Holter Wald.
Macht aber nix, man kann es eh nicht besichtigen (Privatbesitz). Aber man darf gucken und kann um einen Teil des wassergefüllten, breiten Schlossgrabens herumgehen.
Im Schloss steckt reichlich Historie: Erstmal ist es ein Wiederaufbau.
Zerstört im Streit mit dem Nachbar-Grafen
Bis 1556 stand hier eine Haus Holte genannte Burg aus dem 14. Jahrhundert. Die ließ der Graf Bernhard VIII. von Lippe in einem Nachbarschaftskonflikt mit Johann II. von Rietberg (Beiname „der tolle Graf“) zerstören.
In der Inschrift über dem Tor ist ausdrücklich vermerkt, dass er dies zusammen mit seiner Frau Sabina Catharina von Ostfriesland getan hat. Beide waren katholisch, hatten elf Kinder und gelten als Stammeltern des Hauses Ostfriesland.
Sie residierten auf dem Weserrenaissance-Schloss Rietberg und kannten das Holter Schloss nur als Baustelle.
Bald hielten der Dreißigjährige Krieg und ein tragischer Todesfall den Fortgang der Arbeiten auf. Die Gräfin war 1618 bei der Geburt ihres elften Kindes gestorben, der Graf segnete 1625 das Zeitliche.
Das schmucke Schlösschen wurde erst unter der Obhut ihren Kinder, im Jahr 1664 komplett fertig.
Türme mit „welschen Hauben“
Charakteristisch bei dem dreistöckigen Gebäude sind die drei dem Haupthaus vorgesetzten Türme mit ihren sogenannten welschen Hauben.
Der mittlere Turm ist ein achteckiger Treppenturm mit einem Wappenaufsatz an der Fassade. Hinzu kamen noch Wirtschaftsgebäude und eine der Heiligen Ursula geweihte Kapelle.
Das Schloss steht auf einer sechseckigen, von Gräften (künstlichen Wassergräben) umgebenen Insel. Die Gräben werden durch den Oelbach gespeist.
Fürst Aloys verkauft
1822 endete die Zeit der Adeligen auf Schloss Holte: Fürst Aloys von Kaunitz verkaufte seine Rietberger Besitzungen an den Kaufmann Friedrich Ludwig Tenge zu Bankhausen, inklusive des Schlosses und seines einen Hektar großen Parks.
In den Jahren vor der 1848er Revolution kam es auf dem Schloss wiederholt zu Treffen eines fortschrittlichen politischen Freundeskreises, des sogenannten Holter Kreises.
Ihm gehörten neben dem Texter der späteren deutschen Nationalhymne, dem Dichter Hoffmann von Fallersleben, auch der Journalist Rudolf Hermann Kriege, der Industrielle Rudolf Rempel (ein Bekannter von Karl Marx und Friedrich Engels) und der Armenarzt Otto Lüning an.
Die Nachkommen des Kaufmanns, die Familie Tenge-Rietberg, besitzen die Anlage heute noch. Sie beherbergt inzwischen Mietwohnungen. Vor dem Tor klärt eine Tafel über die Schlossgeschichte auf.
Schloss Holte von oben
Und so sieht die ganze Anlage aus der Luft aus: