In einer der einst stärksten Festungen Hessens scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Das frühere Hotel im Schloss Spangenberg südöstlich von Kassel dämmert ungenutzt vor sich hin. Dabei ist es auf dem Weg, zu einer Art Zeitkapsel der 2010er Jahre zu werden.
Sollte das so bleiben würden künftige Forscher, die sich in 100 Jahren mal in die Schlossräume wagen, unter einer dicken Staubschicht aufgeräumte, rustikale Zimmer mit sauber bezogenen Betten finden, mit analogen Schnurtelefonen auf den Nachttischchen – so als ob die Gäste aus der mittleren Merkel-Ära gerade erst abgereist sind.
Das Problem ist, dass sich kein Pächter findet, der glaubt, Schlosshotel- und Gastronomie hier wirtschaftlich betreiben zu können.
Rein rechnerisch ist Spangenberg zwar sogar der Bevölkerungsmittelpunkt der Bundesrepublik (also der Punkt, zu dem alle Bundesbürger durchschnittlich den kürzesten Weg hätten).
Aber Bayern, Sachsen und Norddeutsche denken wohl kaum freiwillig daran, einen altbackenen Beherbergungsbetrieb in der hessischen Provinz zu beehren, der auch nur 24 Zimmer aufweist (zu wenig für ein normales Touri- oder Tagungshotel).
Dabei kann das Schloss eine lange Geschichte vorweisen. Im 14., 15. und frühen 16. Jahrhunderten war Spangenberg mehrfach Mittelpunkt der mächtigen Landgrafschaft Hessen: Immer dann wenn die Landgrafen zur Jagd vorbeikamen oder sogar länger hier residierten.
Die weiter verstärkten Befestigungen erwiesen sich in den Folgejahren als so gut, dass die Schlossburg während des gesamten Dreißigjährigen Krieges in hessischer Hand blieb.
1763 begann die rund 100-jährige Zeit als hessisches Staatsgefängnis. In den 1848er Jahren saßen hier auch Vertreter der von der Obrigkeit gefürchteten Demokraten und Republikaner ein, weil sie auch in Hessen Bürgerrechte einführen wollten.
Die Preußen, nach 1866 die neuen Herren auf dem Schloss, ließen die Anlage langsam zuwachsen. Erst 1907 begannen mit dem Einzug einer Forstschule umfangreiche Renovierungsarbeiten. 1913 schaute sich der mittelalterbegeisterte Wilhelm II. das Ergebnis an.
Im Zweiten Weltkrieg saßen hier gefangene englische Offiziere ein. Das rettete die Gebäude allerdings nicht vor dem Bombardement durch die US-Luftwaffe Ende März 1945. Danach blieben nur die Grundmauern übrig.
Das Land plant nun, die Schloss-Gastronomie bis 2015 für zwei Millionen Euro wieder flott zu machen und neu zu vergeben. Das Hotel dürfte allerdings noch länger in seinem Dornröschenschlaf verharren: Um den Betrieb wiederzueröffnen, wären zuvor nach Schätzung des Landes Sanierungsarbeiten von sechs Millionen Euro nötig.
Dazu schreibt Claudia Brandau in der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen: „Hotel im Schloss Spangenberg steht leer – Es fehlt Geld und Konzept“
Ein Video der HNA zum Leerstand auf Schloss Spangenberg: