Schlossherren der Renaissance und des Barock waren oft auch Gartenfreunde. Schließlich bringt großzügiger, symetrischer Schmuck aus Blumen, Wegen und Wasserläufen so ein prächtig-verspieltes Gebäude erst richtig zur Geltung.
Und wenn es gerade keine dringenden Regierungsgeschäfte zu erledigen gibt, kann man mit der Liebsten nach Herzenslust lustwandeln. Heute sind gelegentlich Archäologen solchen Gärten auf der Spur…
So ist das jetzt auch bei einer Grabung auf dem Gelände von Schloss Kannawurf in Thüringen, dessen Renaissance-Garten bis 2016 wieder erstehen soll. Dazu muss man aber erstmal wissen, wie er überhaupt ausgesehen hat. (Foto: Wikipedia / Michael Sander / CC BY 3.0 DE)
Die Vorgeschichte:
Zwischen 1563 und 1565 hatte der kursächsische Rat Georg II. Vitzthum von Eckstedt an Stelle einer alten Wasserburg einen respektablen Renaissancebau errichten lassen. Mitsamt einem Glockenturm, Innenhof mit hölzerner Galerie (bis heute erhalten!), Verlies, imposanten Kellergewölben und natürlich mit einem würdigen Garten.
Daneben fanden sie verschiedenfarbige Kiesel. An 30 Stellen tauchten diese Reste des alten Wegenetzes auf.
Nun beginnt die Puzzlearbeit, aus Fundstellen und einer Karte von 1839 soll der Lageplan des 6600 Quadratmeter großen Renaissancegartens entstehen, damit er wieder so angelegt werden kann, wie zu Vitzthums Zeiten.
Die Detektivarbeit ist nötig, denn von der Gartenpracht des 16. Jahrhunderts blieb rein gar nichts übrig. Nach 1914 wurde das Rittergut Staatsdomäne, zu DDR-Zeiten „volkseigenes Gut“: Kaiser und SED kam es beiden nicht auf Schönheit, sondern auf Ertrag an.
Der Garten musste Ställen und Wirtschaftsgebäuden weichen. Im Zweiten Weltkrieg schufteten hier Zwangsarbeiterinnen aus Polen und der Ukraine.
Die DDR kümmerte sich einen feuchten Dreck um die historische Bausubstanz (alte Adelssitze galten per se als historisch belastet und wurden reihenweise abgerissen). Das Schloss verfiel, in den 1980er Jahren stürzte sogar der Nordflügel ein.
Nach der Wende verhindeten Notsicherungen ein weiteres Fortschreiten der Schäden. Schrittweise begann die Sanierung mit Hilfe von Bundes- und Landesmitteln.
Seit 2008 veranstaltet der Verein Künstlerhaus Thüringen im Schlosshof Lesungen, Konzerte und Theaterstücke. Das Schloss gehört seit 2007 dem Verein Denkmalpflegezentrum.
Die Wiederherstellung des verschwundenen Gartens ist übrigens eine Ausgleichsmaßnahme fürden Bau einer 380-kV-Stromtrasse durch den Thüringer Wald. Sie wird von der Firma „50-Hertz Transmission“ mit rund einer Million Euro gefördert.
Ein paar Youtube-Bilder von Schloss Kannawurf:
Weiterlesen:
Hier geht’s zum Artikel von Katrin Müller in der Thüringer Allgemeinen: „Schöne Befunde bei Ausgrabungen am Schloss Kannawurf“
Der hier zunächst verlinkte Artikel mit mehr Informationen zur Rettung und Nutzung des Schlosses: „Schloss Kannawurf – Ein Schloss als Künstlerhaus“ auf der Website Schloss-Kannawurf.com ist offline.
Die Seite gibt es leider nicht mehr.
Die Lage von Schloss Kannawurf bei Google Maps: