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Räumen Adels-Nachfahren Schloss Burgk aus?



Schloss Burgk an der Saale / Foto: Wikipedia / Geisler Martin / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0
Schloss Burgk an der Saale / Foto: Wikipedia / Geisler Martin Lizenz: CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0

In diversen mitteldeutschen Burgmuseen setzt das Zittern ein: Werden Nachfahren der von den Sowjets zwischen 1945 und 1949 vertriebenen Schlossbesitzer jetzt Lkw-Ladungsweise die mittelalterlichen Möbel, Silberbestecke und das Folterkammer-Equipment zurückfordern, um damit den Antiquitätenmarkt zu fluten?

Eine leider gar nicht so abwegige Vermutung. Denn das Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 spricht den Erben der enteigneten Burg- und Schlossherrn zwar keinen Grundbesitz, aber die beweglichen Teile des alten Familienbesitzes zu.

Ein konkretes Beispiel läuft gerade im thüringischen Schloss Burgk ab. Und es dürfte Schule machen.

Das Torhaus von Schloss Burgk / Foto: Wikipedia / Thomas Kees(powerbiker1) / CC-BY-SA-3.0-DE
Das Torhaus von Schloss Burgk / Foto: Wikipedia / Thomas Kees(powerbiker1) / CC-BY-SA-3.0-DE

Nach Angaben der Ostthüringer Zeitung hat eine Erbengemeinschaft aus etwa zehn Personen beim Landesamt für offene Vermögensfragen Ansprüche auf „eine vierstellige Zahl von Gegenständen, Möbel, Öfen, Bücher, Skulpturen, Gemälde und Rüstungen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert mit einem geschätzten Gesamtwert von fünf bis sechs Millionen Euro“ angemeldet.

Ein Teil der Ansprüche sei bereits bewilligt worden. Das Schloss war von 1768 bis zur Enteignung 1945 Wohnsitz des Fürstenhauses Reuß Ältere Linie (Greiz).

Der Saale-Orla-Kreis hofft nun, dass die Erben Kernstücke des Inventars als Dauerleihgabe im Schloss lassen.


Schloss Burgk: Wehranlage mit Rotem Turm / Foto: Zacke82 / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0
Schloss Burgk: Wehranlage mit Rotem Turm / Foto: Zacke82 / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0 / Foto oben: Zacke82 / CC-BY-SA 3.0

Man wolle den Erben auch den Kauf von Stücken anbieten, allerdings könne der Landkreis keinen Millionenbetrag zahlen. Landrat Thomas Fügmann (CDU) spricht gegenüber der Zeitung von einer „Katastrophen, wenn tatsächlich die Hälfte des Inventars von Schloss Burgk an die Erben herausgegeben werden müsste“.

Museumsleiterin Sabine Schemmrich sagt: „Wenn das Inventar zerrissen wird, dann wird auch ein Stück des Herzens von Schloss Burgk genommen.“

Ein MDR-Beitrag ließ den Eindruck entstehen, der Landkreis habe die Situation durch langes Warten mit verursacht – in anderen thüringischen Städten seien schließlich alle Bestände inzwischen gesichert.

Es ist zu hoffen, dass die Erben zumindest die 1739 bei Abbrucharbeiten entdeckte Hundemumie im Schloss lassen.

Beim Ausverkauf von Kulturgut aus Schlössern haben diverse Bundesländer schon leidvolle Erfahrungen mit den adeligen Erben gemacht: Weil die Welfen 2005 mal wieder dringend Geld brauchten, ließ zum Beispiel Ernst-August von Hannover einen Großteil der auf Schloss Marienburg bei Hannover lagernden Welfen-Schätze bei Sotheby’s versteigern.

Der Ausverkauf des niedersächsischen Kulturerbes brachte 44 Millionen Euro, die zum Teil in eine Stiftung zum Erhalt des Schlosses flossen.

Die Hundemumie von Schloss Burgk / Foto: Wikipedia / Geisler Martin / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0
Die Hundemumie von Schloss Burgk / Foto: Wikipedia / Geisler Martin / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0

Waldemar R. Röhrbein, ehemaliger Direktor des Historischen Museums Hannover schrieb:
“Es wurde verantwortungslos alles, was gute Einnahmen versprach, angeboten, ohne dass vorher detailliertere Überlegungen zur Ausgestaltung der Schlossräume angestellt oder notwendige Kontakte mit Kennern der welfischen Haus- und der hannoverschen Landesgeschichte aufgenommen worden wären. (…)

Alles in allem hat auf der Marienburg ein Ausverkauf der Welfen- wie der Landesgeschichte stattgefunden, den man als Landeshistoriker bedauerlich bis skandalös nennen kann.” (zitiert nach Wikipedia)

Hintergrund: Die Roten Armee hatte klare Feinbilder: Nazis und Junker, andere kapitalische Ausbeuter. Adelige Schlosseigentümer fielen in den Augen der Befreier in mindestens zwei dieser Kategorien und wurden daher umgehend enteignet (wie alle Besitzer von mehr als 100 Hektar).

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Im Einigungsvertrag schrieben DDR und (alter) Bundesrepublik 1990 dann in einer Gemeinsamen Erklärung fest, dass Konfiskationen innerhalb der sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und der Gründung der DDR 1949 nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen.

Aber zum Inventar der Schlösser, Burgen und Herrenhäuser sagt die Erklärung nichts.

Pressemeldungen zum Thema:
Ostthüringer Zeitung (OTZ): „Museum Schloss Burgk womöglich vor größter Räumungsaktion der jüngeren Geschichte
MDR: „Adel fordert Möbel von Schloss Burgk zurück“ (nicht mehr online verfügbar)

Nachtrag: Heute hat die OTZ Museumsleiterin Schemmrich zu Wort kommen lassen, die anschaulich erklärt: „Warum Schloss Burgk einmalig ist

Update: Der Streit um den Besitz des Mobiliars von Schloss Burgk ist durch einen Kompromiss gelöst. Die Erben können sich über eine millionenschwere Zahlung aus Steuergeld freuen.