1964: Tagelang brannte die einstige Deutschordensburg Hermülheim wie Zunder. Mit einem Großaufgebot war die örtliche Feuerwehr rund um den weithin sichtbaren Brand nahe Köln versammelt.
Auf einem alten Foto sieht man, wie drei behelmte Wehrleute mit einem langen Haken versuchen, glimmende Balken vom Brandort weg zu ziehen. Ein Vorgesetzter steht dahinter und gibt Anweisungen.
Vom Gemäuer aus dem 13. Jahrhundert blieben letztlich nur rauchende Steintrümmer übrig. Die Burg „brannte kontrolliert ab“, wie man so schön sagt. Die Wehr war gerade deswegen hochzufrieden.
Kein Wunder, sie hatte schließlich selbst gezündelt. Im Auftrag der Gemeindeleitung hatten Feuerwehrleute die Burg zuvor mit Heuballen präpariert und dann in Brand gesteckt. Das Feuer sollte ihnen als Übung dienen, wie man so einen lodernden Burgbrand bekämpft.
Drei Jahre zuvor hatte eine Feuersbrunst die bayerische Burg Trausnitz weitgehend zerstört – gegen solche Ereignisse wollten die Rheinländer gewappnet sein.
So endete eine 800 Jahre alte, mithilfe römischer Überreste erbaute Deutschordensburg als Experimentierfeld für Feuerwehrleute.
Was heute unglaublich klingt, hat viel mit der Aufbruchsstimmung der Wirtschaftswunderzeit und der speziellen Mentalität des Rheinländers zu tun.
Der hatte schon immer ein pragmatisches Verhältnis zu seiner Vergangenheit. Historische Gebäude findet er prinzipiell „joot“. Sollten sie aber irgendwelchen Bauplänen im Wege stehen, kann er flexibel sein. Dann werden die „alten Kästen“ auch schon mal von einer Bundesstraße durchbohrt, abgerissen und überbaut.
So eine Situation trat in Hürth auf: Dem in den 60er Jahren geplanten Neubauviertel Hürth-Mitte stand die Burg im Weg. Und an Denkmalschutz dachte kaum jemand.
Eigentumstechnisch war ein Abriss kein Problem: Die mehrfach zerstörte, ursprünglich stattliche Ritterburg mit Graben wurde 1760 vom kurkölnischen Hofbaumeister Michael Leveilly in ein repräsentatives Herrenhaus verwandelt. Hier residierten im Sommer Ordensritter der Ballei Koblenz und erholten sich vom stressigen Ritter-Dasein.
1802 nahmen die französischen Besatzer dem Deutschen Orden das Anwesen weg. 1834 der Kölner Stadtrat Everhard von Groote und seine Frau Franziska und ließen es grundlegend umbauen. Ihre Nachfahren verkauften die Burg 1964 an die Gemeinde Hürth. Diese hatte nichts Eiligeres zu tun, als auf dem Burggelände ein neues Stadtzentrum hochzuziehen.
Nur der Torbogen, der den Eingang zum Burggelände markiert, blieb erhalten. Er steht heute übrigens unter Denkmalschutz.
Weiterlesen:
Mehr zum Burgbrand in einem Artikel von Britta Havlicek im Kölner Stadtanzeiger zum 125-jährigen Bestehen der Hermülheimer Feuerwehr: „Wehrleute übten an brennender Burg“ (nicht mehr online verfügbar)