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NS-Geschichte ausgeblendet: Keine Infotafel vor Haus Venauen

Haus Venauen mit Nazi-Adler im Innenhof / Foto: © CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Schlösser und Burgen haben in der NS-Zeit eine eminent wichtige Rolle gespielt. Das Regime mit seinem kruden Geschichtsbild nutzte die historischen Gebäude reihenweise zur Verbreitung seiner Ideologie.

Besonders gut ist das auf der Wewelsburg bei Paderborn dokumentiert.

Heutige Eigentümer solcher Anlagen neigen schon mal dazu, das braune Erbe ihrer hübschen Immobilien auszublenden – die seien schließlich viel älter als das „Dritte Reich“.

Das gibt dann gelegentlich Ärger. Wie jetzt bei Haus Venauen in Rösrath im Bergischen Land.

Der ehemalige Adelssitz diente von 1938 bis 1943 als sogenannte Gauschule der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), danach zwei Jahre als NS-Mutter-Kind-Heim.

Übrig aus dieser Zeit blieb eine prägnante Adler-Skulptur im Innenhof.

Die NSV betrieb nationalsozialistische Kindergärten (Motto: „Händchen falten, Köpfchen senken – immer an den Führer denken“), betreute „arische“ Frauen während der Schwangerschaft und organisierte die Kinderlandverschickung.

In der Gauschule wurde den Erzieherinnen die rassistische Sozialpolitik des Nazi-Regimes eingetrichtert.

Ein Buch über Haus Venauen

Der Adler im Innenhof / Foto: © CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)
Der Adler im Innenhof / Foto: © CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)
Der Historiker Klaus-Dieter Gernert hat sich genauer mit der Historie des Hauses auseinandergesetzt und dazu ein Buch verfasst („Venauen: Vom Wandel eines Rittersitzes“).

Der Geschichtsverein Rösrath regte daraufhin die Aufstellung einer großformatigen Info-Tafel an Haus Venauen an, um an die Schloss-Geschichte zu erinnern.

Die Mitglieder entwarfen auch gleich einen Text, in dem die NS-Zeit naturgemäß viel Raum einnahm. Die Stadt unterstützte den Plan und nahm mit dem Eigentümer der denkmalgeschützten Anlage Kontakt auf.

Denn ohne seine Zustimmung geht gar nichts.

Hochwertiges Wohnen im Chateau

Das Rösrather Haus Venauen wurde 2012/13 von einer Immobilienfirma renoviert. Die bot die hochwertige Wohnanlage mit 17 Eigentumswohnungen unter der historisch und geografisch ziemlich weit daneben liegenden Bezeichnung „Chateau Venauen in Köln“ an.

Stückpreis der Wohnungen: 340.400 bis 594.000 Euro. Sie sollen inzwischen alle verkauft sein.

Der Chef des Immobilienunternehmens sagte Stadt und Zeitung: „Ich habe ganz klar erklärt: Diese Tafel wird nicht aufgestellt“.

Der Kölner Makler stört sich daran, dass ein Drittel des Info-Tafel-Entwurfs die NS-Zeit behandelt. Überproportional viel, meint er. Das Haus sei schließlich 400 Jahre alt.

Stadt und Geschichtsverein reagierten auf die schroffe Absage, indem sie Haus Venauen ostentativ zum Rösrather „Denkmal des Monats November“ erklärten. 

Stadt-Anzeiger-Autor Thomas Rauch schlägt vor, die künftigen Eigentümer der 17 Wohnungen könnten ja später selbst einen Vorstoß für eine Info-Tafel starten. Dagegen könnte der Makler dann nichts mehr sagen…

Mein Vorschlag wäre ja eine kleinere Tafel am Sockel der Adler-Skulptur anzubringen. Aber der momentane Hausherr scheint ja generell nichts von Erinnerungen an düstere Zeiten auf dem Gelände zu halten.

Rückseite von Haus Venauen / Foto: © CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)
Rückseite von Haus Venauen / Foto: © CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Die Ursprünge des Anwesens gehen bis ins Jahr 1555 zurück. Der Adelssitz nahe des Flüsschens Sülz war ursprünglich als eher bescheidenes Gutshaus ausgelegt. Die beiden Seitenflügel der Anlage beherbergten im 18. Jahrhundert zunächst ausschließlich landwirtschaftliche Nutzräume.

Erst mit der Übernahme durch einen reichen Bürgerlichen erhielt der barocke Gutshof sein Aussehen als Schloss.

Felix Mayer ließ es 1907 zusammen mit seiner Ehefrau Kathinka (aus der Familie Neven DuMont) durch den Kölner Architekten Heinrich Müller-Erkelenz zu einer großbürgerlichen Villa umgestalten, die er selbst als Rittergut bezeichnete.

Man war streng wilhelminisch gesinnt und scharf auf alles Adelige – am liebsten den Titel, wenn man schon mal so ein Schösschen hatte.

Nach dem Krieg wurde das Haus 1950 zu einem belgischen Internat, dem Athénée Royal. Die Rösrather bekamen dadurch jahrelang den Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen mit, der 1966 sogar mit dem Auszug der niederländischsprachigen Schüler und Lehrer nach Schloss Bensberg endete.

2003 endete die Schulgeschichte von Haus Venauen. 2012/13 wurde das Haus dann zur Wohnanlage umgebaut.

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Hier geht’s zum Artikel von Thomas Rauch im Kölner Stadt-Anzeiger: „Schloss Vernauen: Info-Tafel ist nicht erwünscht“ und zu einem Kommentar des Autors in der gleichen Zeitung: „Ablehnung ist bedauerlich

Mehr zu Schlössern und Burgen im Nationalsozialismus hier im Blog:
Reichsburg Cochem: Nazis zerstörten Christophorus-Mosaik
Wewelsburg: Mit Sitzsäcken gegen Neonazis
Schloss Stettenfels: Jüdischer Besitz sollte Ordensburg werden
Ordensburg Vogelsang: Land NRW im Baurausch?
„Projekt Riese“: Hitlers Schloss in Schlesien



Ein Gedanke zu „NS-Geschichte ausgeblendet: Keine Infotafel vor Haus Venauen“

  1. Klaus-Dieter Gernert

    Sehr geehrter Herr Popp-Sewing! Gerade habe ich Ihren Blog über Haus Venauen gelesen. Als Autor des Buches bin ich Ihnen für diese klaren Ausführungen sehr dankbar. Den Burgerbe-Blog finde ich äußerst gelungen und erfrischend. Weiterhin viel Vergnügen bei den Burgentouren wünscht Ihnen
    Klaus-Dieter Gernert
    P.S.
    Seit langem arbeite ich an einem Buch über die Gauschulen der NSV in ganz Deutschland. Eine solche befand sich auch auf der imposanten Kapfenburg (Lauchheim). Vielleicht fragen Sie dort mal bei einer Ihren Touren nach der NSV-Gauschule. Vielleicht bekommen Sie ja eine Antwort.

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