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Museum Burg Linn: Römer-Flüche im Hafenbecken




Museumsleiter Dr. Christoph Reichmann, Kunsthistorikerin Dr. Margareta Siepen und Theo Dörkes bei der Vorstellung des Projekts im Museum Burg Linn
Der Krefelder Hafen war 1975 eine Goldgrube für Sammler römischer Funde.

Wochenlang durchkämmten Hobby-Archäologen den abgebaggerten Boden des einstigen römischen Hafenbeckens nach Münzen und anderen Preziosen. Selten kehrten sie ohne römische Relikte zurück.

In einigen Krefelder Kellern schlummern seitdem museumsreife Sammlungen antiken Materials. Jetzt will die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Privat-Funde aus Gellep katalogisieren. Bevor es zu spät ist.
Das römische Gelduba muss man sich als quirliges Hafendorf von 800 Seelen vorstellen.

Mit düsteren Matrosen-Spelunken, widerhallend vom Lärm der Werkstätten im Kastell, wo Soldaten sich durch Handwerk die eine odere andere Sesterze hinzuverdienten.

Ein Ort, geprägt von Soldaten, Händlern und internationalen Reisenden. Ständig in Angst, von den Germanen auf der anderen Rheinseite (heute Düsseldorf und Duisburg) überfallen zu werden.

Jahrhundertelang flog dabei so ziemlich alles ins Hafenbecken, was im Garnisonsstädtchen benutzt wurde: Münzen, Knochen, Werkzeug, Schmuck, Gewichte – sogar Schuhe.

Der sauerstoffarme Boden des später versandeten Bassins hat die Relikte für fast zwei Jahrtausende konserviert.

Als das Hafenbecken 1975 verbreitert wurde, luden die Bagger den von Funden durchsetzten Boden einfach auf freiem Feld ab. Die Stunde der Sammler hatte geschlagen.

Tödlicher Unfall beim Funde-Sammeln

Burg Linn: Ein Wahrzeichen von Krefeld
Burg Linn: Ein Wahrzeichen von Krefeld

Heute undenkbar: Das Durchstöbern der Erde und das Mitnehmen der Funde war damals legal. Es wurde erst nach einem tragischen Todesfall verboten. Eine junge Frau verlor durch einen abrutschenden Hang ihr Leben.

Im Auftrag der Deutschen Forschungsgesellschaft hat nun Dr. Margareta Siepen damit begonnen, private Funde aus dem Hafenareal aufzulisten. Die Finder dürfen ihre Sammlungen behalten, betont die Wissenschaftlerin.

Es geht bei dem Projekt vor allem darin, die Geschichte des Hafens von der Römerzeit bis zum Mittelalter zu dokumentieren – im Rahmen eines europäischen Hafen-Projekts, dessen Recherchen bis nach Island hinauf reichen. Die privaten Krefelder Funde sind dafür unverzichtbare Quellen.

Der Gelleper Theo Dörkes hat der Wissenschaftlerin als einer der ersten seine „Schätze“ gezeigt und freut sich, dass sie nun bei der Forschung helfen.

„Wenn sich die Sammler damals nicht gekümmert hätten, wäre heute alles weg“, erzählt der 78-Jährige. Als 39-Jähriger hatte er fleißig allerlei römische Überbleibsel gesammelt, zur Freude der Kunsthistorikerin.

Alle Erkenntnisse sollen in einem Buch zusammengefasst werden, von dem die teilnehmenden Sammler jeweils ein Exemplar erhalten sollten.

Kurioser Fund: Ein römisches Fluchtäfelchen aus Blei mit gut erkennbarem Münzabdruck

Kuriosester Fund aus Privatbesitz ist ein sogenanntes Fluchtäfelchen. Das ist eine Art Bleiumschlag mit dem gut erkennbaren Abdruck einer Münze in der Mitte.

Offenbar wollte sich um 270 n. Chr. jemand auf übernatürlichem Wege an Kaiser Victorinus (Herrscher des Gallischen Sonderreichs) rächen, indem er die Tafel unter Flüchen ins brackige Hafenbecken warf.

Mit Erfolg übrigens: Victorinus wurde umgebracht.

Wer Stücke hat, die für das Hafenprojekt interessant sein könnten, wird gebeten, sich im Museum Burg Linn zu melden, Telefon 0 21 51 / 15 53 9–0.