In der Doppelkapelle von Burg Großlohra in Thüringen haben die örtlichen Grafen schon zur Zeit der Stauferkaiser gebetet. Natürlich streng getrennt vom gemeinen Pöbel.
Die Herrschaften verrichteten den Gottesdienst im oberen Stockwerk, das dienstbare Volk erhielt seinen Segen im Erdgeschoss (daher auch der Name Doppelkapelle). Beide Ebenen sind durch eine Öffnung miteinander verbunden*).
Die Geschichte der Grafen verliert sich in den Wirren der Kreuzzüge. Offenbar starb der letzte Erbe des Geschlechts im Heiligen Land oder auf dem Weg dorthin. Was blieb ist die Burg aus dem 11. Jahrhundert mit ihrer großen Kapelle.
Das romanische Gotteshaus ist jedoch trotz einer 13 Jahre zurückliegenden Sanierung offenbar in immer schlechteren Zustand.
Schäden sind deutlich sichtbar: „Der tiefe Riss an der Rückseite ist noch breiter geworden, ebenso ein Riss an der Schmalseite zum Hof hin“. Der Historiker und Nordhäuser Stadtarchivar Peter Kuhlbrodt äußerte sich in einem Brief an die Denkmalbehörde bestürzt über die Spuren des Verfalls. Das berichtet die Thüringer Allgemeine.
Kuhlbrodt hoffe, dass sich das Amt möglichst schnell einschalte. Doch dessen Möglichkeiten seien gering, da das gesamte Burggelände dem Verein „Offene Häuser“ gehört.
Dieser kümmert sich seit teilweise in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Denkmalpflege um die Erhaltung der Burg Lohra. Er bietet dort auch günstige Übernachtungsmöglichkeiten (neun bis zehn Euro pro Nacht) für mehr als 90 Personen an.
Die Burgkapelle Großlohra wurde zuletzt im Jahr 2000 mit Fördermitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert.
Der Verein hat einen Tag später in der Thüringer Allgemeinen auf die Befürchtungen zum Zustand der Kapelle reagiert: Er weist darauf hin, dass die Risse schon seit dem Zweiten Weltkrieg existieren und sich seitdem auch nicht weiter vergrößert hätten. Daher sieht der Verein zurzeit auch keinen Handlungsbedarf. Richtig sei nur, dass jemand ein Fenster eingeworfen habe.
Bürger der Umgebung haben inzwischen 650 Unterschriften gesammelt um auf den ihrer Meinung nach zunehmenden Verfall der Großlohra-Kapelle hinzuweisen.
Weiterlesen:
Und hier geht’s zum Artikel über den Brief von Kuhlbrodt in der Thüringer Allgemeinen: „Doppelkapelle auf Burg Lohra weist erhebliche Risse auf“
Kristin Müller berichtet in der Thüringer Allgemeinen über die Unterschriftensammlung: „630 Unterschriften unter Protestbrief zur Doppelkapelle von Burg Lohra“
*) Kapellen mit mehreren Etagen für die unterschiedlichen Hierarchien der mittelalterlichen Welt waren in Herrschaftssitzen nicht unüblich.
Ein eindrucksvolles Beispiel findet sich in der Kaiserburg Nürnberg: Die Kapelle aus dem 13. Jahrhundert im sogenannten Heidenturm hat sogar drei getrennte Ebenen: Unten für die Ordensritter, in der Mitte für Grafen und Herzöge und oben eine Empore für den Kaiser. Letztere noch mit mehr als 500 Jahre alten Fliesen ausgelegt.
Foto oben: gemeinfrei
Pingback: Archäonews 23.10.2013 | Tribur.de
Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.