„Projekt Riese“: Hitlers Schloss in Schlesien

Schloss Fürstenstein in Schlesien um 1920 / Foto: Wikipedia / Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0 / Foto oben: Wikipedia / Drozdp / CC-BY-SA 4.0

Schloss Fürstenstein, das größte Schloss Schlesiens, sollte in der Endphase des Zweiten Weltkriegs eine besondere Rolle spielen. Zuvor war es in Jahrhunderten prächtig in verschiedensten Stilen ausgebaut worden.

Albert Speer plante in und um die zuvor als schlesische Reichsbahn-Zentrale genutzte Anlage ein Führerhauptquartier („FHQ“). Dies sollte ein Ersatz für Hitlers „Wolfsschanze“ in Ostpreußen werden, die immer näher an der sich aufs Reich zubewegenden Ostfront lag.

Das FHQ Schloss Fürstenstein wurde inklusive eines großangelegten Stollensystems geplant. Tarnname: „Projekt Riese“.

Nach Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion hatte zunächst die SS großes Interesse an dem repräsentativen Bau und seinen Kellern angemeldet, um hier Räume für Führungsstäbe unterzubringen.

Auch eine Luftwaffenschule war in einigen der 500 Räume der „Perle Schlesiens“ geplant. Die Schlossbesitzer, die Familie von Hochberg, wurde 1943/44 enteignet. Die bauwütige Organisation Todt (OT) übernahm dann die Anlage.

Zwangsarbeiter mussten Tunnel graben

Die Arbeiter der OT, hinzu kamen 3000 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, gruben zwei Kilometer Tunnel und Schächte unter dem Schloss und in die umliegenden Berge des Eulengebirges.



Der Barocksaal von Schloss Fürstenstein / Foto: Wikipedia/Reytan / CC-BY-SA-3.0-migrated
Der Barocksaal von Schloss Fürstenstein / Foto: Wikipedia/Reytan / CC-BY-SA-3.0-migrated

Geplant war, im Rahmen des Projekt Riese Raum zur Unterbringung des Oberkommandos der Wehrmacht, des Oberkommandos der Luftwaffe, der SS-Reichsführung, des NS-Außenministeriums sowie für Hitler selbst zu schaffen – und noch reichlich Platz für 30.000 Arbeiter in unterirdischen Fabriken frei zu halten.

Das „Großdeutsche Reich“ stellte 130 Millionen Reichsmark für das Projekt Riese bereit. Das Tunnelsystem unter Schloss Fürstenstein (es heißt inzwischen Schloss Książ) ist heute im Rahmen von Führungen zum Teil öffentlich zugänglich.

Die Geschichte von Schloss Fürstenstein

So sah Schloss Fürstenstein um 1865 aus. Ein Bld aus der Sammlung Alexander Duncker. / Bild: gemeinfrei

An Schloss Fürstenstein mit seinem Stilmix haben viele Generationen mitgewirkt.

Das Schloss geht zurück auf eine Befestigung, die Herzog Bolko I. von Schweidnitz hier Ende des 13. Jahrhunderts errichten ließ. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundersts entstand hier auf einem unregelmäßigen, dem Felsen angepassten Grundriss, die Oberburg mit ihrem 30 Meter hohen Bergfried.

Die Familie vn Hohberg/von Hochberg ließ die Burg in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in ein Renaissanceschloss umgestalten. Im Dreißigjähigen Krieg wurde das Schloss beschädigt.

Die Reparaturen und die weiteren Umbauten ließen die von Hochbergs im Stil des Barock ausführen. Zwischen 1718 und 1734 entstanden ein fünfgeschossiger Wohnbau an der Süd- und ein viergeschossiger Bau an der Ostseite.

Wenige Jahrzehnte später kam ein Vorbau mit zwei Türmen hinzu. 1861 bis 1914 war das Schloss immer wieder Baustelle. Der massive Westflügel mit dem Weißen Turm und dem Georgturm entstanden, und die Nordseite wurde im Stil der Neorenaissancestil umgebaut.

Schlossherr Hans Heinrich XV. Fürst von Pless (auch ein von Hochberg) war während des Zweiten Weltkriegs Gastgeber für das kaiserliche Hauptquartier, wenn Kaiser Wilhelm II. in der Gegend weilte.

1923 waren die Arbeiten schließlich abgeschlossen.

Schloss-Doku in der ARD

Die ARD zeigt immer wieder die Doku „Hitlers Schloss in Schlesien – Die letzte ,Führerresidenz'“, einen Film von Hans Dieter Rutsch (z.B. im September 2013 im Rundfunk Berlin-Brandenburg, RBB).

Selten gezeigtes Archivmaterial

„Erstmalig werden im deutschen Fernsehen die Ergebnisse der historischen Forschung über die Geschichte des Fürstenberger Schlosses gezeigt. Exklusive Fotos und Dokumente ergänzen bisher selten gezeigtes Archivmaterial. Sie erzählen die kaum bekannte Geschichte eines wirklich geheimnisvollen Ortes“, so die Eigenwerbung des Senders.

Auf dieser Seite der ARD gibt es weitere Infos zum Film sowie Wiederholungstermine. Ich finde, der Kulturkanal Arte sollte sich mal der Sache annehmen und den „Hitlers Schloss“-Film nochmal bringen.

Und er sollte vor allem in ARD oder Arte-Mediothek eingestellt werden, damit man ihn auch außerhalb der spärlich gesäten Wiederholungen sehen kann.

Das Cover des Buchs zum FHQ Riese von Christel Focken (Foto: Amazon)

Einen Bericht über einen Besuch im Schloss Fürstenstein findet man übrigens auf der Seite von „Team Bunkersachsen“ (zurzeit offline). Dort heißt es unter anderem: „Ganz im Gegensatz zu den bekannten Prunk- und Trutzbauten Albert Speers ist der erhabene Charakter der gesamten Schlossfassade erhalten geblieben“.

Es gibt auch ein Buch zum „Führerhauptquartier“ Schloss Riese:
Christel Focken vom Verein Berliner Unterwelten gibt darin einen Einblick in die noch heute vorhandenen Anlagen. Sie weist auch auf Theorien zur Entstehungsgeschichte und dem heutigen Umgang mit den Objekten hin (Link zu Amazon, 29,70 Euro).

Die Autorin führt den Leser auch in „vergessene“ Anlagen, die zur Rüstungsproduktion des Dritten Reichs beitrugen.



Gelegentlich gibt es Gerüchte über märchenhafte im „Tunnelsystem Riese“ versteckte Nazi-Goldschätze (und natürlich auch das Bernsteinzimmer). Zuletzt wurde hier ein mit Kostbarkeiten vollgeladener kompletter Nazi-Panzerzug vermutet. Bislang warten die Boulevardmedien vergeblich auf den Fund.

Für Hitler wurde übrigens noch eine weitere „Führerresidenz“ im heutigen Polen eingerichtet, die sich sogar weitgehend erhalten hat: Schloss Posen (heute Poznan)

Hier einige wacklige private Videobilder vom Schloss:

Und hier der Blick von oben auf „Hitlers Schloss in Schlesien“:

Weiterlesen:

Das Projekt Riese bleibt weiter in den Medien. Für „Eines Tages“ auf Spiegel-Online berichtet Solveig Grothe im November 2018 aus Walbrzych.

Titel ihrer umfangreichen Geschichte: „Codename „Riese“: Das heikle Geschäft mit Hitlers Hinterlassenschaften“ (Link zum Artikel)

Und hier geht’s zur Website von Schloss Fürstenstein (in deutscher Übersetzung)