Wo heute Hamburg-Harburg liegt, erstreckte sich um das Jahr 1000 noch eine sumpfige, weitgehend unbewohnte Elbniederung. Wanderer, die in dieser unwirtlichen Gegend unterwegs waren, trafen nur ein Zeichen menschlicher Besiedlung: Die Horeburg, eine Grenzfestung der Grafen von Stade auf einer Sandinsel in der Süderelbe. Diese war nur durch einen schmalen, leicht zu verteidigenden Damm mit dem Ufer verbunden.
Mit der Zeit siedelten sich Bauern rechts und links des Weges an, der zur Burg führte. Es entstand eine kleine Siedlung, die 1297 Stadtrecht erhielt: Harburg, heute ein Stadtteil von Hamburg.Von der einstigen Burg ist heute nichts mehr zu sehen. Sie wurde im 14. Jahrhundert durch das deutlich größere, Harburger Schloss überbaut, von dem heute nur noch ein unscheinbares Mietshaus an der Bauhofstraße 8 im Harburger Binnenhafen übrig ist.
Das ursprüngliche Schloss Harburg war durchaus repräsentativ. 1527 diente es, erweitert zum Renaissanceschloss, als Residenz der Welfen-Herzöge des Hauses Braunschweig-Lüneburg. 1620, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, hatte die Anlage schließlich drei Gebäudeflügel.
Angesichts der durchziehenden Soldateska fühlten sich die Braunschweig-Lüneburger Herzöge auf ihrem prächtigen Schlösschen nahe der Stadt allerdings nicht mehr sicher. Sie wollten jetzt eine veritable Inselfestung mit Mauern und freiem Schussfeld.
Um das zu bekommen, griffen sie zu rabiaten Maßnahmen und ließen kurzerhand Teile des Harburger Stadtzentrums mitsamt Kirche abreißen. Die Insel wurde so in den späten 1640er Jahren zur Barockfestung – einer mit Kanonen besetzten Zitadelle mit fünfzackigem Mauerring in der Süderelbe.
Für die damalige Zeit war so eine Flussfestung quasi uneinnehmbar. Im Siebenjährigen Krieg nahmen französischen Truppen die Festung unter Beschuss, es gelang ihnen aber nicht, sie zu stürmen.
Zu napoleonischer Zeit saß hier eine französische Besatzung.
1813 kam es beim Abzug der Franzosen zu einem Großbrand, der das sogenannte Lange Haus (den Verbindungsbau zwischen den Flügeln) weitgehend zerstörte. Anschließen nutzte die Verwaltung des Amtes Harburg die erhaltenen Gebäude.
Die beginnende Industrialisierung forderte schließlich ihren Tribut: Schloss Harburg lag mitten im aufstrebenden Harburger Hafen, Schlossgräben wurden zu Hafenbecken ausgebaggert.
Als Nachbar etablierte sich die Schlosswerft, die den Rest der Schlossanlage 1898 übernahm und Arbeiterquartiere und ein herrschaftliches Wohnhaus einrichtete.
Werftbesitzer Reinholf F. Holst waren die 2,5 Meter dicken Mauern entschieden zu massig. Er ließ die Festungswerke von innen bis auf einen Meter Dicke aushöhlen – und gewann so reichlich Platz.
Das hat eine Untersuchung durch einen Architekten ergeben, die ein Nachfahre von Holst jetzt in Auftrag gegeben hat (die Harburger Nachrichten berichten darüber).
Die Stadt interessierte sich nach dem Krieg nicht mehr für die historische Bausubstanz. Der Denkmalschutz wurde 1950 sogar aufgehoben, der erhaltene Ostflügel mit dem Kommandantenhaus 1972 trotz Protesten aus der Bevölkerung kurzerhand abgerissen.
Heute ist nur noch der so genannte Mannschaftsturm, ein ehemals befestigter Kasernenbau erhalten, der wie ein unscheinbares Mietshaus aussieht. Nachdem die Spuren des Schlosses weitestgehend beseitigt sind, hat die Stadt das Gebäude 1988 unter Denkmalschutz gestellt.
Links:
Der Artikel von Wolfgang Becker zur Untersuchung der Schloss-Überreste (Harburger Nachrichten) „Viel mehr Schloss als gedacht“ ist nicht mehr online verfügbar.
Eine Grabung auf der Schlossinsel brachte überraschend eine alte, nicht in dem Stadtplänen verzeichnete, gepflasterte Straße ans Tageslicht (Link zum Blog des Archäologischen Museums Hamburg).
Infos zu einer weiteren einstigen Burg in Hamburg, der Hammaburg gibt’s hier im Blog: „Hammaburg: Keimzelle Hamburgs entdeckt“
Zurück zu den „Wurzeln“ geht es aber jedes Jahr mit dem mittelalterlichen Burgfest auf der Harburg. Auch wenn kaum etwas von der Burg übrig ist, passt das Burgfest trotzdem nach Harburg! Lg, Doro
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