
Aber für Burgenfreunde mit Kamera lohnt der Besuch doch, denn im Stadtteil Gemen steht eine der urigsten Wasserburgen der Region: die Jugendburg Gemen. Seit mehr als 900 Jahren schützt ein System aus Kanälen (Gräften) mit dem Wasser der Bocholter Aa die auf zwei Inseln gebaute Burganlage.
Eine Holzburg (Motto) wurde im 13. Jahrhundert durch einen Bergfried aus gelb-roten Sandsteinquadern mit zwei Meter dicken Mauern ersetzt, der Teil einer fast kreisrunden Ringmauer von 25 Meter Breite war. Die aufstrebende Familie von Gemen erweiterte diese Miniburg im 14. Jahrhundert in zwei Ausbaustufen bis zu den heutigen Ausmaßen.
Die von Gemens waren zu diesem Zeitpunkt eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter Westfalens und pochten lautstark (und mithilfe von wechselnden Bündnissen) auf ihre Unabhängigkeit vom benachbarten Fürstbistum Münster. Die imposant erweiterte Wasserburg galt als ein Zeichen ihrer Reichsunmittelbarkeit.
Durch Vererbung fiel die Burg im 16. Jahrhundert an Jobst II. von Holstein-Schaumburg und Sternberg. Der war ein Vetter Wilhelms von Oranien, reformierte die Kirche im Ort und zog die Herrschaft Gemen in den Freiheitskampf der Niederländer gegen die spanische Krone hinein.
Das hatte zwei Folgen: Zum einen entstand an der Bocholter Aa eine der ältesten protestantischen Gemeinden des Landes. Und zum anderen bekam man heftigen Ärger mit dem hochgerüsteten, weltumspannenden Habsburger-Imperium, das Unterstützung der holländischen „Ketzer“ gar nicht gut fand.
Die auf dem Marschweg gelegene Wasserburg war für Albas Berufssoldaten kein Gegner. Die Spanier belagerten die Burg und wateten schließlich durch die Gräfte, um die protestantische Festung zu plündern.
Zu größeren baulichen Veränderungen kam es erst wieder Ende des 17. Jahrhunderts, zur Zeit des Barock. Besitzer der Burg war damals Hermann Otto II. von Limburg-Styrum, ein schlachtenerprobter kaiserlicher Feldmarschall.
Er ließ 1682 das baufällige Palas abbrechen und neu errichten. Der Hauptturm der Burg, der so genannte Ballturm, bekam durch ihn seine charakteristische hochbarocke Haube. Das Schloss sah nun auch farblich freundlicher aus: Es wurde 1692 mit gelb gefärbten Putz gestrichen.
Die Reichsunmittelbarkeit der Herrschaft Gemen endete 1806. Beim Wiener Kongress wurde das Gebiet Preußen zugeschlagen. 1822 kaufte Johann Ignatz Franz von Landsberg-Velen die Burg. Seinen Nachfahren gehört sie noch heute. 1865 brannten die Gebäude der Vorburg ab und wurden nach 1882 im Neo-Renaissance-Stil wieder aufgebaut.
Mit 230 Betten und 27 Gruppenräumen zählt die Jugendburg heute zu den großen katholischen Jugendbildungseinrichtungen in Deutschland. Im Schnitt zählt der Burgkaplan circa 24.000 Gäste pro Jahr, die hier Burg-Herbergsromantik genießen können. Einige erzählen heute noch von ihren nächtlichen Abenteuern dort in den wilden Achtziger Jahren. Auf der Vorburg-Insel lädt eine Wiese zum Spielen ein.
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Link: Mehr zur Geschichte der Burg Gemen auf der Seite der Jugendburg Gemen
Mehr Fotos gibt es hier im Blog: „Das Spiegelbild von Wasserburg Gemen“
