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Festung Wilhelmstein: Der Kanonengraf und sein U-Boot im Steinhuder Meer



Wo ist denn die Festung Wilhelmstein auf der Mini-Insel? Na, hinter den Bäumen / Kollage oben: Burgerbe.de mit „Hecht“-Foto von Wikipedia / Ziko / CC-BY-SA 4.0
Der Touristenkahn (mit Segel für die Optik) tuckert gemächlich vor sich hin, während die Wolken über dem Steinhuder Meer bedrohliche Formationen bilden und die Insel Wilhelmstein nur quälend langsam größer wird.

Was für eine blödsinnige Idee, in einem 1,50 bis drei Meter tiefen, eiszeitlichen Binnengewässer eine Insel aufzuschütten und auf diesem Matschklumpen auch noch eine Festung zu errichten.

Und dann soll es da ja noch so eine Geschichte mit einem U-Boot von 1770 geben…

Nunja, zumindest gut 250 Jahre später ernährt das Ganze ein paar Binnenkapitäne und die Dame vom Ticketverkauf. Auf der Insel gibt’s dann Kuchen und einen Unterstand…

Der junge Graf und das Mini-Ländchen

Wilhelm von Schaumburg Lippe in der Uniform eines britischen Feldmarschalls
Wilhelm von Schaumburg-Lippe in der Uniform eines britischen Feldmarschalls

Rückblende 1748: Der erst 24-jährige Graf Wilhelm Friedrich Ernst erbt das kleine, aber unabhängige Fürstentum Schaumburg-Lippe.

Das erstreckte sich auf 340 Quadratkilometern, was exakt der Größe des heutigen Las Vegas entspricht (Glücksspiel war in der streng protestantischen Hauptstadt Bückeburg allerdings verpönt).

Bewohnt wurde das Ländchen von gerade mal 17.000 Untertanen. Die bekamen die Obrigkeit in erster Linie in Form von Steuereintreibern zu sehen, denn der junge Herr Graf hatte ein paar teure Marotten.

Der Souverän liebte nämlich das Militär und die ganz großen Feldzüge.

Er kämpfte mit einem Kontingent seiner Landsleute recht erfolgreich für die Preußen im Siebenjährigen Krieg, stieg 1759 zum Oberbefehlshaber der Artillerie auf. 1762 wurde der „Kanonengraf“ in das um seine Unabhängigkeit von Spanien kämpfende Portugal gerufen.

Dort schlug er als Feldherr eines portugiesisch-britischen Heeres einen spanischen Invasionsversuch zurück.

Die Festung Wilhelmstein von oben / Foto: Wikipedia / ChristianSchd / CC-BY-SA 4.0

Daraufhin ernannte die britische Krone den geborenen Londoner zum englischen Feldmarschall. Die Portugiesen setzen dem Grafen mit dem „Fort Lippe“ bei Elvas ein Denkmal.

Die kriegerischen Erfahrungen des Landesherrn hinterließen im heimischen Schaumburg-Lippe Spuren. Dort unterhielt der Graf ein stehendes Heer von (man darf das angesichts des Mini-Landes ruhig Größenwahnsinn nennen) 1000 Soldaten unterhielt.

Etwa jeder neunte Einwohner musste Dienst bei der Truppe schieben.

Außerdem kam dem Grafen der Einfall, im Steinhuder Meer eine Insel aufschütten und darauf eine quasi uneinnehmbare Fortifikation zu errichten, was 1761 bis 1767 passierte: Die Festung Wilhelmstein.

Die Festung Wilhelmstein mit dem Kommandantenschlösschen / Foto: Burgerbe.de

Fluchtpunkt Wilhelmstein

Die Idee dahinter war, dass bei einer Besetzung des Kleinstaats durch einen seiner Nachbarn der Wilhelmstein als Fluchtpunkt dienen und noch monatelang Widerstand leisten und den Invasoren schrecklich auf die Nerven gehen sollte.

Ein paar Kanonenrohre sind noch da
Ein paar Kanonenrohre sind noch da

Die Festung wurde nach neuesten Erkenntnissen der Baukunst sternförmig angelegt, mit vier Schanzen und 16 Außenwerken, die zum Teil durch Zugbrücken miteinander verbunden waren. Den Mittelpunkt bildete das Kommandantenschlösschen.

Bei der Ausstattung machte der Kanonengraf seinem Spitznamen alle Ehre: Die von diversen Mörsern unterstützten dort stationierten 166 Stück Artillerie konnten jeden Winkel der Umgebung bestreichen.

Für den Kriegsfall sollten die Wälle und Kanonen mit 800 Soldaten bemannt werden. Wenn gerade kein Feind im Anmarsch war sollte die Festung als Kriegsschule genutzt werden.

Der spätere preußische Militärreformer Gerhard von Scharnhorst erhielt dort ab seinem 18. Lebensjahr eine erste militärische Ausbildung). Auch dann sollten dort immer noch 250 Soldaten Dienst tun.


Blick auf die spitz zulaufenden Wälle und Bastionen
Blick auf die spitz zulaufenden Wälle und Bastionen

Dummerweise war es drinnen so klamm und feucht, dass diese Wachsoldaten im zehn-Tage-Rhythmus ausgetauscht werden mussten. Die Militärschule zog später auch lieber in trockene Quartiere nach Bückeburg.

Der Graf war an allerlei militärtechnischen Errungenschaften interessiert. 1762 legte ihm der Kriegsschullehrer Jakob Chrysostomus Praetorius den Plan vor, ein wie ein Hecht geformtes, hölzernes Tauchboot (mit Segeln) zu bauen, was Wilhelm aber zunächst ablehnte.

Die Idee trieb bekanntlich schon Leonardo da Vinci um, der 1515 ein Ein-Mann-U-Boot entworfen hatte.

Irgendwie muss der Einfall den Herrscher aber doch fasziniert haben. Denn im November 1771 bestellte der Wilhelmstein-Kommandant Major d’Etienne einen eichenen Kiel für den „Steinhuder Fisch“, beziehungsweise „Hecht“.

Zunächst gab es wohl einen kleineren Prototypen mit Kanone, 1775 wurde ein weiteres Modell gebaut. Im heutigen Inselmuseum erfährt man, dass das erste Tauchboot 1772 angeblich zwölf Minuten unter Wasser geblieben sein und die Insel einmal umrundet haben soll.

Das ist zwar nicht belegt. Aber es wäre doch überraschend, wenn der Graf zwei Modelle hätte bauen lassen, ohne dass eines davon zumindest einigermaßen vielversprechende Ergebnisse erzielt hätte.

Modell des „Steinhuder Hechts“

Auch der Zweck des Bootes ist umstritten. Es gibt zwei Theorien: Die einen nehmen an, dass das Tauchboot nur als Nachrichtenüberbringer für den Fall einer Belagerung des Wilhelmsteins gedacht war.

Allerdings dürften seine Segel auf dem überschaubaren See nicht wirklich unauffällig gewirkt haben.

Eine andere Erklärung nimmt an, dass Wilhelm gehofft haben könnte, per Tauchboot geheime Botschaften mit Portugal austauschen zu können. Das erste (und einzige) U-Boot im Heiligen Römischen Reich hat auch einen eigenen Wikipedia-Eintrag: „Steinhuder Hecht„.

Zwölf Minuten unter Wasser?

Im Inselmuseum kann man ein Modell des Bootes und allerlei andere Experimentalwaffen aus der gräflichen Sammlung sehen.

Wilhelm heiratete übrigens spät. Seine Frau Marie Barbara Eleonore zur Lippe-Biesterfeld (die Dame oben rechts auf der Collage) war 20 Jahre jünger und segnete vor ihm das Zeitliche. Die einzige Tochter der beiden starb bereits mit drei Jahren.

Nach dem Tod des Grafen 1777 haben Wilhelms Nachfolger die submarinen Pläne nicht weiter verfolgt und die horrenden Militärausgaben heruntergeschraubt.

Der Bau der Festung machte sich dann zehn Jahre später aber doch bezahlt, als hessische Truppen Schaumburg-Lippe besetzten – bis auf den Wilhelmstein.

2800 Hessen schafften es trotz längerer Belagerung nicht, die 150 Schaumburgischen Soldaten zur Übergabe zu bewegen.

Im morastigen Seeuferboden konnten sie ihre Kanonen nicht nahe genug an die Festung heranbringen, um diese sturmreif zu schießen. Außerdem wurde die Insel vom Hannoverschen Nordufer aus mit Lebensmitteln versorgt.

Blick vom Wilhelmstein aufs Steinhuder Meer
Blick vom Wilhelmstein aufs Steinhuder Meer

Das Weiterexistieren des hartnäckigen Widerstandsnests trug letztlich dazu bei, dass Preußen und Hannover die Hessen zur Herausgabe des Mini-Staats bewegen konnten.

Damit war dann aber auch die Zeit der Festung abgelaufen. Der Wilhelmstein wurde nun 80 Jahre lang (noch bis 1867) als Gefängnis genutzt.

Danach begann die Insel zum beliebten Touristenziel zu werden. Die Insel befindet sich heute immer noch im Besitz der Familie zu Schaumburg-Lippe, die die Inselgebäude 2005 bis 2009 für rund eine Million Euro sanieren ließ.

Die Arbeiten werden auch noch in den nächsten Jahren weitergehen. Insofern hilft der Besucher-Eintritt beim Erhalt der Anlage.

Man sollte man vor dem Buchen der so genannten Auswanderer-Bötchen nur schauen, ob gerade eine Regenfront im Anmarsch ist. Sonst kann es auch auf dem kleinen Steinhuder Meer unangenehm werden.

Öffnungszeiten:
Die Festung ist vom 1. April bis zum 15. Oktober täglich zwischen 9.30 und 17.30 Uhr geöffnet.

Link: Webseite der Festung

Fotos: Meine, bzw. Wikipedia (1)



Ein Gedanke zu „Festung Wilhelmstein: Der Kanonengraf und sein U-Boot im Steinhuder Meer“

  1. Oh nein… jemand hat einen Tippfehler gemacht – Skandal!

    Oder anders ausgedrückt, wenn man sonst nichts zu sagen hat, macht man sich einfach über die Rechtschreibung der anderen lustig.

    Sagt eigentlich mehr über die Intelligenz des Verfassers als über den der den Text verfasst hat.

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