Das Berliner Stadtschloss entsteht erneut, und zwar nach den stark historisierenden Plänen des Architekten Franco Stella (65). Der Italiener gewann den Architektur-Wettbewerb mit 15:0 Stimmen.
Der Palast der Republik ist schon lange verschwunden. Artikel dazu finden sich u.a. bei Welt Online (bei Springer ist man pflichtgemäß begeistert), Spiegel-Online (neutral) oder auch mit kritischen Stimmen wie bei „n-tv“ (der zunächst hier verlinkte Artikel ist inzwischen nicht mehr online).
Drei der vier Fassaden sollen möglichst originalgetreu wieder aufgebaut werden. Auch die Kuppel kommt zurück. Das Innere wird jedoch nicht rekonstruiert. Der ganze Komnplex formiert als Humboldt-Forum. Er soll knapp vier Jahren dann die außereuropäischen Sammlungen Berlins sowie die Zentral- und Landesbibliothek beherbergen.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte bereits bis zu 552 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Preußen-Schlosses zugesagt. 80 Millionen Euro will ein privater Förderverein beisteuern. Baubeginn sollte bereits im Jahr 2010 sein. Nun wird Mai 2013 für die Grundsteinlegung angepeilt.
Ursprünglich stand auf dem Areal eine 1443 von Kurfürst Friedrich II. „Eisenzahn“ erbaute Burganlage, die eine Kreuzung von Handelswegen – und die damals 8000 Einwohner – kontrollierte.
Die Bürger der aufstrebenden Handelsstadt hatten sich zunächst im Berliner Unwillen gegen den Bau gewehrt und sogar die Baugrube unter Wasser gesetzt. Da sie aber von der Hanse und anderen Städten keine Hilfe erhielten, mussten sie schließlich klein beigeben.
Im 16. Jahrhundert ließ Kurfürst Joachim II. die Anlage weitgehend abtragen und errichtete ein Rennaissance-Schloss, das jedoch bereits im Dreißigjährigen Krieg wieder verfiel. Der erste preußische König Friedrich I. musste natürlich entsprechend repräsentieren und baute seinen Sitz ab 1701 im Barock-Stil aus.
Der Bau bildete mehrfach den Hintergrund historischer Ereignisse. Sei es bei den Reden von Kaiser Wilhelm II. zu Beginn des Ersten Weltkriegs oder bei der Ausrufung der „sozialistischen Republik“ durch Karl Liebknecht 1918 vom selben Balkon aus.
Das dürfte den abgedankten Kaiser ganz schön geärgert haben. 1945 fiel das Schloss zum großen Teil alliierten Bomben zum Opfer. Tragende Wände blieben jedoch stehen.
Den Rest besorgte 1950 die DDR, die im Schloss ein Symbol des preußischen Imperialismus sah und es fast vollständig sprengen und abtragen ließ. Lediglich das Liebknecht-Portal wurde ins Staatsratsgebäude integriert und ist heute noch sichtbar. Der größte Teil des Schlossgeländes wurde mit dem (architektonisch gar nicht mal so unattraktiven) Palast der Republik überbaut.
In dessen Schatten brach sich dann im November 1989 beim Gorbatschow-Besuch zum 40. Jahrestag der DDR der Volkszorn auch vor West-Kameras Bahn brach. Es sollte der letzte Jahrestag der DDR sein. Wenige Tage später fiel die Mauer.
Nach den Wahlen im März 1990 kam schließlich im (wie sich später herausstellte asbestverseuchten) Palast der Republik die erste frei gewähte DDR-Volkskammer zusammen, die bald den Anschluss an die alte Bundesrepublik beschloss.
Übrigens gibt es beim Thema Stadtschloss eine erstaunliche Duplizität der Ereignisse: Auch im nahen Potsdam wurde intensiv über den Wiederaufbau des von der DDR gesprengten Stadtschlosses diskutiert. Ab 2010/11 soll auch in Potsdam eine weitgehende Rekonstruktion des Hohenzollern-Schlosses erfolgen. Dort soll dann der brandenburgische Landtag einziehen.
Spuk & Co.: Im Schloss trieb eine bekannte Weiße Frau ihr Unwesen. Möglicherweise ist es die 1351 gestorbene Gräfin Kunigunde von Orlamünde. Es wird berichtet, dass sie verschiedenen Hohenzollern-Herrschern jeweils kurz deren Tod erschienen ist, etwa Friedrich I. im Jahr 1713.
Meist kündigte sie den Tod drei Tage im Voraus an. Ein letztes Mal soll sie am 31. Januar 1945, gespukt haben. Drei Tage vor der Bombardierung des Schlosses.
Das Hohenzollern-Gespenst tauchte auch in anderen Schlössern der Dynastie auf, etwa in Bayreuth. Beim Durchzug durch Bayreuth wollte Napoleon ausdrücklich nicht in Gemächern nächtigen, in denen das Gespenst schon aufgetaucht war. Ob die Gestalt nach dem Wiederaufbau wohl erneut einzieht? Oder ob sie mittlerweile nach Burg Hohenzollern umgezogen ist?
Nachtrag: Die eingangs gemachte Bemerkung „der Palast der Republik ist bereits verschwunden“, ist übrigens nicht ganz richtig. „Erichs Lampenladen“ hat sich nicht völlig im historischen Nirvana aufgelöst: Das Berliner DDR-Museum hat sich noch schnell ein Fenster gesichert.
Nachtrag zur Weißen Frau: Die Hohenzollern waren in der Beziehung nicht einzigartig. Die Habsburger hatten ebenfalls drei Jahrhunderte lang eine Weiße Frau, die in kritischen Momenten in der Wiener Hofburg herumspukte. Das letzte Mal tauchte sie 1914 kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf, der die K.u.K.-Monarchie hinwegfegen sollte.
Bilder: 1) Stadtschloss aus Wikipedia, Urheberrecht abgelaufen, 2) Wikipedia/Dieter Brügmann, 3) Palast der Republik: Wikipedia/Falkue 4) Schlosskeller: Burgerbe.de
Lage: Schlossplatz, 10117 Berlin
Links: Äußerst umfassend ist der Wikipedia-Eintrag
@Travelwriter – ja, stimmt ;-) Werd ich ändern.
Ich habe erst diese Woche von einem Berliner Freund die letzte „Ecke“ vom Palast der Republik als Foto gemailt bekommen. Scheinbar ist jetzt dort alles plan. Aber das Gebäude auf dem Foto von Dieter Brügmann ist das Staatsratsgebäude und nicht der Palast der Republik, nicht wahr?
Jedes Schloss/Burg hat bestimmt einen Geist. Die Besitzerin des hiesigen Schlosses behauptet auch es spuke hier (ein Mann mit nem Dreispitz). Ich hab den Geist allerdings noch nie gesehen.
Ein paar historische Ungenauigkeiten sind zu berichtigen: Scheidemanns Republikausrufung am 9.1.1918 – genau vor 90 Jahren – geschah nicht am Schloß sondern an einem Fenster des Reichstages. Am Schloß rief Kommunistenführer Liebknecht gleichzeitig die „sozialistische Sowjetrepublik Deutschland“ aus, was glücklicherweise damals folgenlos blieb, dafür aber 1949 für einen Teil Deutschlands (DDR) nachgeholt wurde.
Das Schloß brannte im Februar 1945 innen vollständig aus. Alle Gemälde, Einrichtungen und kunstvollen Schmuckelemente wurden zerstört. Das Gebäude selbst – nicht nur die tragenden Mauern – widerstand aber weitgehend der Feuersbrunst. Vor allem die großartigen Steinmetzarbeiten, hunderte von Skulpturen waren – wenn auch lädiert – erhalten. Nach 1945 fanden sogar wieder Gemäldeausstellungen darin statt. Es war weit weniger zerstört als das Charlottenburger Schloß, das längst wieder aufgebaut ist.
Ein willkürlicher politischer Befehl Ulbrichts machte das Schloß dem Erdboden gleich.
Daß ein Wiederaufbau überhaupt ins Gespräch kam und nun Wirklichkeit werden wird, ist allein dem Förderverein Berliner Schloß zu danken, auf den man vor allem hinweisen sollte: berliner-schloss.de
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