Katharer-Burgen in den Pyrenäen: Die steinernen „Söhne von Carcassonne“




Queribus bot den letzten Katharern Schutz / Foto: Burgerbe
Queribus bot den letzten Katharern Schutz / Foto: Burgerbe

Auf Burg Peyrepertuse
Auf Burg Peyrepertuse

Burgen, die wie Vogelnester an steilen Felswänden kleben – Festungen, in die sich verfolgte Katharer flüchteten, während die gepanzerten Belagerer am Hang mit Kennermiene das Holz für die Scheiterhaufen zusammensuchten – die Überreste dieser Gemäuer wollte ich mir mal aus der Nähe ansehen.

Glücklicherweise bietet der Billigflieger Ryanair fast täglich Flüge nach Carcassonne an. Allerdings starten diese erst ab dem Flughafen Charleroi („Brüssel-Sud“) in Belgien.

Also erstmal ca. 215 Kilometer hingefahren, Auto ins Parkhaus gestellt (15 Eur/Tag) und rein in den Flieger, wo jeder Service extra kostet. Naja. Pension und Mietwagen hatte ich von Deutschland aus reserviert.

Netterweise wartete am Flughafen in Carcassonne bereits der Zubringerbus in die nahe Innenstadt (5 Eur, ca. 15 Minuten). Das klappte also schonmal gut.


Den Abend habe ich dann für ein paar Fotos des beleuchteten Weltkulturerbes genutzt und bin durch die sehr sicheren Gassen gelaufen.

Carcassonne by night
Während im 19. Jahrhundert in Deutschland neogotische Fantasieschlösser entstanden, die gar nicht genug Türmchen und Zinnen haben konnten, hat Architekt Eugene Violet-le-Duc die mittelalterlichen Mauerringe der Altstadt von Carcassonne mit ihren Toren und Türmen ab 1853 möglichst detailgetreu wieder aufgebaut.

Carcassonne lag immer im Grenzland zwischen Frankreich und Aragon/Spanien. Fünf Burgen – die „fünf Söhne von Carcassonne“ dienten als Vorposten in den Pyrenäen: Peyrepertuse, Quéribus, Puilaurens, Aquilar und Termes. Hier verteidigten sich im 13. Jahrhundert die letzten Katharer gegen die heranstürmenden Kreuzzügler. Drei dieser Burgen wollte ich mir anschauen.

Die Anlagen auf steilen Pyrenäen-Höhen gehören von der Lage her zum Extremsten, was ich bislang gesehen habe. Die berühmte Burg auf dem Montsegur war mir in diesem Fall zu weit nordöstlich.

Auf der Landkarte sehen die Entfernungen gar nicht so weit aus. Gut 110 Kilometer sind es von Carcassonne nach Peyrepertuse (der größten Burg) und Quéribus, die in Sichtweite voneinander liegen. Es gibt auch eine eigens ausgeschilderte Katharer-Route, und das Navi peilt die Burgen auch brav an.



Von Carcassonne zu den Kataharer-Burgen
Von Carcassonne zu den Kataharer-Burgen

Hier mal der Weg auf der Yahoo-Map-Karte (A=Carcassonne, B=Puilaurens, C=Peyrepertuse, D=Quéribus). Oben rechts ist Narbonne, unten rechts Perpignan.
"Straße" mit Gegenverkehr bei Gorges de Galamus
Straße mit Gegenverkehr bei Gorges de Galamus
Was dann folgte, war eine Schinderei. 110 Kilometer mit einem ungewohnten Auto (ein eigenwilliger Seat Ibiza) durchs Gebirge sind nun mal nicht so schön, wie eine Tour durch Flachland. Dann fing es natürlich an zu regnen. Brrrr.

Aber je nach Tal herrschte immer anderes Wetter. Zuweilen ist man auf Pisten unterwegs, die im sicheren Deutschland NIE-NIE-NIE für Touristen freigegeben wären, und schon gar nicht mit Gegenverkehr.

Angesichts der überhängenden Gesteinsmassen und der entgegenkommenden Wahnsinnigen empfielt es sich, reichlich religiöse Devoltionalien an Bord zu haben. Ich kam jedenfalls mehrfach arg ins Schwitzen. Das Navi hat dann zweimal versucht, über schmale Gebirgspfade abzukürzen, was jedesmal vor Schotterpisten endete.

Mein Tipp: Um himmelswillen so lange wie möglich auf der Hauptstraße bleiben, auch wenn es auf der Karte nach einem Umweg aussieht.



Burg Puilaurance
Burg Puilaurance
Ziel 1 lag glücklicherweise recht nah an der Hauptstraße: Die Ruine von Burg Puilaurens auf dem Mont Ardu. Um hinaufzukommen, muss man noch etwa 10 Minuten einen Bergpfad hinaufkraxeln. Ob hier im Katharerkrieg größere Kämpfe stattfanden, ist nicht bekannt, um 1250 fiel die Burg unter königliche Kontrolle.

Ab 1259 waren hier, an der neuen Grenze zu Aragon, 25 Bewaffnete stationiert. Interessant ist u.a. eine senkrechte Rinne, ein Sprachrohr, mit dem sich die Besatzung in unterschiedlichen Stockwerken abstimmen konnte.

Ansonsten gibt es außer dem verfallenen Bergfried und dem Turm der Weißen Dame (nein, keine Geister-Geschichte, benannt nach einer hochadeligen Durchreisenden), nur allerlei Ruinen zu sehen.

Die Aussicht ist natürlich, wie bei allen Katharerburgen, grandios.

Peyrepertuse

Nach Peyrepertuse bin ich dann, wie beschrieben auf einigen schweißtreibenden Umwegen über den Gorges de Galamus (gruselige, schmale Bergstrecke, siehe Foto weiter oben) gekommen. Eine gut ausgebaute Straße mit engen Serpentinen führt dann von Duilhac-sous-Peyrepertuse hinauf bis kurz unter den 800 Meter hohen Kalksteingipfel.

Trotz dieser Erleichterung ist die Besichtigung bei starkem Regen und Sturm nicht erlaubt. Das möchte dann aber auch keiner, denn schon an „normalen“ Tagen pfeift der Wind hier oben höllisch, und man muss immer noch ein paar Höhenmeter über einen ziemlich steilen Pfad überwinden.

Bereits die Römer haben sich im ersten Jahrhundert auf dem natürlichen, hervorragend zu verteidigenden Plateau niedergelassen. Die Burg wird dann 1070 erstmals erwähnt. 1240 wird sie französischer Besitz.

Das Bauwerk besteht aus drei getrennt eingefriedeten Bereichen. Neben dem Bergfried San Jordi findet sich hier auch eine Kapelle. Die Blöcke zum Bau der Festung wurden übrigens oben vor Ort in einem Steinbruch gewonnen.

Was wie ein unspektakuläres Ruinenfeld aussieht, wenn man mitten drin steht, bietet von unten einen spektakulären Eindruck. Wie ein hoher, weißer Schiffsbug ragt die Umfassungsmauer in den blauen, von Wolken durchzogenen Himmel des Languedoc. Die Mauern der 7000 Quadratmeter großen Anlage passen sich perfekt der zackigen Felsformation an.

Die Reste von Chateau Queribis
Die Reste von Chateau Queribis

In Sichtweite der Katharer-Feste Peyrepertuse liegt die Ruine der sagenumwobenen Burg Quéribus (laut Routenplaner beträgt die Entfernung zwischen den Anlagen ca. acht Kilometer). Quéribus war bis 1239 die nördlichste Festung des Fürstentums Aragon.

Die Burg erwies sich nach dem Fall des Montsegur als letzter Rückzugsort der Katharer.

Bis 1255 leistete der Ritter Chabert de Babiera hier den Kreuzzugs-Truppen Widerstand. Katharer, die danach nicht widerrufen wollten, wurden anschließend unterhalb der Burg verbrannt.

Die heutige Anlage mit dem mächtigen Donjon stammt zum größten Teil aus der nach-katharischen Zeit des 13. Jahrhunderts, als die Burg die französische Grenze nach Aragon schützte. Auch heute ist es hier nicht mehr weit bis zu den spanischen Nachbarn.

Burg von Carcassonne

Beim Rückweg habe ich dann dankend auf die vom Navi angezeigte „kürzeste Route“ nach Carcassonne – quer durchs Gebirge – verzichtet und bin lieber bei Perpignan auf die Autobahn gefahren (150 statt 110 Kilometer), dann nach Norden und erst bei Narbonne wieder Richtung Carcassonne eingebogen. Das hat zwar 7,50 Euro Maut gekostet, war aber völlig stressfrei.

Den nächsten Morgen habe ich dann genutzt, um die Burg in der Altstadt von Carcassonne zu besichtigen, viele Fotos zu machen (siehe extra-Beitrag) und gut zu essen. Der Wiederaufbau der alten Mauern und Tore ist wirklich sehr gut gelungen.

Vor der Burgmauer liegt übrigens ein äußerst malerischer Friedhof mit vielen alten Grabkreuzen. Vermutlich liegen dort auch einige Autofahrer, die den Gegenverkehr auf den engen Pyrenäen-Pässen nicht so ernst genommen haben.

Fotos: Burgerbe.de



4 Gedanken zu „Katharer-Burgen in den Pyrenäen: Die steinernen „Söhne von Carcassonne““

  1. wir hatten das glück und haben alle gesehn, selbst nach beendigung der öffnungszeiten kann man sie noch besichtigen;) besonders eindrucksvoll wenn der cers über die burgen pfeift;)

  2. oh je, wer sich nicht zutraut mit jedem Auto „einfach so“ zu fahren sollte vielleicht beser nicht in diese Bereiche vorstoßen? Ja, in Deutschland ist alles unter Kontrolle, Wege, Pfade, Straßen, Ampel und alles schön mit EU Schilderwald !!!Was die Wahnsinnigen angeht, verstehe ich nicht, bin dort liebend gerne mit dem Motorrad unterwegs. Leute die sich scheuen mit einem Ibiza über einen Schotterweg zu fahren, werden belächelt, da fängt der Spaß für die Otto_Normal Franzosen und Spanier erst an!

  3. Die Tour werde ich mir vielleicht im Sommer mal andsehen. Ich habe übrigens im Navi in Alpen und Pyrenäen immer kürzeste Route eingestellt – so hat man nicht mehr Stresss, sondern mehr Fahrspaß im Gebirge!

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