Die Festung Rastatt hat bei Freunden der Demokratie keinen besonders guten Ruf.
Hier war 1849 der letzte Rückzugsort der badischen Revolutionsarmee, hier endete der Traum der ersten deutschen Demokratie nach 23-tägiger Belagerung im preußischen Kartätschenhagel.
Für die Besiegten begann eine bittere Zeit in den Kasematten der eroberten Festung. Ich bin mal hingefahren, um mir die Reste anzusehen. Dummerweise sind nur noch sehr wenige Relikte dieser frühen gesamtdeutschen Festung vorhanden. Schade.
Eine Festung gegen Frankreich
Schuld, dass das 6000-Einwohner Städtchen Rastatt in Mauergürtel gezwängt und zur Bundesfestung wurde, waren letztlich die Franzosen.
Jahrelang hatten sich Preußen und Österreicher nicht einigen können, welche südwestdeutschen Städte der Deutsche Bund denn nun befestigen solle.
Österreich war eher für das ihm näher liegende Ulm, die süddeutschen Staaten und Preußen, dessen Rheinprovinz bis zur Mosel reichte, bevorzugten Rastatt.
Erst angesichts des 1841 offen gezeigten französischen Appetits auf das komplette linke Rheinufer (Rheinkrise) einigten sich die ungleichen Partner auf den Kompromiss, sowohl Rastatt als auch Ulm zu Bundesfestungen zu machen.
Die Angst vor den Franzosen, die dreieinhalb Jahrzehnte zuvor die deutschen und österreichischen Armeen spielend besiegt hatten, brachte die ungleichen Partner noch einmal zusammen.
Geplant war, dass im Krieg 2/3 der Besatzung durch das Großherzogtum Baden und 1/3 durch Österreich gestellt werden sollten. Bis zu 30.000 Soldaten sollte die Festung aufnehmen können.
Der militärische Grundgedanke war, einen französischen Angriff durch die damit verbundene Belagerung von Rastatt so lange aufzuhalten, bis die Bundestruppen sich gesammelt hatten und zum Gegenschlag ausholen konnten.
Die Festung bestand aus drei miteinander verbundene Forts, der Leopold-, Ludwig- und Friedrichfeste. Dazwischen befanden sich 47 kleinere Festungswerke. Darunter lagen ausgedehnte Kasematten, davor die mächtigen Festungsgräben.
1848: Die Festung ist bereit
1842 begannen die Arbeiten, die bis zur Revolution 1848 weitgehend abgeschlossen waren. Der Historische Verein Rastatt schreibt:
„Anfang des Jahres 1848 waren die Wälle mit 922 Kasematten verteidigungsbereit, die sechs Meter hohe Festungsmauer zählte 649 Kanonen- und 7680 Gewehrscharten. 92 Pulvermagazine sowie 144 weitere Spezialkasematten waren vorhanden.“
Der Südwesten machte nach dem Ende des Paulskirchen-Parlaments von sich reden. Nachdem Demokratie und Verfassung in Gesamtdeutschland gescheitert waren, versuchten die Revolutionäre, wenigstens in Sachsen, der Pfalz, Württemberg und Baden die Idee der Republik umzusetzen (Reichsverfassungskampagne).
Sie hatten vor allem in Baden starken Rückhalt in der Bevölkerung, und auch die badischen Truppen liefen zur Revolutionsarmee über.
Im Mai meuterte auch die Garnison der Festung Rastatt. Großherzog Leopold floh drei Tage später nach Koblenz.
Unter dem gemäßigen Liberalen Lorenz Brentano bildete sich daraufhin im Juni eine provisorische Regierung, die sofort in Konflikt mit den entschiedeneren Revolutionären um Gustav Struve geriet.
Die Preußen reagieren mit dem Einmarsch ihrer in Württemberg stehenden Truppen nach Baden.
In den ersten Gefechten kann sich das Revolutionsheer behaupten. Der Berufsoffizier Gustav Tiedemann wurde in dieser Zeit Kommandant der Festung Rastatt.Doch lange können sich die badischen Revolutionäre nicht gegen die Preußen halten.
Ein Teil der Truppen flieht in die Schweiz, ein anderer zieht sich nach Rastatt zurück und wird hier eingeschlossen.
Drei Wochen lange Belagerung
Drei Wochen dauerte die nun folgende Belagerung. Die Preußen unter dem Kartätschenprinzen, dem späteren Kaiser Wilhelm I., erhitzten Kanonenkugeln und schossen mit diesen die Stadt in Brand. Am 23. Juli 1849 kapitulierte die Festung. Tiedemann hätte sie lieber gesprengt.
Die Preußen reagierten mit drakonischen Strafen. Die Anführer der Revolutionsarmee wurden per Standgericht abgeurteilt und 19 Mann – einschließlich Tiedemann – in den Festungsgräben erschossen.
Die Besatzung aus mehreren tausend Mann wurde in den feuchten Katakomben eingekerkert, was viele nicht überlebten.
Einigen, wie dem späteren US-Innenminister Carl Schurz gelang allerdings auch die Flucht (in diesem Fall durch die Kanalisation der Festung).
Nach der Annektion von Elsass-Lothringen war die strategische Bedeutung der Festung dahin, 1890 wurde sie aufgegeben.
Eine gute Nachricht für die Raststatter, die im Industriezeitalter dringend Platz und Baumaterial brauchten. Der Versailler Vertrag sah dann 1919 vor, dass auch die letzten Reste der Festung geschleift werden mussten.
Möglich: Kasematten besichtigen
Oberirdisch ist von der Festung daher nur noch sehr wenig geblieben: Das Festungslazarett, eine verfallene Flankenbatterie, ein paar Tore und ein stählernes Ausfalltor.
Mehr sieht man unter der Erde. Heute kann man beispielsweise die Kasematten der Contreescarpegalerie besichtigen und die der Bastion 27.
Seit 1899 erinnert in Rastatt ein von Sozialdemokraten errichtetes Denkmal an die erschossenen Freiheitskämpfer. Zitat aus der Inschrift:
„Den Opfern des Unverstands und der Willkür.
Den Kämpfern für Freiheit und Recht.
Den Toten die Lebenden.“
Links: Festung Rastatt bei Wikipedia. Ausführliche Infos inklusive historischer Fotos und Termine zur Besichtigung bestimmter Kasematten finden sich auf den Seiten des Historischen Vereins Rastatt.
Hier mal ein elfminütiger Überblick über das Revolutionsjahr 1848 aus der TV-Reihe „Die Deutschen“:
Die Festug kann man noch Heute besichtigen.
Es ist sehr interesstant und auch für Schulklassen sehr geeignet
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