Ruine Burg Wertheim: Wo eine weiße Flagge den Krieg beendete




Während Touristen busladungsweise zum Heidelberger Schloss oder dem bayerischen Disneyland-Schlösschen Neuschwanstein gekarrt werden, sind diverse Anlagen, die einen ähnlichen Charme haben, außerhalb des eigenen Dunstkreises weitgehend unbekannt.

Wer ausser den Wertheimern kennt etwa die Burg Wertheim? Dabei kann sich diese, was Lage und Aussehen angeht, durchaus mit Heidelberg messen. Ich möchte daher eine Lanze für Wertheim brechen. Ich bin auch nur darauf aufmerksam geworden, weil ich den Tick habe, den Sehenswürdigkeiten-Schildern an den Autobahnen zu folgen (sofern es sich um Burgen handelt).

Die Ruine der Burg am Zusammenfluss von Main und Tauber sieht schon von weitem beeindruckend aus. Sie krönt (ja, das Verb passt hier mal) die malerische Altstadt von Wertheim, das mit allerlei herausgeputzten Fachwerkhäusern glänzt.

Einziger Nachteil: Man muss rauf laufen. Oder Treppen steigen. Und es sind viiiiele Treppen, wie man auf dem Foto ganz gut sieht. Die örtliche Politik hatte daher im Sommer 2008 den Weg für den 1,3 Millionen Euro teuren Bau eines Schrägaufzugs frei gemacht. Ich halte das ja für komplett idiotisch, da

a) ein Shuttlebus es auch tun würde, nur billiger.

b) die Besucherzahlen mir eher mager erscheinen, was auch ein aufwendiger Schrägaufzug eher nicht ändern würde. Ein Teil des Geldes wäre in einer überörtlichen Werbekampagne für die Burg besser aufgehoben.

c) so ein Ding einen erheblichen Einschnitt in die Landschaft bedeutet.

Die Bürgerinitiative Pro Wertheim sah das auch so und sammelte 4400 Unterschriften zur Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen den Aufzug-Bau. Die Politik bekam daraufhin kalte Füße und nahm den eigenen Aufzug-Beschluss im Dezember erstmal wieder zurück. Jetzt wird neu geplant…

Als ich also schweißgebadet oben ankam, hat mich erstmal die kolossale Aussicht mitgenommen. Toll! Man kann auch auf die Türme klettern und dann Ruine, Stadt und Main-/Taubertal überblicken.

Die ersten Befestigungen, wahrscheinlich eine Turmhügelburg, stammt aus dem frühen 12. Jahrhundert. Ab etwa 1100 muss der 25 Meter hohe staufische Bergfried entstanden sein.

Die Stelle an der Mündung der Tauber in den Rhein war als Zollstation finanziell ertragreich. 1132 tauchen die Grafen von Wertheim in der Geschichte auf. Dies waren kulturbeflissene Leute, die auch gute Beziehungen zum Dichter und Minnesänger Wolfram von Eschenbach pflegten, dem die Aussicht von der Burg Wertheim bestimmt auch gefallen hat.

1235 bis 1240 ließ sich Graf Beppo II. hier eine standesgemäße Burg errichten, deren Überreste zum Teil heute noch sichtbar sind (z.B. in einer dreiteiligen Fenstergruppe am Palas). Mitte des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts wurde die Anlage weiter ausgebaut.



1556 stirbt das Grafengeschlecht mit Michael III. aus. Burg und Ort fallen an Graf Ludwig von Stolberg-Königstein. Der lässt erstmal im Renaissance-Stil umbauen und nochmals erweitern. Dabei entsteht als Verbindung zweier Gebäude der Achteckturm, die so genannte Schnecke (Foto links), der heute noch das Wappen der Familien Stolberg-Wertheim und Wied-Runkel trägt.

Nach dem Tod von Ludwig streiten sich die Erben die nächsten 20 Jahre um die Herrschaft. Schließlich setzt sich Ludwig III. von Löwenstein. Er errichtet in den kommenden Jahren den Löwensteiner Bau.

Es ist eine turbulente Zeit. Und die mächtige, durch massive Mauern mit der Stadtmauer verbundene Burg liegt an der Grenze der Territorien von Protestantischer Union und katholischer Liga. Auch die Zweige der fürstlichen Familien reichen in beide Lager hinein.

1619 explodiert ein Pulvermagazin und zerstört Teile der Anlage. Auch der Löwensteiner Bau wird beschädigt und muss bis 1627 wieder errichtet werden.

Natürlich wird ein Ort wie Wertheim in den Strudel des Dreißigjährigen Krieges hineingerissen. 1631 besetzen die Schweden die Burg. Eine Belagerung mitsamt schwerem Bombardement zwingt sie 1634 zum Rückzug. Dabei wird die Burg stark beschädigt. 1647 sind die Schweden erneut da und besetzen Ort und Burg.

Noch im Jahr des Westfälischen Friedens 1648 rannte ein bayerisches Regiment gegen die schwedische Besatzung an. Die Schweden konnten sich allerdings bis zum Friedensschluss halten. Lediglich die Burg wurde durch den Angriff weiter lädiert. Am Ende des Krieges war die einst stolze Burg eine traurige Ruine. 1668 stürzte ein mittelalterlicher Torturm ein.

Die Zeiten überdauert hat das äußere Burgtor mit seinen beiden Hauben-Türmen. Es wurde 1742 bis 1745 zum Archiv umgebaut. Erst um 1900 fällt den Wertheimern auf, welches historisches Erbe da über ihren Köpfen thront – und sie beginnen die Ruine zu sichern. Der Weiße Turm wurde etwa wieder aufgebaut, zum Teil mit Fachwerk-Fassade.

Die weithin sichtbare Lage der Burg nutzen dann am 1. April 1945 Heinrich Herz und Anton Dinkel, die vom Bergfried aus die Weiße Fahne schwenkten und den heranrückenden Amerikanern so die kampflose Übergabe von Wertheim signalisierten.

Sie konnten tatsächlich Altstadt und Burg vor Beschuss retten und wurden auch nicht von den eigenen Leuten umgebracht. Die beiden mutigen Bürger konnten den Wiederaufbau miterleben – sie starben erst wenige Jahre vor der Jahrtausendwende. Heute erinnert eine 2005 angebrachte Tafel an die beiden.

Seit 1982 wird wieder saniert, 1995 kaufte das Land Baden-Württemberg den adeligen Besitzern die Burgruine ab. Heute kann das Gelände von Burg Wertheim (zum Teil gegen 50 Cent Eintritt) besichtigt werden. Auf dem Burggelände befindet sich heute ein Restaurant. Im Weißen Turm kann man sich trauen lassen.

Links: Wikipedia-Eintrag. Eine Chronik findet sich bei Burgenwelt.org. Eine empfehlenswert-ausführliche Beschreibung der Ruine steht bei Burgenarchiv.de. Eine Übersicht über die historischen Sehenswürdigkeiten der Wertheimer Altstadt gibt es hier. Einen professionell aufbereiteten deutsch-englischen Burgführer als PDF (stand 2015) kann man hier herunterladen.

Lage: Burg Wertheim, Schlossgasse 11, 97877 Wertheim

Fotos von Burg Wertheim: Meine (zum Vergrößern anklicken)






11 Gedanken zu „Ruine Burg Wertheim: Wo eine weiße Flagge den Krieg beendete“

  1. Das was hier beschrieben wurde ist zum Teil völliger Schwachsinn, zum Tiel aber auch nicht.
    Für alle die es genau wissen wollen:
    Die Wertheimer Website besuchen!

  2. hi
    Ihr könnt entweder mit der Gecko-Bahn fahren(eine Bahn die halbstündlich zur Burg fährt)
    oder ihr nehmt den Weg der schon von Paul beschrieben wurde.

  3. Zufällig fanden wir Wertheim mit diesem Burgjuwel. Die Stufen sind harmlos, die unsportliche Martina hatte mit ihnen keine Schwierigkeiten. Die riesige Anlage ist faszinierend, vor allem wehrtechnisch! (Steinbruch als Verteidigungsgraben?) Die ursprüngliche Fassade mit den Dreipaßfenstern muß wunderschön gewesen sein, man sieht, wie sie später vermurkst wurde. Wie es auch heute üblich ist. Die Beschriftung ist sehr gut, es fehlt eine Information über die Geschichte. – Laßt den Schrägaufzug sein, Ihr Geldgierigen!

  4. Danke für den gut recherchierten Artikel zu „unserer“ Ruine (aus der man erst mal durch Maßnahmen am Bau mehr machen sollte – allerdings nicht durch Politikerhand, da müssen Fachleute ran).

  5. man will einen aufzug bauen? das wäre eine verschandelung der burgumgebung. da würde ich auch gegen an gehen. wünsch euch viel glück klaus.

  6. Eine Bürgerinitiative hat am 29.=8.2008 Die Sammlung von 4433 Unterschriften für ein Bürgerbegehren übergeben.Benötigt waren „nur“ 1848 Unterschriften. Damit wollen die Bürger einen Bürgerentscheid oder die Rücknahme des Beschusses zum Bau eines Schrägaufzuges herbeiführen. Es ist erstaunlich, wie Besucher über alle Möglichkeiten eines Aufstiegs zur Burg informiert sind. Nur unsere Gemeinderäte nicht.

  7. Und noch eine Alternative, für alle, die nicht so gut zu Fuss unterwegs sind: Wenn man mit dem Fahrzeug nach Hofgarten reinfährt und dort parkt kann man über einen geschotterten Waldweg nahezu ohne Höhenanstieg bis zur Burg laufen. Leider (unverständlicherweise) ist dieser Weg nicht beschildert, jeder Einheimische kennt ihn aber, also einfach fragen.
    Alternative: Für 2,50€ Pro Person fahren auch die Wertheimer Taxis zur Burg.

  8. Die im Bild gezeigte Treppe ist aber nur der beschwerlichere „Hintereingang“ aus Richtung Rathaus. Von der Stiftskirche oder dem Grafschaftsmuseum aus ist man auf steilem, aber gepflastertem Weg in zehn Minuten oben, mit Verschnaufpausen 15 Minuten.

  9. *lach* meine maus würde einen schreikrampf bekommen, wenn sie die treppen sieht 🙂
    auf alle fälle danke für den tipp. diese burg werde ich mir auf alle fälle merken 🙂

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