Das Spiegelbild von Burg Vischering



Burg Vischering, richtig herum / Fotos: Burgerbe.de
Burg Vischering, richtig herum / Fotos: Burgerbe.de

Die Geschichte von Burg Vischering begann mit einem Streit. Der war zwischen dem Fürstbischof von Münster und den Herren von Lüdinghausen ausgebrochen.

Die Lüdinghausener hatten eine Burg errichtet, da zog Bischof Gerhard von der Mark im Jahr 1271 nach. Und zwar ziemlich gründlich.

In einer Schwemmland-Senke wurden lange, angespitzte Pfähle ins Erdreich getrieben, die als Fundament der Mauern und Gebäude dienten. Zum Schutz der Anlage ließ der Geistliche anschließend die Stever in Kanälen um die Rundburg und die Vorburg herumleiten (ein so genanntes Gräften-System).


vischering2.jpgDiese Art des Burgenbaus war damals hochmodern und erst seit dem 13. Jahrhundert technisch überhaupt möglich.

So entstand eine Festung des in Westfalen verbreiteten Zwei-Insel-Typs. Der einzige Zugang zur Hauptburg führte über die mit einem Vorwerk gesicherte Vorburg.

Eine ganz schön wehrhafte Anlage also, überragt von einem mittlerweile verschwundenen Bergfried.

Heute gibt die gut erhaltene Burg einen einigermaßen realistischen – und äußerst fotogenen – Eindruck davon, wie mittelalterliche Wasserburgen ausgesehen haben, die nicht in Renaissance-Märchenschlösschen umgemodelt worden sind.

In der ursprünglichen Burg gab es allerdings weniger Fenster. In der Mauer herrschten dafür Schießscharten vor.

Die Burg war Sitz fürstbischöflicher Verwaltungsbeamten, so genannter Droste. Als ersten Drosten ließ der Bischof aus Dülmen Albert von Wulfhein kommen. Die Familie nahm bald den Namen der Burg an.

vischering3.jpgAls Droste zu Vischering wurden sie in den kommenden Jahren zum bedeutendsten Geschlecht des westfälischen Landadels. Clemens August Droste zu Vischering war von 1835 bis 1845 sogar Erzbischof von Köln.

1521 brannte die Burg fast völlig nieder (leider auch ihr Archiv). Auf den alten Fundamenten und mit Hilfe der alten Steine wurde sie wieder als Rundburg errichtet.

Im Stil der Zeit baute man einen Erker und Fenster ein. Gräften und Zugbrücke blieben erhalten. Die Burg besteht aus münsterländischem, blassgelbem Baumberger- und dunklem Schwartensandstein.

Aus der spartanischen Verteidigungsanlage wurde eine Wohnburg. Um im Südflügel einen großen, rechteckigen Saal zu bekommen, brachen die Baumeister (bis 1571) aus der streng runden Burgform aus. 1580 kam der achteckige Treppenturm hinzu, der die Burg heute leicht überragt.

Hier mal ein Video-Rundblick:

Während des Dreißigjährigen Krieges plünderten 1633 hessische Truppen die Anlage und besetzen sie. Auf dem Turm platzierten die Kriegsleute eine Kanone, um Angreifer außerhalb des Wassergrabens unter Feuer zu nehmen.

Die Hessen legten der Lüdinghausener Bevölkerung hohe Abgaben auf und fielen im Umland durch ihre Raubzüge ausgesprochen lästig. Im Winter 1633/34 beauftragte daraufhin das Münsteraner Domkapitel den Feldherrn Alexander von Velen mit einer Kommandoaktion.


Die Gelegenheit war günstig: Im Februar 1634 waren die Gräfte zugefroren. Die Burg konnte trockenen Fußes erreicht werden. Zudem herrschte gerade starker Nebel. Eine Insel des Komplexes konnte im Sturm genommen werden.

Die Angreifer konnten sich in Schussweite der sich beharrlich wehrenden Hessen eingraben und Teile der Mauern sprengen. Die Kanone auf dem Turm konnte nicht viel gegen die Angreifer ausrichten. Vier Tage dauerte das Gefecht.

Entschieden wurde der Kampf schließlich durch eine Sprengladung, die die Angreifer am Haupttor anbringen und zünden konnten. Die Hessen hatten die Bretter der Brücke entfernt, und das Eis an dieser Stelle trug nicht. Daher fiel der direkte Weg aus.

Von Velens Söldner balancierten also mit ihrer explosiven Ladung von Brückenpfosten zu Brückenpfosten. Damit war das Schicksal der Hessen auf der Burg besiegelt.

vischering4.jpg1681 zogen die Drosten zu Vischering ins Barock-Wasserschloss Darfeld um. Die unmodern gewordene Burg Vischering wurde durch einen Rentmeister verwaltet und weitgehend ignoriert, aber nie zur Ruine.

Vor der Burg befanden sich ursprünglich zwei Mühlen. Die Ölmühle wurde im 19. Jahrhundert abgerissen, die Getreidemühle fiel 1942 einem Luftangriff zum Opfer.


Nach dem Krieg und 1972 wurde die Burg restauriert. Dabei wurden auch Reste des Bergfrieds im Burghof entdeckt. Heute beherbergt die Burg das Münsterlandmuseum. Burg Vischering ist übrigens nur eine von rund 100 Wasserburgen im Münsterland.

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Im dortigen Erdgeschoss findet sich eine kindgerechte Ausstellung zum Thema Ritter & Co. mit vielen Exponaten zum Anfassen. Zum Beispiel mit einem Topfhelm…

Prunkstück ist jedoch das so genannte Halsband des Lambert von Oer. Mit diesem eisernen Halsband, das auch noch Dornen an der Innenseite trägt, sollte der starrköpfige Ritter von Oer (80) zum Einlenken in einem Erbschaftsstreit gezwungen werden.

Es klappte nicht. Der Konflikt mündete statt dessen in eine blutige Fehde. Was sich erhielt, war das aufgebrochene Halsband. Und das liegt heute in einer eigenen Vitrine…

Auch zu sehen ist ein dickes, eisenbeschlagenes Schatzfass. Noch einmal sollten Urkunden und Wertgegenstände nicht vernichtet werden, daher hob man sie in diesem Behältnis auf, das durch eine Falltür in den Keller verfrachtet werden konnte.

Notfalls konnte man es sogar an einer Kette in den Burggraben hinablassen. So eine Art äußerst vielseitiger, versenkbarer Tresor.

Burgen-Tipp zum Weiterreisen: Wer schon mal im Münsterland ist, könnte sich auch gleich noch das 37 Kilometer entfernte Wasserschloss Lembeck anschauen.

Links:
Burg Vischering bei Kreis-Coesfeld.de. Es gibt auch einen Wikipedia-Eintrag. Burgenwelt.de hat eine Zeittafel zur Burggeschichte.

Lage: Burg Vischering mit Münsterlandmuseum, Berenbrock 1, 59348 Lüdinghausen

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Fotos: Burgerbe.de