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Bachritterburg Kanzach: Neubau in Schwaben




Die Bachritterburg am Ortsrand von Kanzach / Foto: Wikipedia / Frank Sautter
Die Bachritterburg am Ortsrand von Kanzach / Foto: Wikipedia / Frank Sautter / CC BY 3.0 DE
Die Zeit des Burgenbaus ist längst nicht vorbei. Dank diverser Fördertöpfe schießen hier und da plötzlich mittelalterliche Burgtürme aus dem Boden – und werden zu beliebten Touristenattraktionen. Natürlich ist der Bau einer kompletten Verteidigungsanlage aus Stein wie in Guèdeleon oder Friesach wahnsinnig aufwendig – demgegenüber ist der Eigenanteil an einer Holzburg selbst für Kleingemeinden locker zu stemmen.

Beispiel: Das schwäbische Kanzach am Federsee. Hier stand bis 1392 die hölzerne Turmhügelburg der Herren von Pflummern, genannt die Bachritter. Örtliche Bürger waren mit dem herausfordernden Benehmen der Adeligen nicht ganz einverstanden und äscherten die Anlage ein.

1998 konnte Karl Banghard, damaliger Bauleiter des Steinzeitdorfs Bad Buchau, den Gemeinderat und den Bürgermeister des 480-Einwohner-Fleckens dafür begeistern, die sogenannte Bachritterburg mitsamt Vorburg und Wirtschaftsgebäuden neu zu errichten. Und zwar als historisch möglichst genaue Kopie – komplett auf Holz. Kosten sollte das Ganze zwei Millionen Euro.

Glücklicherweise übernahmen die EU 70 Prozent und das Land Baden-Württemberg weitere 15 Prozent. Die restlichen 15 Prozent zahlte das Dorf – einen Teil leisteten die Kanzacher selbst in Form von Arbeitsstunden ab.

Ein Förderverein („Freunde der Bachritterburg“) mit 200 Mitgliedern unterstützt das Projekt. Im Juni 2004 wurde die Einweihung mit einem Mittelalterspektakel gefeiert.

Inzwischen kommen jährlich rund 20.000 Besucher, um die Burg zu sehen. Diverse Mittelaltergruppen schlagen hier gerne ihr Lager auf und zeigen Kunsthandwerk und Schaukämpfe: Alles in allem eine enorme Bereicherung der örtlichen Kultur.

Zumindest ist der aktuelle Trend zur Holzburg historisch erheblich genauer als das, was bei der vorherigen Burgenbau-Welle im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts geschah.

Spleenige Millionäre mit unterbeschäftigten Gattinen ließen sich damals türmchenreiche neugotische „Ritterburgen“ in kunstvoll designte Gartenlandschaften klotzen und träumten vom edlen Schlossherrenleben…



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Und hier geht’s zu einem langen Artikel der Schwäbischen Zeitung über Burg Kanzach: „Wie Kanzach mit EU-Geld zu seiner Burg kam

Die Bachritterburg hat auch eine Homepage.

Hier ein paar Bilder der Bachritterburg Kanzach bei YouTube:




Wie die Herner Motte ins Sauerland kam




Wie frisch aus dem Baumarkt; Deutscher Motten-Nachbau in Herne 2010
Wie frisch aus dem Baumarkt: Motten-Nachbau in Herne 2010 / Foto: Burgerbe.de
Der Bau einer mittelalterlichen Holzburg für 350.000 Euro war eines der aufwendigsten Projekte  zur Ausstellung “Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen” im Jahr 2010 im Ruhrgebiet.

Wochenlang reckte sich auf einem kleinen Hügel vor dem LWL-Museum für Archäologie in Herne ein nagelneuer, originalgroßer hölzerner Burgturm mit Palisade in den wolkigen Himmel, eine sogenannte Motte.

Tausende besuchten die „Holzburg wie im Mittelalter“ und schauten von oben über das eher triste Herner Zentrum.

Nach Ende der Ausstellung stellte sich natürlich die Frage, wohin mit dem akkurat gezimmerten, 22 Meter hohen Bauwerk (bei dem auch das Stille Örtchen in Form eines Erkers nicht vergessen worden war).
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Wiederaufbau: Alte Burg Rotenhain ist wieder wie neu




Luftbild der wiederaufgebauten Alten Burg Rotenhain / Foto: Wikipedia/Redqueenchamber/Lizenz: Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication.
Luftbild der wiederaufgebauten Alten Burg Rotenhain / Foto: Wikipedia/Redqueenchamber / gemeinfrei
Burgen und Schlösser aus Ruinen wieder aufzubauen, war im 19. Jahrhundert in preußischen Landen groß in Mode. Heute passiert so etwas nur noch sehr selten. Die Alte Burg Rotenhain im Westerwald ist (neben Schloss Herrenhausen) so ein Beispiel.

Von der recht kleinen Motte (Turmhügelburg, in diesem Fall 15 x 16 Meter groß) aus der Mitte des 13. Jahrhunderts waren nur noch die Grundmauern geblieben, die zwischen 1997 und 2000 ausgegraben wurden. Kaum waren die ersten Mauern der Zollburg freigelegt, gründete sich der Verein Historica-Rotenhain.
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Bauen wie im Mittelalter: Die Motte von Guédelon




Die Motte von Guedelon
Die Motte von Guédelon
Vorgängerbauten vieler Burgen waren so genannte Motten: Das sind Holztürme, die geschützt von Graben und Palisaden zumindest einen rudimentären Schutz gegen mögliche Angreifer boten. Erhalten halten hat sich von den Holzkonstruktionen nur wenig: Die Motten wurden entweder abgerissen und durch steinerne Burgen ersetzt oder verfielen nach wenigen Jahrzehnten ganz von alleine.

Beim französischen Burgenbauprojekt Guédelon (Burgund) wird der Nachbau einer solchen Motte gezeigt. Er entstand parallel zu den Anfängen des dortigen Burgenbaus. Das ist auch aus historischer Sicht logisch, schließlich konnte die Motte so als Fluchtburg der Bauarbeiter und Burgbewohner dienen, bevor die Steinburg verteidigungsfähig war.

Die Guédelon-Motte ist wie die historischen Vorbilder von einer Holzpalisade umgeben und entstand – wie fast alles bei Guédelon – in Handarbeit. Oben bietet sie eine Verteidigungsplattform, die für Besucher leider nicht zugänglich ist.
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Frühe Burgen als Schutz vor den Nachbarn mit der Streitaxt


Die Axt von Mammen / Bild: Wikipedia/Stefan Bollmann / Foto oben: Bewaffnung eines fränkischen Fürsten der Merowingerzeit: Spatha, Sax, Franziska, Spangenhelm und Schildbuckel / gemeinfrei

Der Zusammenbruch des Römischen Reichs war eine ziemlich unangenehme Zeit. Plündernde Horden raub- und landgieriger Barbaren durchstreiften die verhältnismäßig wohlhabenden Gebiete Westeuropas, die Jahrhunderte lang unter der mehr oder weniger stabilen Pax Romana gelebt hatten.

Städte waren gezwungen, in Windeseile Mauern zu errichten und sich mit dem jeweiligen Warlord – suboptimale Tischmanieren hin oder her – zu arrangieren.

In Skandinavien sind in dieser Zeit (zwischen den Jahren 400 und 600) zwei Entwicklungen zu beobachten: Gehöfte auf Hügeln werden mit Steinwällen zu Ringwallanlagen befestigt und so zu frühmittelalterlichen Burg-Vorläufern – und die Streitaxt kommt in Mode.
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