Burg Pfalzgrafenstein: Zollfeste des gebannten Kaisers


Zollburg Pfalzgrafenstein im Rhein: Die Spitze steht gegen die Strömung / Fotos: Burgerbe.de
„Zoll ist toll“, dachte sich Ludwig der Bayer und ließ 1326 auf der Rheininsel Felsenau bei Kaub einen stolze 36 Meter hohen, fünfeckigen Wehrturm mitsamt unterirdischem Verlies errichten: Eine Zollstation an einer Engstelle des Flusses.

Die eigenwillige Form des Turms mit einer Spitze in Richtung der Strömung sollte gegen den Eisgang schützen.

Der Bau sorgte für mächtig Ärger, denn bislang war die Zolleinnahme auf dem Rhein ausschließlich Sache geistlicher Fürsten gewesen.

Und die Bischöfe in Köln, Mainz und Trier waren entsprechend sauer, dass jetzt auch der Bayer seine Hand nach den Händler-Devisen ausstreckte.

Da der Wittelsbacher sich auch noch als rechtmäßigen Deutschen König sah, ohne das mit dem Papst abzusprechen, flatterte dem Bayern 1324 die Exkommunikation ins Haus.

Burgbesatzung: 20 Zöllner

Wegen der nun anbrechenden schwierigen Zeit ließ Ludwig seine Stützpunkte verstärken. Die Zollstation erhielt zwischen 1339 bis 1342 eine zwölf Meter hohe Mauer.

Die 20 Zöllner, die auf Pfalzgrafenstein Dienst taten (aber nicht auf der Burg lebten, dort gibt’s nur die Kommandantenwohnung) kamen frühmorgens per Kahn hinüber.

Aussicht von Pfalzgrafenstein
Ihre Aufgabe war es, nach Kähnen Ausschau zu halten und bei deren Sichtung die Turmglocke zu läuten: Als Signal für den Schiffer, dass es nun ans Bezahlen ging.

Versuchte ein säumiger Zahler an der Burg vorbeischippern, traten Katapulte in Aktion.

Ludwig ließ übrigens trotz Kirchenbann von seiner Politik nicht ab. 1328 ließ er sich sogar ohne Papst in Rom zum Kaiser krönen und starb gebannt 1347.

Die Kirchenbürokratie grollte dem Pfalzgrafenstein-Erbauer noch ein paar Jahrhunderte lang, hob den Bann aber schließlich 1625 auf.

Die heutige Form erhielt Pfalzgrafenstein durch diverse Erweiterungen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kamen Ecktürme hinzu. Nach 1606 erhielt die der Strömung zugewandte Mauer eine mit Eisenbeschlägen verstärkte Spitze, nachdem Eisgang die Mauer immer wieder beschädigt hatte.

Dadurch sieht die Burg heute wie ein steinernes Schiff mitten im Rhein aus. Im oberen Teil des „Schiffsbugs“ entstand eine Kanonenplattform als Ersatz für die Katapulte.



Ab 1714 mit barocker Turmhaube

Blick in den Innenhof
Blick in den Innenhof
Die charakteristischen, schwarzen „Auslugerker“ aus Holz kamen nach dem Dreißigjährigen Krieg, 1658, hinzu. 1714 wurde schließlich die barocke Turmhaube fertiggestellt.

Das neun Meter tiefe Verlies, dessen Einstiegsluke gezeigt wird, hatte natürlich ein Grundwasserproblem, das die Burgherren auf eine ziemlich einzigartige Weise lösten.

Der Gefangene wurde kurzerhand auf ein Floß abgeseilt, das mit dem Wasserstand stieg und sank. Sicher eine reichlich nasskalte und schwankende Angelegenheit in völliger Finsternis.

Die Rheinfestung brachte ihren Besitzern Einnahmen und Sicherheit: Sie wurde nie erobert.

Als Napoleon 1803 die Pfalzgrafschaft bei Rhein auflöste, fiel die Burg an das Herzogtum Nassau. Das prächtige Wittelsbacher Löwenwappen an der Burgmauer ließen die Nassauer netterweise hängen.

Heute hängt dort eine Replik. Das Original ist im Museum in Wiesbaden.

Rückendeckung für Blücher

So kennt man Pfalzgrafenstein: links ist die wieder aufgebaute Ruine von Burg Gutenfels zu sehen. / Foto: Burgerbe.de

In den Fokus der Geschichte geriet die Burg noch einmal in den Befreiungskriegen: Im Winter 1813/14 besetzten preußische Soldaten die Burg, um den Rheinübergang der Truppen von Marschall Blücher zu sichern.

Der hatte 20.000 Soldaten dabei und war dem flüchtenden Napoleon auf den Fersen.

Gut ein halbes Jahrhundert später kamen die preußischen Soldaten erneut und übernahmen die Burg. Als Zollstation diente Pfalzgrafenstein schließlich noch bis 1876 – bis in die 1960er Jahre war die Burg noch Signalstation für Rheinschiffer. Seit 1946 ist sie im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz.

Ich erinnere mich noch gut daran, die Burg (und den nahen Binger Mäuseturm) in den 1970er Jahren vom Zugfenster aus vorbeirauschen gesehen zu haben.

Vor dem Bau der ICE-Schnellstrecke Köln-Frankfurt schob sich ja der gesamte Zugverkehr durchs enge Rheintal – nur wenige Meter vom Wasser entfernt.

Seilwinde ins Verlies
Seilwinde ins Verlies
Dieser Weg dauerte zwar deutlich länger als die heutige ICE-Strecke, war aber wesentlich malerischer – und hat wahrscheinlich einen guten Teil zum Mittelrhein-Tourismus beigetragen.

Heute wird man mit einem kleinen Boot hinübergesetzt und kann die Burg in aller Ruhe anhand von laminierten Schautafeln erkunden, die am Ausgang wieder abzugeben sind. Der Ausblick aus den Erkern auf Rhein und Rheintal an klaren, sonnigen Tagen ist fantastisch.

Zoll an irgendwelche Bayern muss glücklicherweise niemand mehr bezahlen.

In Sichtweite, hoch über dem Rhein, liegt die Staufer-Burg Gutenfels (Schlosshotel bis 2006), die leider nicht mehr öffentlich zugänglich ist.

Adresse: Zollburg Pfalzgrafenstein, 56349 Kaub.
Die Fähre zur Burg legt vom Ufer Kaub (Nordufer) ab.

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