3D-Modell zeigt Heidelberger Schloss vor der Zerstörung



Prächtige Residenz: Rekonstruktion des Heidelberger Schlosses um 1683 / Bild oben: Der Schlosshof (Bilder: KIT)
Prächtige Residenz: Rekonstruktion des Heidelberger Schlosses um 1683 / Bild oben: Der Schlosshof (Bilder: KIT)
Das Heidelberger Schloss hoch über dem Neckar ist wohl Deutschlands malerischste Ruine. Aber wie sah der herrschaftliche Bau vor der Sprengung durch französische Truppen im Jahr 1693 genau aus?

Davon künden heute nur noch einige alte Bilder – und eine ausgedehnte Ruinenlandschaft.

Zehn Jahre vor der Zerstörung

Der angehende Architektur-Professor Dr. Julian Hanschke vom Institut für Kunst- und Baugeschichte des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat sich jetzt per Computer an eine dreidimensionale Rekonstruktion des Schlosskomplexes der mächtigen Pfalzgrafen bei Rhein gewagt.
Seine Arbeit zeigt nun einen Blick in den Schlosshof im Jahr 1683 – zehn Jahre vor den verheerenden Sprengungen durch die Truppen des Sonnenkönigs.




Der gewaltige Schlosskomplex nimmt drei Gigabyte Speicherplatz ein (Bild: KIT)
Der gewaltige Schlosskomplex nimmt drei Gigabyte Speicherplatz ein (Bild: KIT)

Der Besucher der Simulation kann nun den einst wuchtigen, dann zur Hälfte weggesprengten Dicken Turm besteigen, unter den Kreuzgratgewölben des Kaisersaals im Ottheinrichbau herumspazieren.

Und er hat die Möglichkeit, den opulenten Figurenschmuck an der Fassade des an einen venezianischen Palazzo erinnernden Friedrichsbau betrachten oder den 360-Grad-Blick durch den Schlosshof im Jahre 1683 schweifen lassen.

Heidelberger Schloss: Der gesprengte Krautturm, auch Pulverturm genannt.
Heidelberger Schloss: Der gesprengte Krautturm, auch Pulverturm genannt.

Für seine Rekonstruktion musste der Architekturhistoriker anhand historischer Pläne, Kupferstiche und Zeichnungen jedes Detail am Rechner nachmodellieren.

„Es ist nicht so, dass man einfach ein paar Bilder scannt, und der Rechner erledigt den Rest“, erklärt Dr. Hanschke. Zwar ähnelt sich die Arbeitsweise der Erbauer imaginärer Spielwelten wie etwa bei Call of Duty der des Architektur-Historikers in gewisser Weise.

Allerdings sei eine solche Rekonstruktion keine Fantasiewelt, sondern ein wissenschaftlich akkurater Nachbau, der bis in die kleinste Einzelheit auf historischen Quellen fuße, betont Dr. Hanschke.

Wobei die Auflösung so gut ist, dass Dr. Hanschkes Heidelberger Schloss durchaus als Hintergrund für einen historischen Ego-Shooter dienen könnte.

Drei Gigabyte an Rekonstruktions-Daten

Bei der digitalen Rekonstruktion fallen naturgemäß riesige Datenmengen an: Der sich über 270 x 280 Meter ausdehnende Gebäudekomplex nimmt als Modell auf der Festplatte rund drei Gigabyte an Speicherplatz ein.



Schrift von 1693: Nachrichten von der Zerstörung des Schlosses verbreiteten sich in Windeseie / Bild: gemeinfrei
Schrift von 1693: Nachrichten von der Zerstörung des Schlosses verbreiteten sich in Windeseie / Bild: gemeinfrei

Seine Computersimulationen unterfütterte Hanschke mit einer rund 500 Seiten starken Publikation, die auch seine Habilitationsschrift darstellt.

Der reich bebilderte Band enthält neben den simulierten Schlossansichten viele Fotos und historische Ansichten sowie eine ausführliche Schlossgeschichte.

Gelegentlich gab es übrigens Initiativen das Schloss wieder aufzubauen, bislang allerdings erfolglos.

Für den Romantik-Tourismus nach Heidelberg ist vermutlich die verwitternde Schlossruine viel anziehender als es ein strahlender Neubau je sein könnte… (und das Große Weinfass im Schloss ist ja auch noch da)

Weitere Ansichten der Rekonstruktion im Film der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg:

Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des KIT: „Wohnen wie der Pfalzgraf

Weiterlesen:

André Winternitz schreibt auf Rottenplaces.de: „Computersimulation lässt Heidelberger Schloss erstrahlen



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