Schloss Sondershausen: Pracht auf Salz gebaut



Die Gartenseite
Die Gartenseite des Westflügels / Fotos: Burgerbe.de

Auf stolzen 862 Quadratkilometern von Thüringen (etwas weniger als die Fläche des heutigen Berlins) erstreckte sich bis 1918 das reichlich zerstückelte Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen.

Dem regierenden Fürsten waren rund 90.000 Einwohner untertan (Stand: 1910).

Der Monarch des Mini-Ländchens residierte im prachtvollen Schloss Sondershausen – ein Beispiel dafür, was passiert, wenn adelige Regenten und ihre Frauen 700 Jahre lang weitgehend ungestört an einem Gebäude herumbauen können.

Graf Günther ("der Reiche") von Schwarzburg / Foto: gemeinfrei
Wohlhabend durch Salz: Graf Günther („der Reiche“) von Schwarzburg / Foto: gemeinfrei

Im 13. Jahrhundert sah es hier noch ziemlich ärmlich aus: Eine Burg aus einem Wohnturm und ein paar Mauern beherrschte das Gebiet. Drinnen saßen seit 1356 die Grafen von Schwarzburg.

Diese hatten das Glück, Besitzer der Frankenhauser Saline zu sein, inklusive des Privilegs, das gewonnene Salz zollfrei ins boomende Kurfürstentum Sachsen exportieren zu dürfen.

Die Salzgewinnung und der Verkauf mitten im Binnenland warf märchenhafte Gewinne ab – das Pökeln mit Salz war schließlich neben dem Trocknen und Räuchern die einzige Möglichkeit, Fisch und Fleisch haltbar zu machen.

Der 1499 geborene Graf Günther XL. („der Reiche“) von Schwarzburg wollten sein sprichwörtlich gewordenes Vermögen auch baulich zeigen.

Er ließ in den 1530er Jahren die alte Burg abreißen und setzte ein opulentes Renaissanceschloss nach dem Vorbild von Schloss Hartenfels in Torgau an ihre Stelle.



Schlossflügel
Der Westflügel mit seinem Barock-Giebel

Es war die turbulente Zeit der Reformation. Der reiche Günther führte in seinem Territorium den Protestantismus ein, wurde Mitglied im Schmalkaldischen Bund und zog mit diesem gegen Kaiser Karl V. zu Felde.

Dabei geriet er auch noch mit seinem mächtigsten Verbündeten aneinander, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Der Sachse betrachtete den Schwarzburger mit seinem Flickenteppich an Ländchen nicht als gleichrangig, sondern als Lehnsnehmer.

Eh es sich Günther versah, war seine kleine Hauptstadt mit dem schönen neuen Schloss von sächsisch-protestantischen Truppen besetzt und zur Plünderung freigegeben. Der Graf konnte gerade noch fliehen.

Zu seinem Glück unterlag der sächsische Kurfürst dem Kaiser und geriet in Gefangenschaft. Die kleine Grafschaft Schwarzburg wurde nach 1547 auf allerhöchste Order wieder hergestellt.

Der Schlosshof
Der Schlosshof

Als wieder Frieden einkehrte, ließ der Graf den erhaltenen alten Burgturm 1551 in sein Schloss Sondershausen einbeziehen und verpasste ihm eine geschwungene Turmhaube. Die Optik sollte ja auch passen.

Günthers Reich wurde von seine Nachkommen 1599 geteilt in die Grafschaften Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen. Beide Zwergstaaten sollten die nächsten 319 Jahre zunächst als Grafschaften, dann als Fürstentümer unverändert Bestand haben.

So klein das Fürstentum auch war: Auf absolutistische Prachtenfaltung legten die Fürsten Wert: Die einzige in Deutschland erhaltene goldene Kutsche steht heute im Schlossmuseum Sondershausen.

Luftbild des Schlosskomlexes / Foto: gemeinfrei
Luftbild des Schlosskomlexes / Foto: gemeinfrei

Der Geltungsdrang zeigte sich auch architektonisch. Am Schloss Sondershausen wurde in den 1760er Jahren wieder gebaut: Der spätbarocke Westflügel entstand mit dem Herkulesbrunnen im Schlosshof.

1837/38 ließ Fürst Günther Friedrich Carl II. den Schlosskomplex durch einen Schinkel-Schüler klassizistisch umgestalten.

Die Gartenseite des Westflügels wurde zu einem langgezogenen, klassizistischen Meisterwerk. Am Fuß des Schlossbergs entstand die Alte Wache, die stark an Schinkels Berliner Neue Wache erinnert.

Westflügel und Rotunde (rechts)
Westflügel und Rotunde (rechts)

Doch dann passierte etwas für die deutschen Staaten völlig Unübliches: Im Zug der 1848er Revolution übernahmen Bürgerliche die Regierung, verabschiedeten eine liberale Verfassung – und schickten den Fürsten mit fürstlichen Tantiemen (120.000 Taler jährlich) in den vorzeitigen Ruhestand.

Nach dem Scheitern der Revolution im Rest des Landes wurden die Reformen 1857 wieder zurückgedreht. 1871 wurde das Ländchen dann Teil des Deutschen Kaiserreichs mit Sitz und Stimme im Bundesrat.

Die Industrialisierung kam nur langsam voran: Schwarzburg-Sondershausen blieb einer der rückständigsten Staaten Thüringens.

Hauptsache großzügig: Entrée zum heutigen Schlossmuseum
Hauptsache großzügig: Entrée zum heutigen Schlossmuseum

Als letzter Monarch im Flickenteppich amtierte Günther Victor von Schwarzburg-Rudolstadt. Er trat erst am 25. November 1918 zurück – als letzter regierender deutscher Fürst überhaupt.

Zuvor hatte er noch weitgehende „Entschädigungen“ ausgehandelt: So bekam der Ex-Fürst eine lebenslange jährliche Rente von 150.000 Mark zugesichert sowie Nutzungsrechte an Schlössern und Jagdrechte.

Dazu gehörte auch Wohnrecht im Schloss Sondershausen. Seine Witwe nutzte dies bis 1951.



Im Westflügel ist heute u.a. ein Restaurant untergebracht.
Im Westflügel ist heute u.a. ein Restaurant untergebracht.

Das riesige Schloss mit seinen Sälen wurde in den folgenden Jahren auf unterschiedliche Weise genutzt: Als Schlossmuseum und Tanzschule, Sitz der Luther-Akademie und Internat für angehende Bibliothekare. Die DDR nutzte Räume für ihre Einzelhandels-Organisation (HO).

Seit 1994 gehört das Schloss der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Im öffentlich zugänglichen Schloss befindet sich ein Museum, ein Restaurant, die Kreismusikschule, die Landesmusikakademie und eine Tanzschule.

2012 wurde die südliche Zwingermauer von Schloss Sondershausen (aus der Zeit des Barock) für 530.000 Euro saniert.

Hier geht es zur Seite des Museum Schloss Sondershausen.