Schloss Raesfeld: Sitz des „westfälischen Wallenstein“



Schloss Raesfeld mit modernem Restaurant-Anbau
Schloss Raesfeld mit modernem Restaurant-Anbau / Fotos: Burgerbe.de
Als protestantische, hessische Truppen zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs den Niederrhein entlangzogen, gingen Schlösser und Burgen reihenweise in Flammen auf. 1622 war Burg Raesfeld an der Reihe.

Das hätten die Hessen besser bleiben gelassen, denn der Erbe des Schlosses, Alexander II. von Velen, entwickelte sich gerade zu einem der Top-Militärs auf kaiserlich-katholischer Seite – und er sann auf Rache.

Von 1632 bis 1646 kämpfte er an der Spitze von 3000 Mann jahrelang gegen die hessischen Besatzer, später auch gegen Franzosen und Schweden.

Schloss Raesfeld: Vorburg mit Sterndeuterturm
Schloss Raesfeld: Vorburg mit Sterndeuterturm

Dabei häufte Velen enorme Reichtümer an, die er zum Teil in Reparatur und Ausbau der Burg zum Schloss steckte – in seinem Auftrag entstand die Vorburg mit dem Sterndeuterturm.

Der dankbare Kaiser ernannte Velen zum Feldmarschall und Reichsgrafen.

Der von seinen Anhänger als „westfälischer Wallenstein“ gefeierte Haudegen machte sich daran, umgebende Landsitze aufzukaufen, um sein Territorium weiter zu vergrößern – mit dem Traum von Schloss Raesfeld als Residenz eines eigenen Reichsfürstentums.

Vorburg von Schloss Raesfeld
Vorburg von Schloss Raesfeld
200 Jahre zuvor war die Burg ein arges Raubritternest. Kaufleute auf dem Weg nach Münster mussten ständig mit Überfällen durch Johann II. von Raesfeld (ca. 1375 – ca. 1444) rechnen.

Da der Burgherr ansonsten für den Kaiser in den Hussitenkriegen kämpfte, galt er allerdings als unantastbar.

Alexander II. dürfte stolz auf seinen Ahnen gewesen sein. Mit seinem verbliebenen Sohn Ferdinand Gottfried war er hingegen unzufrieden, da dieser als unverbesserlicher Verschwender galt.

Nach Alexanders Tod machte der Filius diesem Ruf alle Ehre – nach zehn Jahren war das Vermögen aufgebraucht.

Militärs ohne Krieg

Schloss Raesfeld / Fotos: Burgererbe.de
Schloss Raesfeld / Fotos: Burgererbe.de

Die nächsten Generationen der von Velens – hochrangige kaiserliche Militärs, aber ohne den passenden, beutereichen Krieg – hatten noch an den Schulden zu tragen. 1733 starben die (männlichen) von Velens aus.

Schloss Raesfeld fiel dadurch an Otto Ernst Leopold Graf von Limburg-Styrum, den Herrn der Wasserburg Gemen. Der kümmerte sich nicht weiter um den Erhalt des Schlosses.

In den Befreiungskriegen quartierten sich 1813/14 kroatische Soldaten im Schloss ein. Sie fanden die Räume schon unzumutbar, den Park verwildert, die Wassergräben versumpft.



Erker am Hauptgebäude
Erker am Hauptgebäude

In den Folgejahren wurde die Burg landwirtschaftlich genutzt. Der Rittersaal wurde zum Getreidespeicher, ein Wehrturm abgerissen.

100 Jahre lang dämmerte Schloss Raesfeld so vor sich hin. Erst nach 1927 startete der damalige Pächter des Landguts Reparaturen.

Völlig hingerissen vom Schloss waren in diesen Jahren die Funktionäre der katholischen Jugendorganisation Bund Neudeutschland. Sie pachteten das Schloss 1929, ernannten es zu ihrer „Bundesburg“ und nutzten die Schlosswiesen für große Zeltlager.

Sieben Jahre später wurde der „Bund“ von der Hitlerjugend geschluckt. Die NSDAP, immer auf der Suche nach repräsentativen Gebäuden, hätte auf dem Schloss gerne ihren Parteinachwuchs ausgebildet.

Aber erstmal war die Wehrmacht dran: Vor dem Überfall auf die Niederlande waren 1000 Soldaten im Schloss stationiert.

Als der Krieg nach Deutschland zurückkehrte, wurde das Schloss im März 1945 mit Roten Kreuzen gekennzeichnet und zum Hauptverbandsplatz der Wehrmacht, wenige Kilometer hinter der Front.

Sterndeuterturm und Schlosskirche
Sterndeuterturm und Schlosskirche
Die Anlage überstand so den Krieg weitgehend unbeschadet und fiel am 28. März 1945 britischen Truppen in die Hände.

Nach dem Krieg zogen Vertriebene und die Raesfelder Grundschule ein. Für den Wiederaufbau des verfallenen Schlosses Anfang der 1950er Jahre war dann der Handwerkerverein Raesfeld verantwortlich.

Heute gehört das Schloss den NRW-Handwerkskammern und dem Westdeutschen Handwerkskammertag. Es beherbergt die Akademie des Handwerks und das Restaurant Mahl & Meute – und ist ein erstklassiges Ziel für Ausflüge per Auto, zu Fuß oder mit dem Rad.

Und man kann dort natürlich auch heiraten…

Luftaufnahmen von Schloss Raesfeld: