Schloss Waldenburg wird geschlossen: Eine Provinzposse



Schloss Waldenburg / Foto: Wikipedia/Wikswad/CC-by-sa 3.0/de
Schloss Waldenburg / Foto: Wikipedia/Wikswad/CC-by-sa 3.0/de / Foto oben: Wikipedia/Je-str/CC-BY-SA-3.0
Die sächsische Stadt Waldenburg und der Landkreis Zwickau liefern sich einen bizarren Streit um das Schloss Waldenburg. Leidtragende sind die Bürger, die das Schloss ab dem 1. Januar 2016 nicht mehr besichtigen dürfen.

Statt es weiter als Sitz des Tourismusamts zu nutzen, will die Kommune ihre Mitarbeiter mitsamt der Schlossführer zur Jahreswende aus dem Schloss abziehen. Das seit 2005 schrittweise sanierte Gebäude stünde dann leer. Ein Schildbürgerstreich.


Das ehemalige Residenzschloss der von Schönburg gehört dem Landkreis Zwickau. Dieser hat es an die Stadt vermietet. Bislang klappte die Kooperation ganz gut: Die städtischen Mitarbeiter führen Besucher – auch wenn sie unangemeldet kommen – durchs Schloss.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 10 bis 16 Uhr und am Wochenende 13 bis 17 Uhr. Und bei der Schlossweihnacht schnitten Bürgermeister und Landrat gemeinsam den Stollen an.

Einfahrt von Schloss Waldenburg / Foto: Wikipedia / Kolossos / CC-BY-SA 3.0
Einfahrt von Schloss Waldenburg / Foto: Wikipedia / Kolossos / CC-BY-SA 3.0

Der Waldenburger Verwaltung reicht das aber nicht. Sie würde das Schloss gern selbst betreiben. Das will aber der Landrat nicht.

Da sich die „Töpferstadt“ und der Landkreis nicht einigen können, hat der Waldenburger Bürgermeister (parteilos) nun den Mietvertrag fürs Schloss fristgerecht gekündigt. Ab Januar ist das Schloss damit faktisch für die Öffentlichkeit geschlossen. Ob und wie der Landkreis das Schloss dann nutzen will, ist nicht bekannt.

Ob der Stadtrat den Bürgermeister noch stoppen kann, ist fraglich. Er war zur Kündigung des Vertrags berechtigt. Falls er damit ein Entgegenkommen des Zwickauer CDU-Landrats erzwingen wollte: Das hat wohl nicht geklappt.

Die Stadt Waldenburg hat demnächst im eigenen Schloss nichts mehr zu sagen.

Schloss Waldenburg ist aus dem oscarprämierten Kinostreifen „The Grand Budapest Hotel“ bekannt, wo es als „Schloss Lutz“ gezeigt wurde. Das ZDF hat hier schon mal einen Film über die Mätressen von August dem Starken gedreht.

Schloss Waldenburg ist aus einer mittelalterlichen Burg hervorgegangen. Nach der Zerstörung durch die Hussiten 1430 baute sie die Familie von Schönburg als Schloss wieder auf. Das wiederholte sich nach einem Schlossbrand von 1519.

Im 19. Jahrhundert ereilte das Schloss ein für Deutschland äußerst ungewöhnliches Schicksal: Wütende Bürger brannten es während der Revolution von 1848 nieder.

Fürst Otto Victor I. von Schönburg-Waldenburg baute die Anlage ab 1859 mit neoromanischen und tudorgotischen Elementen wieder auf. Sein Sohn Otto Victor II. baute sie vor dem Ersten Weltkrieg erneut um. Er fiel bereits am 14. Kriegstag bei einem Erkundungsritt nahe Reims.

Die sowjetische Besatzungsmacht machte dann Schluss mit dem alten Adel: Ab 1947 wurde das Schloss eine Lungenklinik, die bis 1998 bestand. Seit 2005 wird das Gebäude saniert und für Veranstaltungen genutzt.

Der Artikel von Stefan Stolp in der Freien Presse: „Die Töpferstadt verlässt das Schloss“ ist nicht mehr online verfügbar.