Wächter-Wohngemeinschaft sichert Schloss Hohehorst



Herrenhaus_Hohehorst
Luxus-Lampen am Eingang / Foto: Wikipedia / Quarz / CC-BY-SA 3.0 / Foto oben: Wikipedia / Ralf Roletschek / CC-BY-SA 3.0

Die Idee klingt genial simpel: Statt ein unbewohntes Schloss einfach leer stehen und gelegentlich von einem Sicherheitsdienst kontrollieren zu lassen, lädt man einfach ein paar verantwortungsvolle junge Leute ein, für kleines Geld drin zu wohnen: Als Schlosswächter-WG.

Das erhält die Substanz und schreckt Langfinger ab. Dass so etwas auch in großen Denkmalimmobilien durchaus funktionieren kann, beweist die Stadt Bremen gerade mit ihrem Schloss Hohehorst in Schwanewede (Niedersachsen): im Dritten Reich ein „Lebensborn“-Standort für anonyme Geburten „arischer“ Kinder.


Dahinter steckt die niederländische Firma Camelot, die das Konzept „Bewachen durch Bewohnen“, in Deutschland voranbringen will.

Das Unternehmen bringt Besitzer leer stehender Großimmobilien (Finanzämter, alte Schulen, aber eben auch Schlösser) mit abenteuerlustigen jungen Leuten zusammen, die günstig wohnen möchten und auch kleinere Hausmeisterarbeiten erledigen.

Die FAS schreibt über die Schlosswächter-WG auf Hohehorst / Eigenes Foto nach Lektüre
Die FAS schreibt über die Schlosswächter-WG auf Hohehorst / Eigenes Foto nach Lektüre

Kosten: Die frischgebackenen „Hauswächter“ zahlen 185 Euro „Verwaltungs-Gebühr“ an Camelot und müssen eine Versicherung abschliepen. Der Eigentümer sorgt wie gehabt für Heizung, Strom und Warmwasser.

Er erhält zwar keine Miete, weiß seinen Besitz aber in guten Händen – und kann monatlich kündigen. Also eine praktische Methode, mittelfristigen Leerstand (z.B. die Zeit einer Käufersuche) zu überbrücken.

Die Hausordnung kommt rigide daher, zumindest für Feierwütige: Partys, Haustiere und Rauchen im Gebäude sind verboten. Mehr als drei Besucher müssen angemeldet werden…

Im Fall des einstiges Großindustriellen-Luxusbaus Schloss Hohehorst (5000 Quadratmeter Wohnraum) hat Judith Lemke für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung mit Bewohnerin Lara Fischer gesprochen.

Die junge Frau suchte ein WG-Zimmer in Bremen und erfuhr zufällig von der Möglichkeit, ins Schloss ziehen zu können.

Das Anwesen bietet zwar nicht mehr den Wohnkomfort der glamourösen Anfangsjahre nach 1929, aber reichlich Platz, einen riesigen Park mitsamt etwas verschlammtem Badeteich – und WG-Feeling. Lara: „Es ist immer jemand da“.

Über den Bewöhnern schwebt natürlich monatlich das Damoklesschwert des Rauswurfs – ein nicht enden wollendes Thema bei gemeinsamen Abendessen mit kiloweise Nudeln… (der Print-Artikel der FAS vom 25. Oktober mit dem schönen Titel „Die Spukschlosswächter“ ist nicht online, sondern steht via Blendle zum Verkauf).

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Schloss Hohehorst könnte für Camelot zum Aushängeschild werden: Erst 1929 ließ es der Industrielle Georg Carl Lahusen (Firma Nordwolle, Norddeutscher Lloyd) als Sommerresidenz voller Marmor und edler Hölzer hochziehen.

Dummerweise schlitterte die Nordwolle 1931 in die Insolvenz, und der Vorstandsvorsitzende Lahusen landete wegen Bilanzfälschung im Gefängnis. Sein Schloss fiel an die Bank, die das Inventar versteigern ließ.

1937 kaufte die SS-Organisation „Lebensborn“ das Anwesen. Das Schloss wurde nun zum „Heim Friesland“, einem Entbindungsheim mit Platz für 34 auf ihre „arische“ Herkunft geprüfte Mütter. Im Mai 1945 richtete die US-Army hier erstmal ein Offizierscasino ein und öffnete das Schloss für Flüchtlinge.

Seit 1958 gehört das Schloss der Stadt Bremen. Die Kommune betrieb hier einige Jahre lang eine Klinik und übergab das historische Herrenhaus dann an die örtliche Drogenhilfe. Im August endete die Zeit als Entzugsklinik. Seitdem steht das Schloss leer – und Bremen sucht einen Käufer.

Wie lange Lara und die anderen Schlosswächter hier noch wohnen können, ist ungewiss. Die CDU hat gerade vorgeschlagen, die Eignung des Schlosses als Asylbewerberheim zu prüfen (schreibt der Weser-Kurier).

Ein RTL-Beitrag zur Firma Camelot und dem Leben der „Hauswächter“:

Der Beitrag von Sat.1 „Luxusherberge: Student ist Hauswächter im Schloss Hohehorst“ ist leider nicht mehr online.



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