Chinesischer Millionär kauft Schloss Ramholz




Schloss Ramholz ist verkauft worden / Foto: Wikipedia / Rainer Lippert / CC-BY-SA 3.0
Schloss Ramholz ist verkauft worden / Foto: Wikipedia / Rainer Lippert / CC-BY-SA 3.0
Überraschung in Osthessen: Ein gut betuchter Chinese hat Schloss Ramholz bei Schlüchtern mitsamt 15 Hektar Ländereien gekauft.

Der Makler hatte bisher immer nur von einem „international tätigen Investor aus Übersee“ gesprochen, die Nationalität aber nicht genannt. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart.

Das Anwesen mit dem Schloss im Tudor-Stil war seit dem Jahr 1883 im Besitz der Industriellenfamilie von Stumm und von deren Erben.
Erstmals ist ein Herrenhof an dieser Stelle für das Jahr 1167 belegt. Besitzer waren die von Steckelberg.

Die ältesten Teile des Schlosses stammen aus den Jahren vor 1500. Hier lag damals der Wohnsitz der Familie von Hutten. Dieser Teil des Gebäudes ist heute als das Alte Schloss bekannt.

1883 hatte Hugo Rudolf Freiherr von Stumm (1845-1910) das Anwesen gekauft und in den Jahren 1893 bis 1896 einen historisierenden 80-Zimmer-Neubau an das Alte Schloss gesetzt.

Hinzu kam auch ein Wirtschaftshof und ein Maschinenhaus zur Stromversorgung. Auf den Luxus der zu dieser Zeit noch von vielen kritisch beäugten Elektrizität wollte der Industriellensproß keinesfalls berzichten.

Eine Tafel am Schloss weist stolz auf den Bauherren hin und nennt „Anno 1893“ als Baujahr.

Historismus mit reichlich Tudorstil

So entstand in der Stadt im Main-Kinzig-Kreis ein monumentaler Stilmix aus Renaissance, Gotik und eben den damals beim Schlossbau als letzter Schrei geltenden Tudor-Elementen. Das kam an bei den Eliten des wilhelminischen Kaiserreichs.

Initiator des Kaufs und des Schlossbaus war einer der hundert reichsten Männer Preußens. Seine Einkünfte kamen vor allem aus der stillen Teilhaberschaft am familieneigenen Neunkircher Eisenwerk im Saarland.

Er verfügte (1908) über ein Vermögen von mehr als 10 Millionen Mark. Eine Summe die vor dem Ersten Weltkrieg jedes Jahr um eine weitere Million wuchs. Für die damalige Zeit waren das astronomische Beträge.

Stumm soll die Gegend um Schlüchtern als preußischer Kavallerieoffizier bei einem Manöver kennen und lieben gelernt haben. Ab 1888, nach der Erhebung in den erblichen Adelsstand, nannte er sich nach dem neuen Adelssitz Freiherr von Stumm-Ramholz.

Für die Gestaltung zeichneten die Münchner Architekten Emanuel und Gabriel von Seidl verantwortlich.

Schlösser im Stil des Historismus im kaiserlichen Deutschland zu errichten, galt als eine Art Hobby der finanzstarken Stumm-Brüder. Drei der vier Brüder bauten sich Schlösser. Wahrscheinlich sahen sie es auch als eine Art familiären Wettbewerb.

So entstanden in den Jahren von 1900 neben Schloss Ramholz auch Schloss Halberg bei Saarbrücken (durch Carl Ferdinand von Stumm-Halberg) und Schloss Rauischholzhausen zwischen Gießen und Marburg.

Dort ließ Ferdinand Eduard von Stumm eine alte Wasserburg abreißen und ein schlossartiges Herrenhaus mit Nebengebäuden hinsetzen.

Quelle des Reichtums der Familie Stumm: Das Neunkircher Eisenwerk im Jahr 1865. Foto: gemeinfreiQuelle des Reichtums der Industriellendynastie Stumm: Das Neunkircher Eisenwerk im Jahr 1865. Foto: gemeinfrei

Stumm mochte es heimelig: Eine Anlage mit 52 Kaminen

Die vielen Schornsteine auf Schloss Ramholz sind übrigens keine reine Zierde, Insgesamt verfügt die Anlage über 52(!) Kamine.
Stumm-Ramholz ließ Unterkünfte für 20 Dienstboten mit einplanen.

Der Gartenarchitekt Jens Person Lindahl legte dem Freiherrn einen märchenhaften Landschaftspark von fast 100 Hektar Fläche an. Er reichte bis zur nahegelegenen Ruine der Burg Steckelberg (dem Geburtsort des Dichters und Kirchenkritikers Ulrich von Hutten), die von Stumm gleich mitgekauft hatte.

Stumms kostspielige Planungen mit dem Schlossbau wurden immer wieder unterbrochen. Eine psychische Erkrankung, die sich bereits seit mehr als 20 Jahren ankündigte, führte am 5. November 1888 zu seiner Entmündigung und der vorübergehenden Unterbringung in einer Nervenheilanstalt bei Hamburg.

Er erholte sich wieder und ließ den Ramholzer Schloss-Neubau fertigstellen und ausstatten. Lange leben konnte er dort jedoch nicht.

Seit 1896 verbrachte von Stumm-Ramholz seine Zeit durchgehend in der Heilanstalt Lindenhof in Coswig nahe Dresden. Grund für die Einweisung war auch der Vorwurf, zu leichtfertig große Summen auszugeben. Die Vormundschaft übernahm sein Bruder Ferdinand Eduard, der als deutscher Botschafter in Madrid amtierte.

Tödlicher Reitunfall in Sachsen

1910 starb von Stumm-Ramholz bei einem Reitunfall in Coswig. Er fand seine letzte Ruhe in der Familiengruft auf Schloss Ramholz.

Seine Frau Ludovica von Stumm (1866-1945, eine Geborene von Rauch) stand mit namhaften Künstlern in Kontakt, die sie auch ins Schloss einlud. Besonders hatten es ihr die Impressionisten angetan. Sie malte auch selbst.

Das Schloss war trotz der krankheitsbedingten Abwesenheit des Schlossherrn in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg und später in der Zeit der Weimarer Republik ein Treffpunkt der industriellen und adeligen Oberschicht des Reiches.

Gehörte auch zum von Stumm’schen Besitz: Die Burgruine Steckelberg, hier der Rundturm / Foto: Wikipeida / Commander-pirx / CC-BY-SA 4.0

Ludovica und Hugo hatten drei Kinder. Das Schloss erbte Tochter Marguerite (1910–1917). Diese heiratete 1906 den Diplomaten und Industriellen Richard von Kühlmann (1873-1948).

Von Kühlmann war unter anderem Verhandlungsführer der deutschen Delegation bei den Verhandlungen zum Friedensvertrag von Brest-Litowsk mit Russland. Das Schloss wurde dem 1916 geborenen Sohn der beiden übertragen: Kurt.

Prominenter Schlossherr stirbt bei Autounfall

Schlossherr Knut von Kühlmann-Stumm (1916-1977), machte Schlagzeilen, als er als 1972 sein FDP-Bundestagsmandat aus Protest gegen die Ostverträge der Regierung Brandt niederlegte.

Er wechselte zur Union und wurde im gleichen Jahr als CDU-Abgeordneter erneut in den Bundestag gewählt. 1977 starb von Kühlmann-Stumm bei einem Autounfall.

Seine Witwe Jutta von Kühlmann war für die nächsten 20 Jahre lang Schlossbesitzerin.

Der gemeinsame Sohn Magnus Viktor Otto Ludwig von Kühlmann versuchte in den Folgejahren den Besitz zu entschulden und verkaufte Teile des immer noch beachtlichen Grundstücks. Nach seinem Tod im Jahr 2008 ging das Schloss an Maximilian von Kühlmann.

Zuletzt stand das Schloss-Ensemble mit seinen üppigen 5500 Quadratmetern Wohnfläche in dem Ruf, marode zu sein. Schloss und Park standen seit acht Jahren zum Verkauf, am Ende für sieben Millionen Euro als Verhandlungsbasis. 2012 wurde das Schloss kurzzeitig durch Führungen öffentlich zugänglich.

Im September 2014 griff der Investor aus dem Reich der Mitte dann schließlich zu und kaufte von Kühlmann die komplette Anlage ab.



Schloss Ramholz bei Schlüchtern (Osthessen) / Foto: Wikipedia/Robert Brimberry / CC-BY-SA 3.0
Schloss Ramholz bei Schlüchtern (Osthessen) / Foto: Wikipedia/Robert Brimberry / CC-BY-SA 3.0
Über die Identität des Käufers aus der Volksrepublik herrschte zunächst Ungewissheit. Bekannt war nur, dass es sich um einen internationalen Unternehmer handelt, der zusichert, „das historische Erbe von Schloss Ramholz zu pflegen“.

Im Ort Schlüchtern kursierten bereits zuvor Gerüchte, reiche Chinesen würden sich für die Denkmalimmobilie interessieren. Man darf gespannt sein, was später noch herauskommt – und welche Pläne der neue Besitzer zur Sicherung und Nutzung von Schloss Ramholz hat und was er umsetzt.

Inzischen ist bekannt, dass es sich um Herrn Fan aus Shanghai handelt, sehr viel mehr aber auch nicht.

Das Schloss selbst ist nicht öffentlich zugänglich. Der Bürgermeister hofft, dass zumindest der Schlosspark weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

In der Orangerie des Schlosses betrieben Armin Weinberg und seine Familie das Schlosscafé Ramholz. Heute (2023) steht die Orangerie leer.

Es wurde ruhig um Schloss Ramholz

Seit dem Besitzerwechsel ist es ruhig geworden um Schloss Ramholz. Der neue Besitzer scheut das Licht der Öffentlichkeit.

2015 versicherte er, dass der Schlosspark auch in Zukunft für die Bevölkerung und Wanderer zugänglich sein soll. In dem Jahr fand auch das beliebte Schloss- und Gartenfest noch einmal statt.

Wie man 2017 auf der Seite „Osthessen News“ nachlesen konnte, investiert der chinesische Eigentümer „mit großem finanziellen Aufwand“ in den Erhalt der Innenräume des Schlosses. In dem Jahr wurden auch die maroden Wasserzuleitungen ersetzt.

2017 wurde der Schlosspark von einem der durchziehenden Gewitterstürme hart getroffen. Das Unwetter brachte eine 40 Meter hohe Fichte zum Einsturz, die auf einen Weg krachte. Verletzt wurde dabei zum Glück niemand.

Der Park von Schloss Ramholz ist tatsächlich weiter für die Öffentlichkeit zugänglich. Jürgen Blösel berichtet in seinem Fotografie-Blog von den verfallenden Gewächshäusern im Park und zeigt Bilder. Dabei betont er, dass man kaum von Menschen verursachte Schäden sieht. Immerhin.

Chinesische Investoren auf Einkaufstour in Europa

Dass ausgerechnet ein chinesischer Investor einem deutschen Adeligen Schloss Ramholz abgekauft hat, ist nicht sooo ungewöhnlich.

In den Jahren vor der Corona-Pandemie haben wohlhabende Chinesen diverse deutsche Schlösser erworben, zum Beispiel Schloss Landsberg in Thüringen oder Schloss Eringerfeld in Ostwestfalen.

Noch mehr waren die Millionäre aus Fernost in den Vor-Corona-Jahren allerdings an französischen Weingütern mit den passenden Chateaux und den klingenden Namen interessiert.

Geld spielte dabei eher eine Nebenrolle: Für 20 Millionen Euro sicherte sich zum Beispiel die chinesische Guizhou Moutai Wine Industry im Jahr 2013 das traditionsreiche Château Loudenne im Médoc.

Wandertour durch Schlosspark Ramholz und zur Burgruine

Die Seite Spessart-Tourismus empfiehlt eine etwa sechs Kilometer lange Rund-Wanderung „zu den Highlights in der Region Schlüchtern“. Die Tour startet an der ehemaligen Orangerie und führt zur Ruine der Burg Steckelberg hoch.

Die Burgruine kann besichtigt werden. Hier geht es zur Karte und der Routenbeschreibung.

Weiterlesen:
In den „Kinzigtal Nachrichten“ schreibt Tim Bachmann: „Schloss Ramholz verkauft
Aus den Osthessen-News: „Internationaler Investor kauft historische Immobilie Schloss Ramholz
Update von Walter Dörr in den „Osthessen News“ im Jahr 2017: „Tradition und Gegenwart – Das märchenhafte Schloss Ramholz“ (Link zum Artikel)