Burgenarchäologie: Die Armbrustbolzen von Eppenstein


Die Ruine von Burg Eppenstein in der Obersteiermark / Foto: Wikipedia / PLauppert / CC-BY-CA 3.0
Die Ruine von Burg Eppenstein in der Obersteiermark / Foto: Wikipedia / PLauppert / CC-BY-CA 3.0
In Mittelalter und Früher Neuzeit gab es zwei Arten von Geschossen, denen selbst gestandene Ritter am liebsten weiträumig auswichen: Die Pfeile englischer Langbogenschützen – und Armbrustbolzen.

Ritter, die den von bürgerlichen Schützen abgefeuerten Geschosshagel aus Arroganz zu ignorieren trachteten, überlebten nicht lange.

Das zeigte nicht zuletzt das blutige Desaster, das die Ritter des beratungsresistenten französischen Hochadels in der Schlacht von Azincourt 1415 gegen ein deutlich kleineres englisches Heer erlebten.

Papst Innozenz II. verbot 1139 sogar den Einsatz dieses „unritterlichen“ Kriegsgeräts gegen Christen. Ohne Erfolg.

Nun ist von den hölzernen Wunderwaffen dieser Zeit, zu deren prominenten Opfern der englische König Richard Löwenherz zählte, wenig geblieben.

Vorrat aus Armbrustbolzen

Umso größer war die Überraschung, als Studenten jetzt bei einer Grabung auf dem Gelände der Ruine von Burg Eppenstein (Obersteiermark) auf einen Vorrat aus hunderten Armbrustbolzen stießen. Das meldet die Kleine Zeitung.

Es ist sogar der größte bislang bekannte Fund an Armbrustbolzen in ganz Europa. 1650 Pfeilspitzen konnten Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz bislang bergen. Die Grabung findet im Auftrag des Forschungsvereins FIALE statt.


Zwei mittelalterliche Armbrüste (Nachbauten) / Foto: Wikipedia / Rama / CC.BY.SA.2.5
Zwei mittelalterliche Armbrüste (Nachbauten) / Foto: Wikipedia / Rama / CC.BY.SA 2.5
Die Bolzen, zum Teil noch mit Resten ihrer hölzernen Schäfte, stammen aus dem 16. Jahrhundert. Die Grabung erwies sich als ein Glücksfall in Sachen Burgenarchäologie.

Die Studenten haben die eingestürzten Reste der Rüstkammer der Burg entdeckt, die sich einst im zweiten Stock des sogenannten Gotischen Hauses befand.

Die Bolzen lagen nicht wild durcheinander, sondern waren zum Teil noch ordentlich über- und nebeneinander aufgereiht – wie im Regal. Auch Steinkugeln und ein Harnisch aus der Zeit um 1500 tauchten aus dem Schutt auf.

Die Burg liegt ziemlich spektakulär auf einem steilen Felssporn. Sie galt dadurch als uneinnehmbar und wechselte üblicherweise nur durch List und Verrat den Besitzer…

Kein Wunder, dass man hier oben auf Armbrüste setzte: Ein von Verteidigern abgefeuerter Bolzen konnte einen Angreifer noch hunderte Meter weit entfernt am Hang treffen – und auch Rüstungen durchschlagen.

Die Burg wurde 1160 erstmals erwähnt. 1437 erfolgte der Umbau der kleinen romanischen Anlage in eine Festung im gotischen Stil.

Dabei entstand auch das Gotische Haus nebst Waffenkammer und „Lustiger Stube“, einem Wohnraum mit bunt bemalten Wänden. 1482 und 1489 gelang es ungarischer Invasoren, die Burg zu besetzen.

Großbrand und Erdbeben

Im 16. Jahrhundert wurde die Anlage durch einen Großbrand und ein Erdbeben schwer beschädigt. Dabei stürzte auch das Gotische Haus ein. Große Teile der Burg liegen seitdem in Trümmern. Man kann die Ruine besichtigen.

Die Funde aus der Ruine Eppenstein sollten im September 2014 während der Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Mittelalterarchäologie unter dem Titel „Wert(e)wandel. Objekt und kulturelle Praxis in Mittelalter und Neuzeit“ im MAMUZ Museum in Mistelbach, Niederösterreich erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden.


Weiterlesen:

Hier geht’s zum Artikel der Kleinen Zeitung: „Größtes europäisches Depot von Armbrustbolzen entdeckt
Ein ausführlicher Text zur Geschichte der Burg Eppenstein steht auf Burgen-Austria