Schloss Rosenstein: Angst vor dem Museumskäfer



Ein Museumskäfer ("Anthrenus museorum") / gemeinfrei
Ein Museumskäfer („Anthrenus museorum“) / gemeinfrei

Schlechte Nachrichten von Schloss Rosenstein in Stuttgart: Dort soll nämlich der gefräßige Museumskäfer sein Unwesen treiben und reihenweise Exponate anknabbern.

Museumskäfer…!?

Was soll das bitteschön sein?

Der Name deutete für mich zunächst auf eine besonders kulturaffine Unterart der bekannten Steinlaus („Petrophaga lorioti“) hin, die besonders gern am 1. April durch die Gazetten geistert (und sicher liebend gern die Elogen der Edelfedern im Feuilleton leise rülpsend zu Biokompost verarbeiten würde).

Wieso soll die Evolution, der intelligente Designer oder Wer-auch-immer auf die Schnapsidee kommen, einen Käfer zu schaffen, der sich nur von Museumsbeständen ernährt?

Loriots Steinlaus mag Bücher / Bild: Wikipedia / Leif Czerny/Anton
Loriots Steinlaus mag Bücher / Bild: Wikipedia / Leif Czerny/Anton / CC-BY-3.0
Der wäre doch bei Kürzungen im Kulturbereich sofort massiv vom Aussterben bedroht und würde bald selbst im Museum landen…

Genug gefrotzelt: Das Tierchen gibt’s wirklich, und es stellt tatsächlich ein Problem dar.

Der Museums-, bzw. Kabinettkäfer ist eigentlich aufs Fressen von Blütenpollen spezialisiert, fühlt sich aber leider auch in den Insektensammlungen von überheizten Museen äußerst wohl und verspeist die aufgespießten Chitinpanzer.

Schon in den fürstlichen Sammlungen der Aufklärungszeit (den „Kabinetten“) richtete er arge Schäden an. Auch andere tote Tiere würde er nicht verschmähen…

Die Sammlung auf Schloss Rosenstein bescherte dem geflügelten Vielfraß ein Festmahl von paradiesischen Ausmaßen.



Schloss Rosenstein in Stuttgart / Foto: Wikipedia / Gerd Leibrock / CC BY 3.0 DE
Schloss Rosenstein in Stuttgart / Foto: Wikipedia / Gerd Leibrock / CC BY 3.0 DE

Im Magazin unter dem schlecht isolierten Zinkdach lagern rund 70. 000 präparierte Vögel und 50.000 Eier, daneben standen bislang 50 000 ausgestopfte Säugetiere. Dort konnte es im Sommer leicht 35 Grad warm werden: Für den Käfer ideale Bedingungen.

Das Museum im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt hat jetzt reagiert und die Säugetiere ausgelagert. Das Dach wird nun bis 2017 schrittweise saniert, das Magazin soll eine Lüftung bekommen, schreiben die Stuttgarter Nachrichten.

Der Kampf gegen den Käfer erweist sich als schwierig. Am ehesten würde noch eine „thermische Behandlung“ wie auf Burg Bischofstein an der Mosel helfen.

Dort war der betreffende Teil der Burg luftdicht abgeschlossen und tagelang hoch erhitzt worden, bis Käfer und Larven sicher abgestorben waren.

So eine „rabiate“ Methode dürfte in einem Museumsmagazin aber fehl am Platz sein…

Das auf Anordnung des württembergischen Königs Wilhelm I. zwischen 1824 und 1829 errichtete Schloss beherbergt seit 1954 als Museum Schloss Rosenstein die biologische Sammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart.

Das schwer kriegszerstörte Schloss (früher auch Kriegsmuseum) war in den Fünfziger Jahren wieder aufgebaut worden: Eine Zeit, in der Dämmungen und gute Lüftungen noch Zukunftsmusik waren.

Weiterlesen:
Hier geht’s zum Artikel von Maira Schmidt in den Stuttgarter Nachrichten: „Kampf gegen den Museumskäfer

Mehr über historische Orte im Südwesten hier im Blog: „Die schönsten Burgen und Schlösser in Baden-Württemberg