Museum Burg Linn: Grüße aus dem Schützengraben


Ausstellung zum Ersten Weltkrieg im Museum Burg Linn: Museumsleiter Dr. Christoph Reichmann mit Exponaten
Ausstellung zum Ersten Weltkrieg im Museum Burg Linn: Museumsleiter Dr. Christoph Reichmann mit Exponaten

Der Erste Weltkrieg mit seinen „Blutmühlen“ und Hungerwintern sollte das Leben unserer Urgroßeltern tiefgreifend verändern. Doch die Erinnerung an Tod und Elend der Jahre 1914 bis 1918 an der Front und in der Heimat verblasste angesichts der grauenhaften Erlebnisse des Zweiten Weltkriegs.

Eine Ausstellung im Museum Burg Linn widmet sich seit dem 4. Mai diesem Krieg, den man damals freilich nur den „Großen“ und noch nicht den „Ersten“ nannte. Erzählt wird aber ausnahmsweise nicht aus der Sicht der Könige, Erzherzöge und auf neue Offensiven sinnenden Generäle (oder à la Guido Knopp aus der Sicht des Gefreiten Hitler).

Nein, Roter Faden ist das Schicksal von vier Krefeldern. Bürger aus dem kleinen Mittelstand, deren Briefe und Tagebücher im Stadtarchiv und auf Dachböden erhalten blieben. Drei von ihnen sollten den Krieg nicht überleben.

Exponate der Ausstellung kommen vor allem von Privatleuten
Exponate der Ausstellung kommen vor allem von Privatleuten aus Krefeld

Aus den persönlichen Schreiben und Exponaten spricht ein schillerndes Bild: Zeugnisse von Begeisterung, Kriegstaumel und Hass auf die Franzosen und Belgier stehen neben Schilderungen von Angst und Not und dem Wunsch, wieder nach Hause zu kommen.

Durchzogen ist die Ausstellung von kurios bis abstoßend wirkenden Stücken aus der Zeit, die in Remarques „Im Westen nichts Neues“ und Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ bis heute literarisch nachhallt: Eine ausgehöhlte Handgranate als Aschenbecher war wohl ein beliebtes Mitbringsel von der Front.

Ein fröhlicher Gruß auf einer Postkarte, deren Vorderseite ein Soldaten-Begräbnis zeigt mit dem Hinweis („ich bin dabei, schau mal, ob Dumich findest“), galt als durchaus normal.

Ein Krefelder war nach dem Krieg so beeindruckt von den Schilderungen seines Onkels, dass er eine etwa 30 Zentimeter große Modellfigur („Onkel Paul vor Verdun“) mit Uniform und Pickelhaube anfertigte, die jetzt in der Schau zu sehen ist.



So sahen die Schlachtfelder an der Somme noch Jahre nach Friedensschluss aus
So sahen die Schlachtfelder an der Somme noch Jahre nach Friedensschluss aus

Als erstes räumt die Ausstellung dabei mit der Mär eines bis ins letzte lokale Detail durchgeplanten, allerorten von Begeisterung („Augusterlebnis“) begleiteten Kriegseintritts auf. Wir sind offenbar sehr durch die Bilder jubelnder Massen und wie am Schnürchen laufender Soldatenkolonnen geprägt. Zumindest am Niederrhein drohte die Mobilmachung der Reservisten dagegen zum Organisations-Desaster zu werden.

Der Krefelder Oskar Goebel, damals 23, schrieb nach Hause, wie er versuchte, pünktlich zu seiner Einheit, den Bückeburger Jägern in Bückeburg zu stoßen, was durch das überlastete Eisenbahnsystem unmöglich und zur Odyssee wurde.

Kaum im Dienst zeigten sich schon Versorgungs-Engpässe beim kaiserlichen Millionen-Heer. Die erste warme Mahlzeit habe er nach drei Tagen bekommen, schreibt er verärgert nach Hause. „Die Briefe zeigen: Es gab viele Pannen“, sagt Ausstellungsmacher Dr. Christoph Reichmann, Leiter des Museum Burg Linn.

Am Ende war der Kaiser weg. Streikaufruf von Januar 1919
Am Ende war der Kaiser weg. Streikaufruf von Januar 1919
Auch aus Heinz Schniewind, 1915 mit 22 Jahren eingezogen, ist nie ein begeisterter Krieger geworden. Er berichtete seiner Freundin und späteren Frau von Erlebnissen an West- und Ostfront. „An allen Fronten waren Krefelder eingesetzt“, erzählt Dr. Reichmann.

Den rostigen Überresten der Schlachtfelder ist eine eigene Vitrine gewidmet. Hier liegen Funde, die Krefelder in den 1920er Jahren auf den Schlachtfeldern des Krieges aufgesammelt und als Andenken mit an den Rhein gebracht haben: Verrostete Stahlhelme, Reste von Handgranaten und Schrapnellen.

Am eindrucksvollsten bleiben aber die schriftlichen Quellen: Briefe nach Hause zu schreiben war für viele Soldaten essenziell. Heinrich Mönks (eingezogen mit 19) verfasste 1917 unter französischem Artilleriebeschuss einen Abschied an seine Familie. Es sollte tatsächlich sein letzter Gruß an die Familie sein. Kurz darauf fiel er.

Die Ausstellung „1914 – 2014 Erinnerung an den Ersten Weltkrieg“ im Museum direkt neben der mittelalterlichen Burg Linn beginnt am Sonntag, 4. Mai.

Egon Traxler schreibt dazu in der Westdeutschen Zeitung: „Erster Weltkrieg: Briefe der verlorenen Söhne

Archäologisches Museum Burg Linn,
Rheinbabenstraße 85,
47809 Krefeld

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr,
Montag Ruhetag,
Eintritt: 4 Euro/2 Euro (erm.)