Sachsens Schlösser-Verfall: FAZ über Schloss Promnitz im Jahr 2014



Schloss Promnitz an der Elbe / Foto: Wikipedia / Jwaller / CC BY 3.0 DE
Schloss Promnitz an der Elbe: Der Treppenturm ist seit über zehn Jahren eingerüstet / Foto: Wikipedia / Jwaller / Lizenz: CC BY 3.0 DE

„Morbider Charme“ – so könnte man Schloss Promnitz bei Riesa charakterisieren. Das Herrenhaus des einstigen 161 Hektar großen Ritterguts steht mit löchrigen Fenstern und schadhaftem Dach hinterm Elbdeich und bröckelt vor sich hin. Seit dem Hochwasser 2002 ist der Treppenturm eingerüstet.

Getan hat sich: nichts. Eigentümerin des sächsischen Renaissance-Denkmals von 1602 soll eine Hamburger Projektgesellschaft sein. Ein Freundeskreis bemüht sich, das Schlimmste zu verhindern…

Autor Stefan Locke nimmt das Schicksal von Schloss Promnitz zum Anlass, um auf Seite 3 der FAZ vom 19. April 2014 ausführlich über die Lage bedrohter Schlösser und Herrenhäuser in Sachsen und Thüringen zu berichten.

Ein lesenswertes Stück (so etwas war längst mal wieder fällig).

Der Autor dröselt die Geschichte der 1945 auf dem Gebiet der damaligen DDR enteigneten Schlösser und Herrenhäuser auf. Die Besatzungsmacht hatte im berüchtigten Befehl 207 befohlen, alle historische Bausubstanz abzureißen, sofern sie nicht für Schule, Verwaltung oder Gesundheitswesen genutzt werden konnte.

Wappen der Schlossbesitzer-Familie von Wolffersdorff / gemeinfrei
Wappen der langjährigen Schlossbesitzer-Familie von Wolffersdorff / gemeinfrei

Die Steine sollten nach dem Motto: „Junkerland in Bauernhand“ für Neubauernhöfe verwendet werden. Die DDR führte diese desaströse „Politik mit TNT und Abrissbirne“ nur zu gerne fort. Laut sächsischem Landesamt für Denkmalpflege seien dieser Aktion bis 1951 allein im Freistaat 120 Schlösser und Herrenhäuser zum Opfer gefallen.

Das zum Gut Promnitz gehörende, enteignete Land wurde an 14 Bauern verteilt. Im Schloss richtete die örtliche LPG Kantine, Laden und Büros ein.

Für das Schloss ein Glücksfall, denn so blieb es bis zur Wende mit intaktem Dach stehen. 1997 verkaufte die Treuhand das Schloss für den symbolischen Kaufpreis von einer Mark an einen „Westler“, der sich zu hohen Investitionen verpflichtete, Versprechungen von der Gründung einer „Straußenfarm“ machte, aber nichts umsetzte und das Schloss leer stehen ließ.

Das (erste) Jahrhunderthochwasser der Elbe hat das Schloss 2002 schwer mitgenommen. 100.000 Euro bekam der Eigentümer als Fluthilfe. Damit reparierte er Mauern und rüstete den Treppenturm ein.

2019 sicherte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Fördergelder in Höhe von ca. 43.000 Euro zu.



Das "Lustlager bei Zeithain": Den besten Blick hatten die gekrönten Häupter von Schloss Promnitz / Bild: gemeinfrei
Das „Lustlager bei Zeithain“: Den besten Blick hatten die gekrönten Häupter von Schloss Promnitz / Bild: gemeinfrei

Vor den Augen der Bürger von Riesa droht ein Stück sächsischer Geschichte zu verfallen, das große Zeiten gesehen hat: Zwischen Mai und Juni 1730 zeigte August der Starke bei Promnitz Stärke: Er veranstaltete eine grandiose Heerschau, die als das Lustlager von Zeithain bekannt wurde.

Höhepunkt waren eine Schiffsparade auf der Elbe und ein großes Feuerwerk. August und eine Schar illustrer Gäste sahen vom Fürstensaal auf Schloss Promnitz aus zu. Darunter auch der aus Sicht seiner Eltern etwas verzogene, 18-jährige preußische Kronprinz Friedrich (der spätere „Große“, der als Herrscher auch Sachsen überfallen würde).

Schlossherr Albrecht von Wolffersdorff, der zwei Jahre zuvor den mittleren Schlossflügel mit dem Fürstensaal im Stil des Barocks hatte bauen lassen, platzte fast vor Stolz.

Wolffersdorffs Nachfahren wollten das Schloss zurückkaufen. Es war schon ein Notartermin vereinbart, doch der Besitzer überlegte es sich anders. Nachtrag: 2017 gelang der Familie der Rückkauf schließlich. Ich wünsche an dieser Stelle viel Erfolg mit dem Denkmal!

Marianne von Wolffersdorff hat 2021 übrigens ein Buch mit dem Titel „Schloss Woltersdorff. Die Geschichte von Schloss Promnitz und seiner Geschlechter bis 1945“ veröffentlicht (Link zur Buchvorstellung beim Donatus Verlag).

Das Landesamt für Denkmalpflege sagt übrigens, 500 der sächsischen Schlösser und Herrenhäuser seien stark sanierungsbedürftig, etwa 40 davon sogar akut vom Einsturz bedroht.


Weiterlesen:
Hier geht’s zum Artikel von Stefan Locke in der FAZ: „Verfallende Schlösser: Für mich ist das wie Auftragsmord“ (geschrieben 2014, also drei Jahre vor dem Rückkauf durch die Familie von Wolffersdorff)

Videos zu Schloss Promnitz findet man auf der Seite „Dein Schloss Promnitz“
Die Seite des Kultur- und Schlossverein Promnitz an der Elbe, quasi der Nachfolger des Freundeskreises Schloss Promnitz, ist aktuell (2023) nicht mehr online verfügbar.

Mehr zum Thema hier im Blog:
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