Festivalsommer 2013: Hippies auf Burg Herzberg



Veranstaltungsplakat des Burg Herzberg Festivals 2013

Hippies? Sind die nicht spätestens seit 1975 ausgestorben? Nein, jedenfalls nicht alle.

Und einmal im Jahr treffen sich die verbliebenen und neu hinzugewonnene Blumenkinder drei Tage lang zum Festival am Fuß des Bergs, auf dem Burg Herzberg steht.

Am sonnigen Wochenende (19.-21. Juli 2013) war es wieder so weit: 10.000 Flower-Power-Freunde strömten ins hessische Breitenbach am Herzberg.

Auf drei Bühnen brachten Bands und Solisten das Publikum in Stimmung. „Top Act“ (sagt man das so?) waren „Gov’t Mule“ (Warren Haynes/git, Matt Abts/drum, Danny Louis/key, Jorgen Carlsson/bass). Ich muss gestehen: die einzige Band, die ich im ganzen Line up kenne, sind die Spin Doctors.

Jedenfalls hat das Festival ein großes, positives Medienecho. Wilhelm Ditzel schreibt in der Online-Ausgabe der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen beispielsweise von einem „ausgezeichneten Live-Programm“.

Das wirft bei mir natürlich die Frage auf, was die Hippies mit einer Ruine aus dem 13. Jahrhundert zu schaffen haben, immerhin Hessens größte Höhenburg

Die Befestigung lag im Mittelalter strategisch günstig an der Handelsstraße zwischen Frankfurt und Leipzig und außerdem im zersplitterten Reich zwischen den Interessensgebieten der Landgrafschaft Hessen, der Abtei Hersfeld, der Grafschaft Ziegenhain und der Abtei Fulda.

Die Burg bestand aus der zentralen Hochburg, umgehen von der mit fünf Türmen gesicherten Mittelburg, diese wiederum gesichert durch eine Vorburg. Eine ganz schön verschachtelte Angelegenheit. Gelegentlich sollen hier sogar die Reichskleinodien untergebracht gewesen sein.




Burg Herzberg im Winter: Der Kommandantenturm / Foto: Wikipedia / 2micha / CC-BY-SA-3.0-migrated
Burg Herzberg im Winter: Der Kommandantenturm / Foto: Wikipedia / 2micha / CC-BY-SA-3.0
Die Burg war lange Zeit ein wichtiger Stützpunkt des Sternerbundes, einer ritterlichen Opposition gegen den Landgrafen von Hessen, der 1373 auf dem Schlachtfeld (Stichwort „Sternerkrieg„) zerschlagen wurde.

Adolf von Dörnberg ließ die Burg zwischen 1480 und 1497 durch den hessen-kasseler Festungsbaumeister Hans Jakob von Ettlingen dann zur Festung ausbauen und weiter vergrößern. Diese massive Bauweise zahlte sich im Dreißigjährigen Krieg aus.

Die Burg, gehalten von hessischen Truppen, überstand mehrere Angriffe und wurde nie erobert. Die Geschichte der von Dörnbergs ist eng mit dem Land Hessen verknüpft (mehr dazu auf der Burg-Homepage).

Die militärische Nutzung endete erst 1786 mit dem Abzug der hessischen Garnison, nachdem der diensthabende Major die Burg als „nicht mehr verteidigungsfähig“ gemeldet hatte.

Burg-Herzberg-Festival 2005 / Foto: Wikipedia / Daniel nice / CC-BY-SA-3.0-migrated
Burg-Herzberg-Festival 2005 / Foto: Wikipedia / Daniel nice / CC-BY-SA-3.0
Die Ruine weckte 1968 das Interesse der Konzertorganisatoren, weil sie darin „etwas besonderes“ sahen.

Ganz neu war die Idee freilich nicht, schließlich gab es schon seit 1964 das jährliche Burg Waldeck Festival – erstes Open-Air-Musikereignis dieser Art in Deutschland. Aber auf der Waldeck wurden eben nur am Rand Hippie-Klänge gespielt.

Auf Burg Herzberg entstand hingegen das erste Freiluft-Festival, das sich nur der Hippie-Kultur widmete. 1970 wurde der Fokus allerdings weiter und man nahm auch deutsche „Underground“-Gruppen oder heimische Krautrock- und Popbands auf.

5000 bis 6000 Besucher dankten es den Organisatoren.

1973 war die Hippiewelle dann erstmal abgeebbt und Schluss mit weiteren Festivals. Erst 1991 wurde das Flower-Power-Event durch Veranstalter Kalle Becker wiederbelebt.

Und zwar in den Folgejahren so erfolgreich, dass der Burghof zu klein wurde und man 1997 auf die große Wiese unterhalb der Burg auswich.

Seit 2004 wird das Festival von einer Gruppe Fuldaer Musikliebhaber und Fans organisiert.

Ein „Fest“ ist das Festival auch für die Drogenfahnder der örtlichen Polizei. 70 (!) Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden eingeleitet. Darüber hinaus bestand bei knapp 80 kontrollierten Fahrzeugen der Verdacht, dass die Fahrer bekifft waren unter Drogeneinfluss standen.

Bereits während der Anfahrt zum Festival kontrollierte die Polizei bei Alsfeld einen 53-jährigen Autofahrer aus Nordrhein-Westfalen und seinen Pkw. Durch Drogenspürhunde konnten zunächst 1,2 Kilogramm Haschisch und über 400 Gramm Marihuana sichergestellt werden.

Bei einer genaueren Inspektion konnte im Fond des Fahrzeugs nochmals Haschisch mit einem Gewicht von 2,1 Kilogramm gefunden werden. Wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde ein Strafverfahren gegen den Autofahrer eingeleitet.

Insgesamt wurden im Umfeld des Festivals 1064 Gramm sogenannte Haschkekse, 3,5 Kilogramm Haschisch und ca. 1 Kilo Marihuana sichergestellt. Das teilt die Polizei Hersfeld-Rotenburg mit.

Das nächste Burg Herzberg Festival findet vom 31. Juli bis 3. August 2014 statt. Auch die Polizei ist schon gespannt, was es diesmal so bringt…

Und hier ein paar Pressestimmen und Bilder zum Burg Herzberg Festival 2013:

Wilhelm Ditzel in der Hessisch-Niedersächischen Allgemeinen: „Hippie-Land in der Sonne
Hans Hubertus Braune in den Osthessen-News: „Steve Hackett erobert Hippes – Traumkulisse am Herzberg
Hersfelder Zeitung: „Das Burg-Herzberg-Festival begeistert Besucher und Künstler
Hersfelder Zeitung: „Fotogalerie Freitag

Links:
Die Seite des Burg Herzberg Festival
Die Seite von Burg Herzberg

Hier mal der Trailer zum Festival 2013:

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Ein Gedanke zu „Festivalsommer 2013: Hippies auf Burg Herzberg“

  1. Ein paar wilde, bunte und vielseitige Impressionen vom Burg Herzberg Festival hab ich auch hier gefunden. War wirklich wieder ein tolles Festivalwochenende – und ja, es gibt sie noch die Hippies 😀 lg, Tessa

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