Unterirdisch: Kaiser Wilhelms vergrabene Pyramiden




Keller des Berliner Schlosses
Keller des Berliner Schlosses
Bei den Ausschachtungsarbeiten für den Neubau des Berliner Stadtschlosses der Hohenzollern als Humboldt-Forum erlebten die Bauarbeiter 2013 eine dicke Überraschung. Etwa 1,5 Meter tief im märkisch-sandigen Untergrund stießen sie auf seltsam fremdartige Gebilde.

Etwas außerhalb des alten Schlossgrundrisses legten sie schwarze Pyramidensockel von elf Metern Breite und vier Metern Höhe frei – mit flacher, durch Teerpappe abgedeckter Oberfläche.

Wollten Preußens Könige etwa in den Schlosskellern den Pharaonen nacheifern? Sollte die Spree den Nil ersetzen? Und wo war dann die Sphinx (Nofretetes Büste war ja schon da)?

Etwas größenwahnsinnig war die Idee schon, die dahintersteckte. Schließlich stammte sie von Kaiser Wilhelm II., und der war ja während seiner langen Regierung immer schnell für die ganz großen, teuren Sachen zu begeistern (Schlachtschiffe, Kolonien, mehr Schlachtschiffe…).

Wilhem will mehr Wucht

Bei den Ausschachtungsarbeiten wurden Pyramidenstümpfe freigelegt.
Bei den Ausschachtungsarbeiten fürs Berliner Schloss wurden Pyramidenstümpfe (mitte-links im Bild) freigelegt.
Und Wilhelm II. sah sich auch als großen Bauherrn. Das Stadtschloss wollte er tüchtig erweitern.

Speziell der Festsaal im zweiten Stock des Südwestflügels des alten Barockschlosses, der sogenannte Weiße Saal, war ihm nicht repräsentativ genug.

Doch diesen konnte man ja nicht einfach freischwebend durch die Luft erweitern. Also sollte der gesamte Schlossflügel um acht Meter in den Schlosshof wachsen, entschied der Monarch kurz nach der Thronbesteigung.

Wilhelm wollte Wucht – auch architektonisch.

Der „neue“ Eosanderflügel sollte ein triumphbogenartiges Tor mit kolossalen Säulen bekommen. Dafür waren angesichts des weichen Bodens mächtige Fundamente aus Beton, mit Stahlwänden gegen das Grundwasser gesichert, und Reihen von Ziegeln nötig: Die Pyramidenstümpfe, die man vor Beginn der Bauarbeiten monatelang auf dem Schlossplatz freigelegt gesehen hat.


Kaiser lässt Projekt stoppen

Der Schlosskeller liegt frei.
Nachdem die Erweiterung sechs Millionen Goldmark verschlungen hatte, wurde dem jungen Kaiser die Sache unheimlich. Er ließ die Arbeiten einstellen und die Fundamente zuschütten.

Was blieb, war eine unterirdische Erinnerung an die kaiserliche Steuergeldverschwendung.

Ein biblisches Alter erreichten die Fundamente trotzdem nicht: Dem Schlossneubau sind nun auch die preußischen Pyramiden zum Opfer gefallen. Hier entsteht ein Keller des Humboldt-Forums.

Was sich der Kaiser wohl nie hätte träumen lassen: Mit den meterlangen, spitzen Eichenholzpfählen, auf denen die Schlossfundamente ruhten, hat eine Entsorgungsfirma richtig Geld gemacht.

Bei einer Versteigerung gingen die historischen Hölzer (geschlagen zwischen 1603 und 1707) weg wie geschnitten Brot. Einen Teil des eingenommenen Geldes will die Firma übrigens für den Schlossbau spenden.

Fotos: Burgerbe.de



Ein Gedanke zu „Unterirdisch: Kaiser Wilhelms vergrabene Pyramiden“

  1. Mir tut es um jeden Millimeter und jeden Stein aus der alten Bebauung in der Seele weh, die diesem Quatsch geopfert werden. Nachfolgende Historikergenerationen werden sich daran zu erinnern wissen.
    Niemand hat NEIN gesagt, niemand ist eingeschritten, denn alle Zuständigen wollen sich nur die Taschen vollstopfen. Die Historie ist ihnen, gelinde gesagt, sch…nurzegal.

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