Zeitzeichen über Schloss Herrenchiemsee und Ludwig II.



Schloss Herrenchiemsee / Foto: Wikipedia/Guido Radig
Schloss Herrenchiemsee / Foto: Wikipedia / Guido Radig / CC BY 3.0 DE

Ludwig II., selbsternannter Märchenkönig von Bayern und erklärter Gegner der „verdammten Preußen“, bezahlte seine Architekten gut – und trieb sie in den Wahnsinn. Mitten im Bauprozess änderte der Bayernherrscher gerne die Pläne seiner Prunkbauten, forderte statisch bedenkliche Umbauten („die Säule muss weg)“ und mäkelte unablässig an Entwürfen herum.

Nie war Ludwig zufrieden, nichts war ihm teuer genug (kein Wunder, dass es ein schlimmes Ende mit ihm nahm). Wobei wir bei den bayerischen Schlössern wären.

Ich bin ja ein großer Fan der morgendlichen WDR-Hörfunkreihe „Zeitzeichen“. Die berichtet hintergründig über historische Jubiläen. Heute wird der 135. Jahrestag der Grundsteinlegung von Märchenschloss Herrenchiemsee gewürdigt. Öffentlich-rechtliches Radio at it’s best.

Nach ein paar Minuten kann sich der Radiohörer in den einsamen Möchtegern-Feudalpotentaten Ludwig hineinversetzen, der sein großes Vorbild Ludwig XIV., Sonnenkönig von Frankreich und „L’etat c’est Moi“-Erfinder, zu kopieren und zu übertrumpfen suchte.

Versailles wollte er auf einer Insel im heimischen Chiemsee nachbauen. Besser als das Original. Ein Denkmal für das Gottesgnadentum, für sich und Frankreichs Ludwig Numero 14.



König Ludwig II. gab reichtlich Steuergeld aus. Jetzt rentiert sich das / Bild: Wikipedia/Public Domain
Wollte sein wie der Sonnenkönig:  Ludwig II. von Bayern / Bild: Wikipedia/Public Domain

Und das versuchte er mit Schloss Herrenchiemsee. Dabei ging es ihm nicht darum, genauso zu bauen, wie der royale Verschwender aus Paris, der ein paar Jahrzehnte später sicher unter der Guillotine geendet wäre – sondern so zu bauen, wie der Bourbone, wenn er denn die Möglichkeiten des 19. Jahrhunderts gehabt hätte.

Ein Unterschied zum französischen Vorbild ist jedoch ist frappierend. In Versailles war das Gewimmel der hochadeligen Höflinge gewollt, Aufstehen und Zubettgehen der Majestät ein Ereignis mit Massenandrang. Auf diese Weise waren die in Versailles unabkömmlichen französischen Fürsten mit Ränkespielen und Zeremonien beschäftigt und konnten die Zentralgewalt des Königs nicht in Frage stellen und Bürgerkriege schüren.

Doch Ludwig II. scheute Menschen generell – und spazierte am liebsten allein durch seine sündhaft teuren Schlösser. Schloss Herrenchiemsee mit seinem Prunkschlafzimmer beehrte er regelmäßig für ein paar Tage im Herbst.

Dass es letztlich die verhassten Preußen waren, die am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Kaiserreich ausriefen und Bayern zu einem Staat unter vielen der Hohenzollern-Monarchie machten, muss Ludwig ordentlich gewurmt haben.

Und dann war er es ja auch noch selber, der dem ungeliebten Preußen-König Wilhelm im Namen der deutschen Fürsten schriftlich die Kaiserkrone antragen musste. Das hatte Bismarck fein einfädelt (bezahlt mit dem Welfenfond, dessen Mittel Ludwig nochmal kurzfristig aus der Patsche halfen)



Hier geht es zu den Sendeterminen der Wiederholungen auf der WDR-Homepage und weiteren Infos zum Zeitzeichen-Beitrag: „Das Versailles des Märchenkönigs

Der WDR-Podcast ist leider nicht mehr als Download verfügbar.