Eine Holzburg wie im Mittelalter: Zu Besuch bei der Herner Motte



Die Herner Motte / Foto: Burgerbe.de
Als Höhepunkt der Ausstellung „Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“ hatte das LWL-Museum für Archäologie in Herne Geschichte begehbar gemacht. Auf einer Wiese neben dem Museum erhob sich seit Ende März 2010 „die erste Motte des 21. Jahrhunderts“ (Eigenwerbung im Museums-Film*). Immerhin das mit Abstand ansehnlichste Gebäude im von 70er/80er-Jahre-Tristesse geprägten Kern der Revierstadt.

Wenn man die ersten vier Bereiche der ansehnlichen Ausstellung über den Mord am Kölner Erzbischof Engelbert durchlaufen hat (Minuspunkt: Dort herrscht leider fast überall Fotografierverbot), wartet die Besteigung der 25 Meter hohen Turmhügelburg.

Ein solches Gebäude hat in der westfälischen Stadt freilich nie gestanden. Die Planer um Projektleiter Dr. Stefan Leenen haben versucht, den Idealtyp einer solchen Burganlage des frühen 13. Jahrhunderts (der Zeit des Engelbert-Mordes) zu rekonstruieren.

Herner Motte
Herner Motte: Das Wehrgeschoss
Vorbild für den Burghügel sind Reste einer bei Wegberg liegenden Motte. Die Holzwände gehen auf das ehemalige Holzgerüst der Burg Nollig (bei Lorch) zurück.

Das Wehrgeschoss ist durch das Obergeschoss des Templerhauses in Amorbach inspiriert, des ältesten Fachwerkhauses in Bayern (von 1291). Von dort aus wären Belagerer, die den äußeren Holzwall überwunden hätten, mit einem Hagel aus Pfeilen, Steinen, etc. empfangen worden.

Die Bauform in Herne wurde so gewählt, dass sich eine derartige Motte mit mittelalterlichen Methoden auch hätte errichten lassen. Man setzte dann allerdings beim Bau doch besser auf die Technik des 21. Jahrhunderts. Sonst wäre die Motte wohl immer noch nicht fertig. Der lange Winter erwies sich als hinderlich genug.

Im sechs Meter hohen Burghügel steckt nun ein Betonfundament. Für die Holzkonstruktion sorgte der Herner Zimmermann Bernd Krupka mit seinen Mitarbeitern (Krupka: „Sowas baut man nur einmal im Leben“). Die bis zu elf Meter hohen Teile wurde vorgefertigt und dann vor Ort zusammengesetzt.


Spärlich möblierter Innenraum
Der Besucher kann drei Stockwerke erklimmen und hat von oben eine Aussicht über die benachbarten Parkplätze und Gebäude der lokalen Sparkasse. Nähere Informationen zum Bau finden sich dort rätselhafterweise leider nicht.

Auch an – spärliche – Möblierung (Truhen, Tische) und ein mittelalterliches Plumpsklo ist im zugigen Turm gedacht. Schließlich soll die Turmhügelburg auch mit der Mär des luxuriösen Ritterlebens aufräumen.

Der Besuch ist ein durchaus eindrucksvolles Erlebnis, gerade auch in Verbindung mit der Ausstellung, das man sich nicht entgehen lassen sollte, bevor die Motte Ende des Jahres voraussichtlich wieder abgebaut wird. Diverse Städte haben schon ihr Interesse an einer weiteren Nutzung des hölzernen Wohnturms angemeldet.

Was das Ganze den Steuerzahler denn nun gekostet hat, verrät das Museum offenbar nicht. Ich habe nur den Hinweis gefunden, dass“fast ausschließlich Drittmittel“ geflossen seien. Heimlichtuerei am falschen Platz, wie ich finde.

Literaturtipp: Zur Ausstellung ist ein sehr lesenswertes und informatives Buch erschienen: „Burgen auf Ruhr. Unterwegs zu 100 Burgen, Schlössern und Herrensitzen“, Klartext-Verlag, 19,95 Euro. Auf Seite 392 steht auch etwas zur Herner Motte.



Und hier noch ein Video des LWL-Museums zum Bau der Motte:

Lage: Europaplatz, 44623 Herne

Fotos: Meine

*) Nur mal so zur Info: Die mutmaßlich „erste Motte des 21. Jahrhunderts“ steht nicht in Herne, sondern in Lütjenburg in Schleswig-Holstein.


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3 Gedanken zu „Eine Holzburg wie im Mittelalter: Zu Besuch bei der Herner Motte“

  1. Nur zur Info: Die Motte – so wie fast die ganze Ausstellung – ist durch Gelder vom Land und der EU im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr2010 finanziert worden. Da hat Herne noch am wenigsten mit zu tun – vor allem, da das Museum eh über den Landschaftsverband finanziert wird.

    Bis denn

    Thorsten

  2. Ich fand den „Mitmachraum“ der Ausstellung sehr schön. Meine Frau hat sich eine Kettenrüstung angezogen (inkl. Gambeson und Hose).
    Mir hat das leider nicht gepasst. 🙂

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