Per Paddelboot zur Ruine von Burg Wachtendonk


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Die Überreste von Burg Wachtendonk an der Niers (Foto: meins)
Die Erreichbarkeit von Burganlagen ist höchst unterschiedlich. Einige klammern sich an sturmumtoste Bergspitzen und sind nur nach beschwerlichem Aufstieg zu erklimmen, andere liegen bequem in Innenstädten und haben sogar Straßenbahnanschluss. Wer die traurigen Überreste von Burg Wachtendonk sehen will, kommt besonders gut per Paddelboot hin. Direkt davor lockt nämlich eine eigene Anlegestelle.


Das Flüsschen Niers ist in diesem Teil des Niederrheins hervorragend für Paddeltouren geeignet, Bootsverleihe bieten für kleines Geld Kajaks und Schlauchboote an. Mein aufblasbares Kajak passt glücklicherweise in den Kofferraum und musste bei der Tour natürlich mit…

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Unverzichtbares Hilfsmittel bei der Burg-Bootstour: das Paddel

Die einstige Wasserburg war ein Bauwerk des Erzbistums Köln, das die Niederung zwischen Niers und Nette im 12. Jahrhundert in Besitz genommen hatte und sie nun absichern wollte. Sie war umgeben von der Niers und Grachten. Aus dem Namen dieser Vogtendonk genannten Burg ergab sich der spätere Name der Stadt.

In der Burg wurde eifrig gekocht, gebacken und getrunken. Für 1379 sind Brauhaus, Bierkeller, Backhaus und Küche nachgewiesen. Der Burgherr wollte es sich schließlich gutgehen lassen.

Ende des 14. Jahrhunderts stand bereits der Bergfried. Die Burg gehörte dann abwechselnd den Herren von Geldern und Kleve.


Dem Herzog von Geldern gelang es nicht, sich aus dem Konflikt zwischen Generalstaaten und Habsburgern herauszuhalten, der im 16. Jahrhundert ausbrach und als Achtzigjähriger Krieg in die Geschichte einging. Der Niederrhein wurde zum Durchmarschgebiet diverser Heere, Wachtendonk einer der am stärksten umkämpften Punkte der Region. 1578 nahmen die Niederländer Stadt und Burg ein und befestigen sie gegen den zu erwartenden Ansturm der Spanier.

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Wachtendonk mit seiner Burg (links unten) während des Niederländischen Aufstands (Bild: Wikipedia/Atlas van Loon)

Wachtendonk diente nun als die südlichste Festung der aufständischen Niederlande – wobei die Festung als kleine Insel der größeren, von der Stadt gebildeten Insel vorgelagert und mit mit dieser über eine Brücke verbunden war. Die Spanier konnte die Befestigung nicht aufhalten, sie nahmen Wachtendonk nach einer schweren Belagerung 1588. Im Jahr 1600 waren aber wieder die Generalstaaten am Drücker.

In den Zeiten immer stärkerer und immer zahlreicher auftretender Kanonen waren Burgtürme zwar schön anzuschauen, aber nicht mehr zeitgemäß. Ein angreifendes Söldnerheer konnte sie in wenigen Stunden pulverisieren. 1605 wurde die Burg daher niedergelegt, und die restlichen – niedrigeren, massiveren Werke des Festungsgürtels entstanden.

wachtendonk6Es nützte nichts, die Spanier nahmen die Stadt doch erneut ein und schleiften die Werke 1608. Von der Burg blieben letztlich nur Grundmauern übrig. Wachtendonk hatte seine militärische Bedeutung verlören und konnte danach neutral bleiben.

1713 fiel das Gebiet an Preußen, unter Napoleon an Frankreich, danach wieder an Preußen. Der Krieg hat das kleine Wachtendonk als eine von ganz wenigen Örten am Niederrhein verschont.

Das hat zur Folge, dass sehr viele Baudenkmäler erhalten wurden (und glücklicherweise auch die ersten, betonbauwütigen Jahre der Bundesrepublik überstanden). Jedes zweite Haus im 7700-Einwohner Ort ist ein Denkmal!

Das Interesse der Wachtendonker an ihrer Burg erwacht spät. Erst zwischen 1967 und 1978 kam es zu Ausgrabungen des Rheinischen Amts für Denkmalpflege, die die Grundmauern der Burg freilegten.

Die Reste der Burg befinden sich heute in einem Park an der Niers. Ein Modell von Burg und Stadt kann man sich im Rathaus anschauen.

Wiederaufbau?
Nachtrag: Kurz vor der Kommunalwahl 2009 hat der Bürgermeister eine Initiative zum Neubau der Burg gestartet. Als Vorbild wird (natürlich) Guèdelon in Frankreich genannt, wo mit mittelalterlichen Werkzeugen eine Ritterburg innerhalb von 30 Jahren neu entsteht und jährlich tausende Touristen anzieht. Von so etwas träumt auch der Bürgermeister in der niederrheinischen Provinz.

Es ist zu hoffen, dass ihm der örtliche Denkmalschützer den Kopf gerade rückt und darauf hinweist, dass es keinerlei Sinn macht, bröckelnde historische Ruinen in der Art von Kaiser Wilhelm II. mit historisierenden Türmchen und Zinnen zu überbauen (auf Kosten des Steuerzahlers, natürlich), damit sich ein paar Stadtobere als Burgen-Bauherren aufführen können.

Lage: Burg Wachtendonk, Burgweg, 47669 Wachtendonk



Links: Wachtendonker Chronik, Wikipedia-Eintrag zu Wachtendonk.

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Bilder der Burg Wachtendonk: Meine, sofern nichts anderes dabeisteht.