Die „Spanische Folterkammer“ im London Tower



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Die Scavenger’s Daughter (Tochter des Straßenfegers) in der Spanish Armory. Ein Foltergerät zum Fixieren von Hals, Händen und Füßen, was Krämpfe zur Folge hat.
„Mit diesen Hellebarden sollten wir Engländer aufgespiesst werden. Mit diesen Werkzeugen wollten die Spanier Häretiker foltern“. Solche Erklärungen bekamen junge Briten zu hören, die vor 300 Jahren einen Sonntagsausflug in den Tower machten (ja, das gab’s damals schon).

Sie lernten dort den Hass auf die katholischen Spanier, mit deren Herrscher ihre protestantische Regierung gerade mal wieder im Clinch lag.

Seit etwa 1676 wurde Englands wichtigste Festung nicht nur als Bollwerk, sondern auch zur psychologischen Kriegsführung genutzt.

Der Tower beherbergte ein frühes Museum, das auch die „Spanish Armory“ enthielt: Eine Sammlung angeblich bei der Vernichtung der Armada 1588 erbeuteter spanischer Waffen und Folterwerkzeuge, die nun der staunend-gaffenden Öffentlichkeit präsentiert wurden. Die Schau muss ein Riesenerfolg gewesen sein.

london_tower93Die Reihen von Piken, Streitkolben und Hellebarden, dornenbestückten Halseisen und Schandgeigen haben sich bis heute erhalten – inklusive einiger der zeitgenössischen Beschreibungen.

Da kaum jemand lesen konnte, hatten die Propagandisten das ganze auch mit Bildern der gepeinigten Engländer garniert. Heute wird ein Teil der Bestände der „Spanish Armory“ („Spanische Rüstkammer“) im zentralen Weißen Tower gezeigt.


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Das Instrument im Einsatz

Auf Authentizität legten die Aussteller keinen besonderen Wert. Hauptsache grausam und irgendwie spanisch. Ein sehr gutes Beispiel ist die Skeffington, 1465 geboren, und zeitweise Verwaltungschef („Lord Deputy“) von Irland und Sheriff von Leistershire. Er hat das Instrument höchstwahrscheinlich selbst erfunden.

Die gängige Bezeichnung war jahrzehntelang „Skeffington’s irons“, vermutlich ist die ähnlich klingende Bezeichnung „Scavenger’s Daughter“ daraus entstanden. Besonders gern wurde es von den Engländern gegen Briten der jeweils anderen Konfession eingesetzt.

Aber solche Grausamkeiten traute man natürlich erst Recht den Spaniern zu, nannte das Folterutensil „Spanische Krawatte“ – und nahm es in die Sammlung der Tower-Folterkammer auf.

Es wurde allerdings eher selten genutzt, da die Verhörenden erstmal etwas Geduld aufbringen mussten, bevor durch Eintreten der Krämpfe mit Ergebnissen zu rechnen war. Instrumente wie Daumenschrauben versprachen da schnelleren Zugang zu den gewünschten Informationen.

london_tower8Eröffnet wurde die Spanish Armory in den letzten Jahren der Regierungszeit von Charles II. um 1676, als ein scharf anti-katholischer Wind wehte und Gerüchte über eine geplanten „Papisten-Verschwörung“ zur Ermordung des Königs die Runde machten. Eine Unterhaus-Mehrheit beschloss 1678, dass Katholiken in keinem der beiden Häuser mehr Sitze einnehmen durften.

Da kam die Ausstellung, die den Sieg über die Armada mit allerlei handfesten Exponaten feierte und Grausamkeiten der katholischen Spanier gegen die „englischen Häretiker“ schilderte, gerade recht.

Von 1688 bis 1837 war die Sammlung, die immer wieder ergänzt wurde, in einem Lagerhaus nahe des Weißen Tower (also des zentralen Towergebäudes aus normannischer Zeit) untergebracht.

london_tower911Besonders in Zeiten drohender Invasionen wurde sie gern vorgezeigt. Im 19. Jahrhundert war allerdings klar, dass kaum irgendwelche Teile tatsächlich Relikte aus der Zeit der Armada darstellten.

Man ging pragmatisch mit dem Problem um und benannte die Ausstellung einfach in „Queen Elizabeth’s Armory“ um und verlegte sie in einen Raum des Weißen Towers. Dort ist sie heute noch.




In Deutschland würde in so einer Ausstellung wahrscheinlich striktes Fotografierverbot herrschen. Vermutlich mit der Begründung, dass die alten Waffen sonst zerfallen und die Bewacher ihre Jobs verlieren.

Im Tower darf man dagegen, abgesehen vom Tresor mit den Kronjuwelen, überall fotografieren, was ich natürlich ganz prima finde.

Kosten: Die Tower-Besichtigung kostet ca. 18 Pfund

Fotos: Burgerbe.de



2 Gedanken zu „Die „Spanische Folterkammer“ im London Tower“

  1. Das schöne an der Beschäftigung mit der Vergangenheit ist doch immer, das abgesehen von der Umweltzerstörung früher alles schlechter war. 😉

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