Die Marksburg am Korallenriff: Tropischer Nachbau in Japan




Die Marksburg in Japan… / Foto oben: Die echte Marksburg
Was macht ein Land, das jährlich tausende Touristen auf teure Burgen-Touren nach Europa entlässt, aber selbst keine „europäischen“ Märchenschlösser hat?

Tja…

Wahrscheinlich wurden die Millionen Burgen-Fotos, die japanische Touristen jährlich ins Mutterland mitbringen, einigen von Nippons Unternehmen einfach zu viel.

Und die findigen Trendsetter entschlossen sich, so eine Burg nach Japan zu holen.

Ihr Blick fiel auf die Marksburg am Mittelrhein, bekanntlich seit Kaisers Zeiten Sitz (und im Besitz) der Deutschen Burgenvereinigung.

Marksburg einfach abbauen?

1988 entstand also bei den Japanern der Plan, dieses Schmuckstück des Weltkulturerbes Stein für Stein abzubauen und nach Fernost zu verschiffen.

Dicke Bündel Yen-Noten und ein freundlichen Lächeln winkten der Burgenvereinigung.

Man lehnte deutscherseits höflich-dankend ab. Vermutlich wurden viele Verbeugungen ausgetauscht, und die Japaner begnügten sich mit genauen Plänen der Anlage.

Und bauten diese bis 1996 originalgetreu nach.

Die Marksburg 2.0 steht heute im 1995 gegründeten Vergnügungspark Ueno German Culture Village. Der liegt auf der abgelegenen Insel Miyako-jima, 300 Kilometer südlich der japanischen Insel Okinawa, wegen Klima und Tourismus auch das Hawaii Asiens genannt.

Deutsches „Kulturdorf“ mit Burg

Der Marksburg-Nachbau in Japan
So kam die Verbindung zu Deutschland zu Stande – und so bot sich Miyako-jima als Standort für ein deutsches Kulturdorf in tropischen Breiten in der Nähe des Äquators an.

Auf den Riffen vor der Insel war 1873 der friesische Schoner J. R. Robertson während eines Taifuns aufgelaufen. Dorfbewohner fuhren hinaus und retteten alle acht Seeleute. Für das Japan der damaligen Zeit ziemlich ungewöhnlich.

Die Japaner setzten dem Geschehen sogar ein Denkmal(!) – und da Kaiser Wilhelm I. davon schwer beeindruckt war, revanchierte er sich mit einem 120 Zentner schweren Gedenkstein.

Und nun entstanden dort deutsche Herrenhäuser, Fachwerkbauten, ein echtes Stück Berliner Mauer fand seinen Platz – und eben der Marksburg-Nachbau. Im Jahr 2000 kam sogar Kanzler Gerhard Schröder mal zu Besuch.

Die zweite Marksburg auf einer Felskuppe unter subtropisch blauem Himmel ist übrigens 1:1 nachgebaut. Nur der Burgzwinger samt Batterien, Vogtsturm und das Zugbrückentor fehlen.

Sogar das Interieur einiger Räume ist dem Original nachempfunden.

Die Anlage beherbergt das Hakuai Memorial Museum, das Überreste des aufgelaufenen Schoners und Gebrauchsgegenstände aus dem Rheinland zeigt.

Bei der Deutschen Burgenvereinigung kennt man natürlich die Geschichte der japanischen Marksburg (das Bild ist nur für eingeloggte Facebook-Nutzer sichtbar):

Nur der Blick von den Mauern dieses „kleinen Stücks Deutschland“ ist ein deutlich anderer als beim Vorbild. Statt auf die linke Rheinseite schaut man auf ausgedehnte Korallenriffe.

Das azurblaue Wasser ist nur einen Steinwurf weit entfernt. Eine phänomenale Aussicht also, die der echten Marksburg dank des Klimawandels vielleicht auch eines Tages blüht…

Rhein-Burg in japanischem Besitz

BAn einen Japaner verkauft; Burg Katz bei St. Goarshausen / Foto: Wikipedia / Johannes Robalotoff / CC-BY-SA 3.0
In jedem Fall ist das tropische Bauwerk eine tolle Werbung für deutsche Burgen im Allgemeinen und die Marksburg im Besonderen.

Wer die Kopie besucht hat, will ja vielleicht auch mal das Original sehen.

Ein Jahr nach dem gescheiterten Marksburg-Abtransport erwarb übrigens der japanischen Millionär Satoshi Kosugi Burg Katz bei St. Goarshausen am Mittelrhein für 4,3 Millionen D-Mark.

Sie blieb seitdem in seinem Privatbesitz, ist für Besucher geschlossen und rührte sich bislang nicht von der Stelle.



Weiterlesen:
Ein sehr interessanter Artikel zur Marksburg II stand im Journal der Japan-Airlines-Seite und war lange auf der Marksburg-Homepage in Kopie zu finden (inzwischen ist er dort nicht mehr online).

Die Website des „deutschen Kulturdorfs“ wird leider nur auf japanisch angeboten.

Die fernöstliche Delegation vorher soll übrigens auch versucht haben, im Zentrum der Stadt Stade historische Straßenzüge zum Abtransport aufzukaufen. Allerdings ohne Erfolg.

Die diplomatische Reaktion der örtlichen Presse: „Freundschaft mit Japan – aber die Altstadt bleibt hier“ 😉

Fotos: Aus dem Prospekt des Kulturdorfs. Das Marksburg-Bild oben stammt von mir.



4 Gedanken zu „Die Marksburg am Korallenriff: Tropischer Nachbau in Japan“

  1. ich als braubacher (denn standort des originals) find das schon komisch, noch als anmerkung die japaner wollten die marksburg kaufen und stein für stein nummerieren und verschiffen ^^

  2. @Anonymus – ja, mal sehen, wie lange noch. Die Türkei fordert den Altar ja immer mal wieder zurück, und Ägypten die Nofretete…

  3. Naja, wir sind auf die gleichen Ideen gekommen, immerhin stehen im Pergamonmuseum in Berlin auch originale Monumente…

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